Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Überraschungsentscheidung
Leitsatz (NV)
Eine Überraschungsentscheidung liegt nur vor, wenn das Gericht sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarerer Rechtsauffassungen nicht rechnen musste. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und die richterliche Hinweispflicht verlangen jedoch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen Rechtfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 01.07.2004; Aktenzeichen 4 K 2776/00) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht zu Unrecht als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend, das Finanzgericht (FG) habe eine Überraschungsentscheidung erlassen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Eine solche Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste. Der Anspruch auf rechtliches Gehör und die richterliche Hinweispflicht verlangen jedoch nicht, dass das Gericht die maßgeblichen Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. April 2002 X B 56/01, BFH/NV 2002, 947). Die vom Kläger (Bl. 2 f. der Beschwerdebegründung) bemängelte fehlende Erörterung der Darlehensunterlagen und der falsch interpretierten Abkürzungen in der Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners legen keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das FG im zuvor genannten Sinn dar.
Das FG hat seine ablehnende Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt (Bl. 9 f. FG-Urteil), dass hinsichtlich der zu beurteilenden Darlehen (weder vom Kläger noch aus sonstigen Unterlagen) ein nachvollziehbarer Nachweis über die Mittelverwendung beigebracht worden sei. Gegen diese Würdigung des festgestellten Sachverhaltes durch das FG wendet sich der Kläger nach dem sachlichen Gehalt des Vorbringens in seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Mit solchen der Revision vorbehaltenen Angriffen kann er im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (z.B. BFH-Beschluss vom 10. September 2003 IX B 43/03, BFH/NV 2003, 1582).
Fundstellen
Haufe-Index 1368694 |
BFH/NV 2005, 1341 |