Entscheidungsstichwort (Thema)
AdV eines Verwaltungsaktes „in der Form, die er durch das FG-Urteil gefunden hat“, nicht statthaft
Leitsatz (NV)
- Ein auf eine Anfechtungsklage ergehendes Urteil beseitigt oder ändert den angefochtenen Verwaltungsakt erst dann, wenn es formell rechtskräftig geworden ist.
- Die durch das FG-Urteil in einem Rechtsstreit über die Gewerbesteuerzerlegung begünstigten Städte sind vor Eintritt der Rechtskraft nicht befugt, Gewerbesteuerbescheide auf der Grundlage des vom FG festgestellten Zerlegungsmaßstabs zu erlassen.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 1, § 69 Abs. 3, § 151 Abs. 3; GewStG
Tatbestand
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat mit Urteil vom 3. Juli 2003 11 K 111/99 die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für 1992 bis 1994 vom 22. Juli 1996 geändert und die Zerlegungsanteile entsprechend dem Klageantrag der Antragstellerin festgestellt. Gegen dieses Urteil hat sich die Stadt X, der durch das FG-Urteil ein niedrigerer Zerlegungsanteil als durch den Bescheid vom 22. Juli 1996 zugewiesen wurde, mit der vom FG zugelassenen Revision gewandt. Über die Revision (Az. IV R 42/03) ist noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin trägt vor, die durch das FG-Urteil begünstigten Gemeinden, die Städte Y und Z, hätten nach Ergehen der finanzgerichtlichen Entscheidung Gewerbesteuerbescheide erlassen, die auf den vom FG festgestellten Zerlegungsanteilen beruhten. Lediglich die Stadt Y habe die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der von ihr erlassenen Bescheide angeordnet.
Die durch das FG-Urteil benachteiligten Gemeinden weigerten sich, die ―nach Maßgabe des FG-Urteils― zu viel gezahlte Gewerbesteuer zu erstatten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß
AdV des Zerlegungsbescheides in der Form, die er durch das Urteil des FG gefunden hat.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist nicht statthaft. Einer Beiladung (§ 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) der im Verfahren der Hauptsache beteiligten Gemeinden bedurfte es daher nicht.
Bei der Klage, mit der der Steuerpflichtige die Aufhebung oder Änderung eines Zerlegungsbescheids begehrt, handelt es sich um eine Anfechtungsklage i.S. des § 40 Abs. 1 FGO. Das auf eine Anfechtungsklage ergehende Urteil beseitigt oder ändert den angefochtenen Verwaltungsakt erst, wenn es formell rechtskräftig geworden ist (vgl. Beschluss des Bundessozialgerichts vom 23. Juni 1967 12 RJ 408/66, Monatsschrift für Deutsches Recht 1967, 871; Senatsbeschluss vom 2. Oktober 1968 IV S 2/67, BFHE 93, 412, BStBl II 1968, 825). Ein auf eine Anfechtungsklage ergehendes Urteil kann in der Hauptsache nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden (§ 151 Abs. 3 FGO). Daraus ergibt sich, dass die vom FG ausgesprochene Änderung der Gewerbesteuerzerlegungsbescheide 1992 bis 1994 noch nicht wirksam ist, weil die Stadt X das Urteil des FG mit der Revision angefochten hat.
Ferner ergibt sich hieraus Folgendes:
Zum einen brauchen die durch das FG-Urteil benachteiligten Gemeinden wegen der fortbestehenden Vollziehbarkeit der Zerlegungsbescheide vom 22. Juli 1996 die bestehenden Gewerbesteuerbescheide vorerst nicht zu ändern. Zum anderen sind die durch das FG-Urteil begünstigten Städte Y und Z derzeit nicht befugt, gegen die Antragstellerin durch Erlass erstmaliger oder geänderter Steuerscheide die Gewerbesteuer auf der Grundlage des vom FG festgestellten Zerlegungsmaßstabs festzusetzen. Sofern ―wie die Antragstellerin vorträgt― solche Bescheide ergangen sein sollten, sind sie rechtswidrig, ohne dass es auf den zu erwartenden Ausgang des Revisionsverfahrens ankäme.
Fundstellen