Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Bewilligung von PKH für eine GmbH
Leitsatz (NV)
Die erst im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von PKH durch den Beschluss über die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens nachgewiesene Mittellosigkeit einer GmbH ist nicht geeignet, die rückwirkende Bewilligung von PKH auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu rechtfertigen.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 117 Abs. 2, 4
Tatbestand
1. Der Liquidator der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin), eine GmbH, hat eine Klage, in der er sich als Kläger bezeichnet hat, gegen die gegen die C-GmbH gerichteten Umsatzsteuerfestsetzungen für 1993 und 1994 erhoben (Verfahren …) und Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt (Verfahren FG 5 S 3/99 S). Später hat er erläutert, dass er insoweit für die Beschwerdeführerin tätig geworden sei.
Dem Antrag hat er eine nur teilweise ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und einen Bescheid über Sozialhilfe beigefügt. Zur Begründung der sinngemäß auf Herabsetzung der Steuerfestsetzungen gerichteten Klage führte er u.a. aus, dass berichtigte Steuererklärungen für die Beschwerdeführerin nach Beanstandungen des Beklagten (Finanzamt ―FA―) abgegeben worden und dass dabei die Steuervorschriften beachtet worden seien. Der Liquidator hatte darin sog. erlösmindernde Posten gebildet, die auch als Bestandsveränderungen für unfertige Leistungen bezeichnet werden. Er hatte pauschal die Bemessungsgrundlagen für die erklärten steuerpflichtigen Umsätze und entsprechend Vorsteuerbeträge gemindert.
Das FA hielt u.a. die Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze durch die Beschwerdeführerin für nicht nachvollziehbar.
Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf PKH ab, weil die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozeßordnung ―ZPO―). Sie sei unzulässig, wenn der Liquidator die Klage gegen die an die C-GmbH gerichteten Bescheide erhoben habe, weil er durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert sei. Außerdem sei der Antrag auf PKH auch deshalb unbegründet, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse für die Beschwerdeführerin nicht durch eine Erklärung nach § 117 ZPO dargelegt worden seien.
Gegen den Beschluss des FG hat der Liquidator für die GmbH (als Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt und das Antragsbegehren aufrechterhalten. Zur Begründung wird geltend gemacht, auch die Klage sei von der Beschwerdeführerin erhoben worden und der Liquidator habe sie dabei nur vertreten. Aus den im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse abgelehnt worden ist. Als Gesellschafter der Beschwerdeführerin werden die Söhne des Liquidators bezeichnet.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH (§ 128 Abs. 1 FGO) für die Klage gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen für 1993 und 1994 ist unbegründet. Das FG hat den Antrag auf PKH im Ergebnis zutreffend abgelehnt.
Verfügt ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines Bevollmächtigten bei oder vor Einlegung eines Rechtsbehelfs in einem finanzgerichtlichen Verfahren, so kann ihm nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. den sinngemäß geltenden Vorschriften der ZPO (§ 114 ff.) auf Antrag PKH ―auch in Form der Beiordnung eines Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten (§ 142 Abs. 1, 2 FGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO)― bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Abs. 1 ZPO).
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nach der für das PKH-Verfahren gebotenen summarischen Beurteilung (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 12. Mai 1992 VII S 2/92, BFH/NV 1993, 262) derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
Falls die Beschwerdeführerin nach Auslegung der Verfahrenserklärungen als Antragstellerin angesehen werden sollte, ist ihr derzeit keine PKH zu gewähren, weil die dafür vorausgesetzten Verhältnisse nicht dargelegt und nicht belegt sind.
Handelt es sich bei dem Betroffenen in dem Verfahren, für das PKH beantragt wird, um eine inländische juristische Person, so erhält diese nur dann PKH, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Beschwerdeführerin gehört als GmbH zu den in § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO bezeichneten inländischen juristischen Personen. Sie erfüllt die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 142 Abs. 1 FGO) indes nicht.
Aufgrund sinngemäßer Anwendbarkeit des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO hätte die Beschwerdeführerin (als GmbH) nicht nur Erklärungen aller wirtschaftlich am Ausgang des Rechtsstreits Beteiligten über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einem amtlichen Vordruck sowie entsprechende Belege vorlegen müssen (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2, Abs. 4 ZPO). Sie hätte ferner darlegen müssen, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Mai 1982 I B 98-99/81, BFHE 136, 62, BStBl II 1982, 600; vom 13. Mai 1997 VII S 8/97, BFH/NV 1997, 896, und vom 25. April 1997 V S 6/97, BFH/NV 1998, 77). Dies ist nicht geschehen.
Die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin brauchte zwar nicht auf dem Vordruck nachgewiesen zu werden, der für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geschaffen worden ist (§ 117 Abs. 2 bis 4 ZPO). Die erst im Beschwerdeverfahren durch den Beschluss über die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens nachgewiesene Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin ist aber nicht geeignet, die rückwirkende Bewilligung von PKH auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu rechtfertigen (BFH-Beschluss vom 28. Juli 1999 VII B 113/99, BFH/NV 2000, 436). Außerdem sind keine geeigneten Erklärungen über die Verhältnisse der am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten vorhanden. Entsprechende Erklärungen der Gesellschafter der Beschwerdeführerin fehlen. Die Erklärung des Liquidators auf dem eingereichten Vordruck ist unvollständig. Der Bescheid über Sozialhilfe kann die nach dem Vordruck erwarteten umfangreicheren Auskünfte nicht ersetzen, sondern nur bekräftigen. Insbesondere ist nicht dargelegt worden, weshalb die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Interessen Dritter (z.B. von Arbeitnehmern) berührt sein könnten.
Fundstellen
Haufe-Index 594980 |
BFH/NV 2001, 1132 |