Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld bei angeblich falscher Sorgerechtsentscheidung
Leitsatz (NV)
Das Kindergeld steht dem Berechtigten zu, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Aus welchen Gründen dies geschehen ist, ob die das Kind betreffenden Sorgerechtsentscheidungen rechtmäßig sind und ob dem anderen Elternteil Aufwendungen für das Kind entstehen, ist unerheblich.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
I. Die Beklagte (Familienkasse) gewährte der Klägerin und Antragstellerin (Klägerin) für ihre im April 2006 geborene Tochter Kindergeld. Da die Tochter jedenfalls seit dem 3. Januar 2007 nicht mehr im Haushalt der Klägerin, sondern ihres Vaters lebte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab Februar 2007 auf und forderte das für Februar bis April gezahlte Kindergeld zurück.
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte aus, das Kindergeld stehe von mehreren Kindergeldberechtigten demjenigen zu, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe; auf das Sorgerecht komme es nicht an. Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung seien rechtmäßig.
Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2007 trug die nicht vertretene Klägerin vor, der Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) dürfe nicht abgelehnt werden. Die Familienkasse habe die Kosten des Verfahrens vollständig zu tragen und die Revision müsse zugelassen werden. Sie habe das Kindergeld ausschließlich für ihre Tochter verwendet und sei vom Kindesvater und der Familiengerichtsbarkeit unrechtmäßig behandelt worden.
Entscheidungsgründe
II. 1. Der Senat legt das Rechtsschutzbegehren der Klägerin zu ihren Gunsten nur als Antrag auf PKH für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde aus. Denn eine von ihr persönlich erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wäre wegen des für Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) geltenden Vertretungszwangs (§ 62a der Finanzgerichtsordnung --FGO--) unzulässig. Für den beim BFH als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf PKH besteht hingegen kein Vertretungszwang (§ 155 FGO i.V.m. § 78 Abs. 5, § 117 Abs. 1 der Zivilprozessordnung --ZPO--; Senatsbeschluss vom 22. Februar 2005 III S 17/04 (PKH), BFH/NV 2005, 1124).
2. Die Gewährung von PKH setzt nach § 142 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO voraus, dass der Antragsteller die Kosten der Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Handelt es sich bei der beabsichtigten Rechtsverfolgung um die Zulassung der Revision, muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 FGO gegeben sein (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 30. März 2006 III S 6/06 (PKH), BFH/NV 2006, 1486).
Weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus den Akten ergeben sich aber Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder die Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen könnte (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
a) Die materiell-rechtliche Entscheidung des FG lässt keine Zulassungsgründe erkennen. Sie stellt sich im Übrigen auch als unzweifelhaft zutreffend dar. Das Kindergeld steht von mehreren Berechtigten allein demjenigen zu, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes). Aus welchen Gründen das Kind im Haushalt des einen oder des anderen Kindergeldberechtigten lebt, ob die das Kind betreffenden Sorgerechtsentscheidungen rechtmäßig sind und ob dem Elternteil, der das Kind nicht (mehr) aufgenommen hat, Aufwendungen für das Kind entstehen, ist insoweit unerheblich.
b) Verfahrensmängel, mit denen eine Nichtzulassungsbeschwerde hinreichend erfolgversprechend begründet werden könnte, liegen nicht vor. Das FG hat insbesondere weder gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen noch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehörs verletzt.
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 142 FGO, § 1 Nr. 3 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).
Fundstellen
Haufe-Index 1887986 |
BFH/NV 2008, 369 |