Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung des Klagebegehrens bei Schätzungsbescheid
Leitsatz (NV)
1. Bei einem Schätzungsbescheid ist das Klagebegehren nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Umfang der angestrebten Korrektur nicht präzisiert, sondern lediglich die Einreichung der Steuererklärung angekündigt wird.
2. Von einem Steuerberater kann erwartet werden, dass ihm bewusst ist, mit einem am 31.8. abgesandten Telefax die am 30.8. abgelaufene Ausschlussfrist nicht eingehalten zu haben, und dass er die Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Zwei-Wochen-Frist vorzutragen hat. Deshalb rechtfertigt es nicht die Wiedereinsetzung, wenn das FG zunächst die Schriftsätze der Beteiligten austauscht, ohne sofort darauf hinzuweisen, dass das Klagebegehren nicht innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist bezeichnet worden ist.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 56
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 09.07.2003; Aktenzeichen 9 K 276/02) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das Finanzgericht (FG) hat entgegen der Rüge der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) keinen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) dadurch begangen, dass es die Klage wegen fehlender Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO) innerhalb der vom Berichterstatter gesetzten Ausschlussfrist (§ 65 Abs. 2 FGO) als unzulässig abgewiesen hat.
1. Der Kläger hatte nach zutreffender Auffassung des FG den Gegenstand seines Klagebegehrens nicht bereits in seiner Klageschrift vom 26. April 2002 ausreichend bezeichnet. Bei einem Schätzungsbescheid ist das Klagebegehren nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Umfang der angestrebten Korrektur nicht präzisiert und lediglich die Einreichung der Steuererklärung angekündigt wird (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. September 2002 IV B 198/01, BFH/NV 2003, 190). Im Streitfall hatten die Kläger in der Klageschrift lediglich die Änderung der angefochtenen Schätzungsbescheide "nach den noch abzugebenden Steuererklärungen" beantragt. Dies ließ den Umfang des Änderungsbegehrens nicht hinreichend erkennen.
2. Eine Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens ist auch nicht innerhalb der mit Schreiben des Berichterstatters gemäß § 65 Abs. 2 Satz 1 FGO bis zum 30. August 2002, einem Freitag, gesetzten Ausschlussfrist eingegangen. Denn das Telefax des Klägers ist erst am 31. August 2002 und damit verspätet beim FG eingegangen. Da der 30. August 2002 ein normaler Werktag und kein Sonntag, allgemeiner Feiertag oder Sonnabend war, hat die Frist entgegen der Auffassung der Kläger an diesem Tag geendet (vgl. § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
3. Das FG hat auch durch die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 65 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 56 FGO) keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begangen. Seine Annahme, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger, ein Steuerberater, ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die Ausschlussfrist zu wahren, lässt keinen Fehler erkennen.
Soweit der Kläger der Rechtsauffassung gewesen sein sollte, die bis zum 30. August 2002 gesetzte Ausschlussfrist habe erst mit Ablauf des 31. August 2002 geendet, wäre dieser Rechtsirrtum bei einem Steuerberater nicht entschuldbar.
Der Hinweis des Klägers in dem Telefax vom 31. August 2002 auf seine eigene zwischenzeitliche Abwesenheit und den Personalausfall durch Urlaub und Krankheit hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ebenfalls nicht gerechtfertigt. Denn diesem Vorbringen war nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht zu entnehmen, dass insoweit kein vom Kläger zu vertretender Organisationsmangel vorlag (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 18. Februar 2000 I B 136/99, BFH/NV 2000, 1108).
Ob der geltend gemachte Stromausfall am Abend des 30. August 2002 bei entsprechender Glaubhaftmachung die Wiedereinsetzung hätte rechtfertigen können, kann offen bleiben. Denn selbst wenn dies dem Grunde nach der Fall gewesen wäre, hätte dieser Umstand dem FG innerhalb von zwei Wochen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) seit dem 31. August 2002, dem Tag des Wegfalls des Hindernisses, mitgeteilt werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Denn der Kläger hat sich auf den Stromausfall erst in seinem Schreiben vom 21. Oktober 2002 berufen.
Dass das FG zunächst die Schriftsätze der Beteiligten ausgetauscht und nicht sofort darauf hingewiesen hat, dass der Gegenstand des Klagebegehrens nicht innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist bezeichnet worden ist, führt ebenfalls nicht zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das FG konnte erwarten, dass der Kläger, ein Steuerberater, wusste, dass er mit seinem Telefax vom 31. August 2002 die am 30. August 2002 abgelaufene Ausschlussfrist nicht eingehalten hatte und er die Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Frist innerhalb der Zwei-Wochen-Frist umfassend vortragen musste.
Fundstellen
Haufe-Index 1444471 |
BFH/NV 2005, 2239 |