Entscheidungsstichwort (Thema)
Im Rahmen einer Grundstücksübertragung vereinbarte dauernde Last nach unentgeltlicher Weiterübertragung des Grundstücks durch den Übernehmer nicht mehr anzuerkennen
Leitsatz (NV)
1. Eine dauernde Last im Zusammenhang mit der Übertragung eines Grundstücks kann der Übernehmer nicht mehr geltend machen, wenn er das Grundstück unentgeltlich weiter überträgt.
2. Der Abschluss eines Mietvertrages unter Angehörigen unter gleichzeitiger Vereinbarung einer entgeltlichen Aufgabe eines Wohnungsrechts des Mieters ‐ gegen dauernde Last in Höhe der vereinbarten Miete ‐ stellt einen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO 1977 dar.
Normenkette
AO 1977 § 42; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Verfahrensgang
FG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 26.05.2005; Aktenzeichen 2 K 415/01) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, soweit das Finanzgericht (FG) die streitige dauernde Last im Zusammenhang mit der Übertragung des Grundstücks auf den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) allein wegen der anschließenden --unentgeltlichen-- Übertragung auf seine Ehefrau, die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), nicht anerkannt hat. Denn diese rechtliche Würdigung entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).
Danach ist Voraussetzung für die Anerkennung einer dauernden Last, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit, die schon bisher vom Übergeber bewirtschaftet war und durch ihre Erträge ganz oder jedenfalls teilweise dessen Existenz sicherte, vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2000 X R 48/98, BFH/NV 2000, 1468, m.w.N.). Wird die übertragene Wirtschaftseinheit veräußert und dadurch der Zusammenhang mit den in der Folgezeit gezahlten wiederkehrenden Leistungen beendet, kommt die weitere Zuordnung der wiederkehrenden Leistungen zu den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen allenfalls dann in Betracht, wenn --anders als bei der im Streitfall gegebenen unentgeltlichen Übertragung an die Ehefrau des Vermögensübernehmers-- an die Stelle der übertragenen Wirtschaftseinheit im Wege der Surrogation eine andere existenzsichernde Wirtschaftseinheit tritt (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 X R 26/04, BFH/NV 2005, 1789 unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78).
Diese Grundsätze müssen umso mehr gelten, wenn wie im Streitfall die existenzsichernde Wirtschaftseinheit nicht veräußert, sondern unentgeltlich übertragen wird und deshalb weder rechtlich noch tatsächlich zur Erwirtschaftung des Unterhaltsbedarfs durch den Übernehmer --auch nicht in der Form eines Ersatzwirtschaftsguts-- zur Verfügung steht.
2. Ebenso wirft die angefochtene Entscheidung keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf, soweit das FG unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 17. Dezember 2003 IX R 56/03 (BFHE 205, 70, BStBl II 2004, 648) das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Mutter im Hinblick auf die zeitgleich getroffene Vereinbarung über eine entgeltliche Aufgabe des Wohnungsrechts der Mutter (gegen dauernde Last in Höhe der vereinbarten Miete) als Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) angesehen und deshalb nicht anerkannt hat.
Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Grundsätze der BFH-Entscheidung in BFHE 205, 70, BStBl II 2004, 648 im Streitfall uneingeschränkt anwendbar. Dieses Urteil beruht nämlich nicht auf dem von den Klägern für wesentlich gehaltenen Umstand eines auf die Lebenszeit der Berechtigten abgeschlossenen Mietverhältnisses, sondern allein auf der Gegenläufigkeit der beiden Rechtsgeschäfte "Mietverhältnis" einerseits und "entgeltliche Aufgabe des Wohnungsrechts" andererseits (vgl. Entscheidung in BFHE 205, 70, BStBl II 2004, 648 unter II. 1. c der Gründe).
3. Schließlich kommt eine Zulassung der Revision wegen fehlender Sachaufklärung über die Eintragung des streitigen Wohnungsrechts im Grundbuch nach Maßgabe des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Tatsache schon nach Maßgabe der materiell-rechtlichen Auffassung des FG für dessen Entscheidung --auf der Grundlage des ausdrücklich in Bezug genommenen BFH-Urteils in BFHE 205, 70, BStBl II 2004, 648-- unerheblich war.
Fundstellen
Haufe-Index 1487504 |
BFH/NV 2006, 943 |