Entscheidungsstichwort (Thema)
Sale and lease back Verfahren
Leitsatz (NV)
Soweit nicht die grundsätzliche Zulässigkeit eines "Sale and lease back Verfahrens" umsatzsteuerrechtlich in einem angestrebten Revisionsverfahren klärbar ist, sondern nur eine dem anhängigen Verfahren zugrunde liegende Gestaltung, ist eine NZB wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zulässig.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 42; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Der Vater (V) der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), ein Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, verkaufte einer GmbH (F-GmbH), deren alleiniger Gesellschafter er war, am 1. Oktober 1980 ... (Bürogeräte) für ... DM zuzüglich Umsatzsteuer. Am selben Tag verkaufte die F-GmbH die Gegenstände für denselben Preis an die seinerzeit sechs Jahre alte Klägerin. Diese überließ die bezeichneten Gegenstände aufgrund eines Leasing-Vertrages vom selben Tage an die F-GmbH, die die Gegenstände -- wiederum am selben Tage -- an V verleaste.
Durch Verträge vom 31. März 1983 hoben die F-GmbH und die Klägerin die Leasing-Verträge über einen Teil der Geräte mit sofortiger Wirkung auf. Diese Geräte verkaufte die Klägerin am 1. April 1983 an mehrere GmbHs zu Kaufpreisen von insgesamt ... DM zuzüglich entsprechender, gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer.
Mit Wirkung zum 1. Februar 1981 hatte die Klägerin ein ... -Gerät für ... DM zuzüglich Umsatzsteuer von der F-GmbH erworben, die dieses bei einer bestimmten GmbH im eigenen Namen für die Klägerin hatte kaufen sollen. Die F-GmbH hatte V damit beauftragt, den Ankauf für sie, die F-GmbH, vorzunehmen. Mit Vertrag vom 1. Februar 1981 verleaste die Klägerin das ... -Gerät an die F- GmbH, die dieses an V weiterverleaste. Mit Vertrag vom 31. März 1983 hoben die F- GmbH und die Klägerin den Leasing-Vertrag auf und die Klägerin verkaufte das ... -Gerät am 1. April 1983 für ... DM zuzüglich Umsatzsteuer an eine GmbH, die im Anschluß daran das Gerät an V verleaste.
In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre (1980 bis 1982 und 1984), eingereicht in den Jahren 1983 bis 1986, erklärte die Klägerin ihre Umsätze aus dem Leasing und machte den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung von ... -Geräten geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) folgte zunächst den Umsatzsteuererklärungen. Nach einer Steuerfahndungsprüfung bei V, durch die die beschriebenen Sachverhalte ermittelt worden waren, änderte das FA die Steuerfestsetzungen durch die im Jahr 1990 bekanntgegebenen Steuerbescheide für die Streitjahre und setzte die Umsatzsteuer ohne die aus Rechnungen über die Anschaffung der angeführten Gegenstände geltend gemachten Vorsteuerbeträge fest, aber mit einer Steuerschuld wegen der von der Klägerin in Rechnungen gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge. Das FA war nämlich der Auffassung, die geschilderte Sach verhaltsgestaltung sei gemäß § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht der Besteuerung zugrunde zu legen. Die von V insoweit als einzigen Zweck angegebene Begründung, durch Einschaltung der F-GmbH in die Anschaffung, in die Gebrauchsüberlassung und in die Veräußerung sei das Verbot des Selbstkontrahierens und eine Pflegerbestellung vermieden worden, rechtfertige die Gestaltung nicht.
Das Finanzgericht (FG) bestätigte die Steuerfestsetzungen. Es legte dar, die Klägerin sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt; denn dem Leistungsaustausch mit der F-GmbH sei wegen Gestaltungsmißbrauchs die steuerrechtliche Anerkennung zu verweigern, wobei das FG einen weiteren unangemessenen Steuervorteil u. a. in der Inanspruchnahme des Steuerabzugsbetrags nach § 19 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 durch die Klägerin sah. Die Leistungen und Leistungsbezüge seien nicht isoliert, sondern als Teil des "Sale und lease back Verfahrens" zu betrachten, das zwischen der Klägerin, der F- GmbH und V vereinbart worden sei. Die Klägerin sei fremdbestimmtes Objekt im Plan von V gewesen. Für die Gestaltung habe es keinen einleuchtenden wirtschaftlichen Grund gegeben. Die von der Klägerin gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für die Leasingleistungen und die Lieferungen werde von ihr nach § 14 Abs. 2 UStG 1980 geschuldet.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) aus den nachstehend angeführten Gründen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Sie ist nicht zulässig, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, weshalb die von ihr für bedeutsam erachteten Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO) haben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschlüsse vom 31. August 1994 II B 68/94, BFH/NV 1995, 240; vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Die grundsätzliche Bedeutung muß nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage. In der Beschwerdebegründung muß konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. BFH-Beschluß vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171). Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, reicht nicht aus. Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen der Klägerin nicht.
a) Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache mißt die Klägerin vor allem den Fragen bei, ob einem minderjährigen Kind der Vorsteuerabzug aus dem Erwerb eines Wirtschaftsguts (bei Dritten oder bei seinem Vater) verweigert werden könne, wenn es diese Wirtschaftsgüter an seinen Vater vermiete, und ob die Verweigerung des Vorsteuerabzuges auch dann gerechtfertigt sei, wenn das minderjährige Kind die Gegenstände zivilrechtlich von einer zwischen geschalteten GmbH erwerbe und an sie vermiete. Dazu weist die Klägerin darauf hin, daß das FG die Verträge zivilrechtlich nicht isoliert, sondern als Teile eines einheitlichen "Sale und lease back Verfahrens" zwischen ihr, der Klägerin, der F-GmbH und V gewürdigt und dabei auf fehlende wirtschaftliche Bedürfnisse und nicht auf für sie, die Klägerin, beachtliche Gründe ab gestellt habe. Sie macht ferner darauf aufmerksam, daß in der eine verdeckte Gewinnausschüttung an V betreffenden Körperschaftsteuersache (Minderung der Unterhaltspflicht von V ihr, der Klägerin, gegenüber) durch das FG das Vorliegen eines Gestaltungsmißbrauchs verneint worden sei.
In dem angestrebten Revisionsverfahren bedürfen die erwähnten Rechtsfragen zum einen keiner Klärung, weil sie von einer Sachverhaltsgestaltung ausgehen, die das FG so nicht festgestellt hat. Zum andern genügen die Darlegungen der Klägerin dazu, daß die Klärung, ob ein Gestaltungsmißbrauch bei dem im Streitfall festgestellten "Sale und lease back Verfahren" vorliegt, die in § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO vorausgesetzte grundsätzliche Bedeutung hat, nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Es reicht insoweit nicht aus, daß nur der Rechtsstoff umschrieben wird, der den rechtlichen Rahmen für die Entscheidung bildet (vgl. BFH-Beschluß vom 3. Februar 1987 V B 99/86, BFH/NV 1987, 312). Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit einem als Mißbrauch von Gestaltungen des Rechts nach § 42 AO 1977 beurteilten Sachverhalt ist es notwendig, die jeweilige Ausprägung der Rechtsfrage konkret zu bezeichnen (vgl. BFH-Beschluß vom 8. Januar 1990 V B 81/88, BFH/NV 1990, 466).
Hätte die Klägerin diesen Anforderungen genügt, würde sich ergeben haben, daß die Angemessenheit einer rechtlichen Gestaltung i. S. von § 42 AO 1977 -- so wie das FG dies durch Eingehen auf die Besonderheiten des Streitfalls beurteilt hat -- nur für die rechtliche Würdigung des Einzelfalles bedeutsam ist (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 9. Juni 1994 V B 82/93, BFH/NV 1995, 886 -- für den Kauf, die Vermietung und die Rücküberlassung eines PKW). Klärungsbedürftigkeit im Sinne von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) besteht aber nicht für Rechtsfragen, die nur für einen bestimmten Sachverhalt zu beantworten sind, sofern eine darüber hinausgehende Klärung nicht zu erwarten ist (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 2. September 1987 II B 23/87, BFH/NV 1989, 42).
Im Streitfall ist nicht die grundsätzliche Zulässigkeit des "Sale und lease back Verfahrens" im Umsatzsteuerrecht zu beurteilen, sondern die dem anhängigen Verfahren zugrundeliegende Gestaltung. Die Revisionsentscheidung würde nicht zur Klärung einer die Allgemeinheit interessierenden Rechtsfrage, sondern nur zur Überprüfung führen, ob das FG bestehendes Recht im Einzelfall richtig angewendet hat. Dies zieht die Klägerin mit ihren Darlegungen in Zweifel. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung ist aber kein Zulassungsgrund i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 15. Juni 1994 XI B 80/93, BFH/NV 1994, 915).
b) Die Revision ist schließlich nicht wegen des geltend gemachten Verstoßes der Vorentscheidung gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und nicht wegen -- nach Ansicht der Klägerin -- fehlerhafter Beurteilung der Festsetzungsfrist zuzulassen. Auch insoweit genügt die Beschwerdeschrift nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Klägerin bezeichnet keine abstrakten Rechtsfragen, deren Klärung von allgemeinem, über den Einzelfall hinausgehendem Interesse sein könnte. Sie rügt wiederum lediglich fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall, wenn sie vor allem ausführt, das FG habe nicht erkannt, daß Art. 6 Abs. 1 GG minderjährige Kinder vor störenden staatlichen Eingriffen schütze, und wenn sie geltend macht, Vorsatz für eine Steuerhinterziehung habe nicht vorgelegen.
3. Im übrigen sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von der Bekanntgabe der Begründung ab.
Fundstellen
Haufe-Index 421121 |
BFH/NV 1996, 502 |