Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßige Arbeitsstätte; Darlegungsanforderungen für Zulassungsgründe Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
Für die Beurteilung, ob eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG vorliegt, gelten die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. auf den Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte anzuwendenden Grundsätze.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 8 Abs. 2 S. 3, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 23.01.2008; Aktenzeichen 9 K 2960/05 L,H(L)) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemachten Zulassungsgründe in einer den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise dargelegt sind. Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Eine Entscheidung ist weder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich noch liegt ein Verfahrensmangel vor.
1. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und klärbar sind (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. November 2007 VI B 160/06, BFH/NV 2008, 341, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41). Wenn die Klägerin insoweit sinngemäß nur vorbringt, dass sie ein Gebäudereinigungsunternehmen betreibe und der für sie tätige Geschäftsführer seine regelmäßige Arbeitsstätte nicht am Betriebssitz der Klägerin, sondern an seinem Wohnsitz habe, so dass dessen Fahrten zum Betriebssitz keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien, wirft sie damit keine bisher ungeklärte und klärungsbedürftige Rechtsfrage auf.
a) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine regelmäßige Arbeitsstätte gegeben ist, ist durch die Rechtsprechung des Senats --jedenfalls für die im Streitfall vorliegende Konstellation-- geklärt.
Danach gelten für die Beurteilung, ob eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegt, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. auf den Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte anzuwendenden Grundsätze. Regelmäßige Arbeitsstätte ist danach jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht, ohne dass es dabei auf die Intensität und Dauer der dort ausgeübten beruflichen Tätigkeit ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Betriebssitz durch das wiederholte Anfahren des Arbeitnehmers eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten erlangt. Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt hierbei nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz des Arbeitgebers täglich aufsucht, um dort Aufträge entgegenzunehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten, sondern schon dann, wenn er die Fahrten zum Betriebssitz des Arbeitgebers regelmäßig an einem Tag in der Woche durchführt (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 2008 VI R 85/04, BFH/NV 2008, 1237, m.w.N., zur Veröffentlichung bestimmt).
b) Nach der Senatsentscheidung in BFH/NV 2008, 1237 ist zwar der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nur dann vorzunehmen, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen auch tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat. Davon ist jedoch im Streitfall nach den von der Klägerin auch nicht bestrittenen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) auszugehen. Danach hat der Geschäftsführer der Klägerin den Betriebssitz täglich mit dem ihm überlassenen Dienstwagen aufgesucht.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zuzulassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert im Streitfall keine Entscheidung des BFH. Im Falle der sog. Divergenz ist eine Entscheidung erforderlich, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, indem es seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt. Dagegen genügt eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Januar 2007 VI B 35/06, BFH/NV 2007, 941, m.w.N.).
Vorliegend hat das FG zur Entscheidung der Frage, ob Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG durchgeführt worden waren, die oben genannten Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt und angewandt. Die Klägerin hat auch keinen mit der Rechtsprechung des BFH nicht übereinstimmenden abstrakten Rechtssatz bezeichnet. Insoweit rügt die Klägerin vielmehr eine Divergenz in der tatsächlichen Würdigung. Eine andere Würdigung der tatsächlichen Umstände des Streitfalls durch das FG begründet indessen keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO (vgl. BFH-Beschluss vom 30. August 2005 VI B 2/05, BFH/NV 2005, 2209). Auch dadurch, dass die Klägerin dieser Würdigung des FG ihre eigene entgegenstellt, kann sie die Zulassung der Revision nicht erreichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. September 2001 V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476). Das FG gelangte auf Grundlage der vorgenannten Rechtsgrundsätze zu dem Ergebnis, dass die Fahrten des Geschäftsführers der Klägerin zum Betriebssitz der Klägerin Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien. Es stützte seine Entscheidung insbesondere darauf, dass der Geschäftsführer das Firmenbüro täglich aufgesucht hat, um dort zum einen Fahrzeuge, Geräte und Materialien für die auszuführenden Arbeiten durch die Angestellten bereitzustellen, abzuholen und zu verteilen und zum anderen, um die laufende Post für eine entsprechende Bearbeitung abzuholen.
3. Eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels scheidet ebenfalls aus. Soweit die Klägerin jedenfalls sinngemäß als Verfahrensmangel rügt, dass das FG keine Zeugen dazu vernommen habe, dass der Geschäftsführer der Klägerin eine berufstypische Gebäudereinigung mit mehrfach täglichem Ortswechsel ausführe, hat das FG nicht gegen seine Verpflichtung zur Sachaufklärung aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen. Denn das FG hat seiner Würdigung und Entscheidung den Umstand zugrunde gelegt, dass der Geschäftsführer der Klägerin berufstypisch in der Gebäudereinigungsbranche tätig ist. Wenn das FG indessen auf Grundlage seiner Feststellungen dennoch zu der Würdigung gelangte, dass die Fahrten des Geschäftsführers der Klägerin zu deren Firmensitz Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind, begründet dies keinen Verfahrensmangel.
Fundstellen
Haufe-Index 2031670 |
BFH/NV 2008, 1674 |