Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Einführung des Feststellungsverfahrens nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG ; Aussetzung des Verfahrens als Ermessensvorschrift
Leitsatz (NV)
1. Über nicht ausgleichbare Verluste aus den Einkünften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht erst in demjenigen Veranlagungszeitraum zu entscheiden, in dem der Steuerpflichtige positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, wenn nach § 52 Abs. 39 Satz 7 EStG i.d.F. des JStG 2007 § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG anzuwenden und ein Feststellungsverfahren über den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG durchzuführen ist, weil am 1. Januar 2007 die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
2. Da es sich bei § 74 FGO um eine Ermessensvorschrift handelt, muss der Kläger für die Geltendmachung eines Verfahrensmangels schlüssig darlegen, weshalb das dem FG eingeräumte Ermessen im Streitfall auf Null reduziert gewesen sein soll, die Aussetzung des Verfahrens mithin aufgrund der besonderen Umstände des Falles die einzige richtige Entscheidung gewesen wäre.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 52 Abs. 39; FGO §§ 74, 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Es kann offen bleiben, ob die Beschwerdebegründung den in § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellten Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) genügt; die Beschwerde ist insoweit jedenfalls unbegründet. Denn es ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geklärt, dass über nicht ausgleichbare Verluste aus den Einkünften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht erst in demjenigen Veranlagungszeitraum zu entscheiden ist, in dem der Steuerpflichtige positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, wenn nach § 52 Abs. 39 Satz 7 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 § 23 Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG anzuwenden und ein Feststellungsverfahren über den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG durchzuführen ist, weil am 1. Januar 2007 die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 IX R 19/08, BFH/NV 2009, 584). Von diesen Grundsätzen ist zutreffend auch das Finanzgericht (FG) ausgegangen.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob das FG mit Blick auf ein vorgreifliches Feststellungsverfahren eine an sich gebotene Aussetzung des Verfahrens (§ 74 FGO) unterlassen hat; denn die Kläger haben eine unterlassene Aussetzung jedenfalls nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gerügt. Da es sich bei der Aussetzung des Verfahrens um eine Ermessensvorschrift handelt, hätten die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) schlüssig dartun müssen, weshalb das dem FG eingeräumte Ermessen im Streitfall auf Null reduziert gewesen sein soll und die Aussetzung des Verfahrens mithin aufgrund der besonderen Umstände des Falles die einzige richtige Entscheidung gewesen wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 15. November 2005 XI B 33/04, BFH/NV 2006, 352, m.w.N.). Dies ist indes nicht geschehen. Vor diesem Hintergrund kann auch die in diesem Zusammenhang notwendig zu beantwortende Frage offen bleiben, ob die Erklärungen der Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung oder später als konkludenter Antrag auf Durchführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens ausgelegt werden müssen und ob ein solches mit Blick auf die Regelungen in § 171 Abs. 3 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung noch möglich ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2169087 |
BFH/NV 2009, 1123 |