Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer bei Formwechsel
Leitsatz (NV)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auch in der bis zur Änderung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 geltenden Fassung auf Fälle der formwechselnden Umwandlung anzuwenden ist.
2. Bei summarischer Betrachtung stellt sich die zwischen dem vereinbarten Rückwirkungsstichtag und der Eintragung der Umwandlung vorgenommene Veräußerung von Anteilen an der übertragenden (formwechselnden) GmbH nicht als Veräußerung von Anteilen an der übernehmenden KG dar. Das gilt auch bei einer Teilanteilsübertragung.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3; UmwStG §§ 2, 18 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Frage, ob ein Formwechsel einer GmbH in eine Personengesellschaft (§ 14 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 --UmwStG 1995--) einen Vermögensübergang i.S. des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 darstellt und ob die Veräußerung von Anteilen an der formwechselnden GmbH im steuerlichen Rückwirkungszeitraum bereits als Veräußerung von Anteilen an der aufnehmenden Personengesellschaft anzusehen ist.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist Rechtsnachfolgerin der A-Gesellschaft (A-KG), welche ihrerseits aus einer formwechselnden Umwandlung der A-GmbH hervorgegangen ist. Die Umwandlung der A-GmbH wurde am 15. August 1996 beschlossen und am 15. März 1997 in das Handelsregister eingetragen. Steuerlicher Umwandlungsstichtag war der 31. Dezember 1995. Die A-GmbH war alleinige Gesellschafterin zweier Tochtergesellschaften mbH. Beide Tochtergesellschaften wurden analog zur A-GmbH auf den steuerlichen Übertragungsstichtag 31. Dezember 1995 formwechselnd in Kommanditgesellschaften umgewandelt.
Gesellschafter der A-GmbH waren ursprünglich die B-GmbH zu 80 v.H. und Herr C zu 20 v.H. Mit Vertrag vom 24. Juni 1996 veräußerte die B-GmbH 70 v.H. der Anteile an der A-GmbH an die C GmbH und Co. KG (C-KG); zudem legte Herr C die von ihm gehaltenen Anteile an der A-GmbH in die C-KG ein. Im Zeitpunkt der Umwandlung waren somit die C-KG zu 90 v.H. und die B-GmbH zu 10 v.H. an der A-GmbH beteiligt.
Die C-KG und die B-GmbH veräußerten ihre aus dem Formwechsel hervorgegangenen Kommanditbeteiligungen an der A-KG mit Vertrag vom 4. Juli 1997 an die X-GmbH. Den hierbei erzielten Veräußerungsgewinn unterwarf der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 der Gewerbesteuer und setzte den Gewerbesteuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag für das Streitjahr 1997 (zuletzt mit Bescheid vom 2. August 2006) in Höhe von … DM fest.
Gegen die Heranziehung des Veräußerungsgewinns zur Gewerbeertragsteuer legte die Antragstellerin Einspruch ein. Sie machte in erster Linie geltend, § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung ordne die Gewerbesteuerbarkeit der Veräußerung eines Anteils an der durch Umwandlung entstandenen Personengesellschaft nur für den Fall eines Vermögensübergangs, nicht jedoch für den Fall des Formwechsels an. Außerdem stünden mehrere Besonderheiten des Streitfalls der gewerbesteuerlichen Erfassung des streitigen Veräußerungsgewinns entgegen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der am 4. Dezember 2007 erhobenen Klage (6 K 210/07) verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Nach Klageerhebung und nach Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung durch das FA hat die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG) einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Das FG hat dem Antrag zunächst teilweise stattgegeben. Es hatte insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewerbesteuermessbescheides, als seiner Ansicht nach das FA bei der Veräußerungsgewinnermittlung die Buchwertaufstockung gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG 1995 in der Ergänzungsbilanz der C-KG nicht berücksichtigt hatte. Gegen diesen Beschluss legten sowohl die Antragstellerin als auch das FA die vom FG zugelassene Beschwerde ein. Auf die mit der Vorlage weiterer Unterlagen verbundene Beschwerde des FA wies das FG den Aussetzungsantrag in vollem Umfang zurück. Der Beschwerde der Antragstellerin hat es dagegen nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewerbesteuermessbescheides.
1. Durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist hinlänglich geklärt, dass § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auch in der bis zur Änderung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002 (StEntlG 1999/2000/2002) geltenden Fassung auf Fälle der formwechselnden Umwandlung anzuwenden ist. Der Senat verweist insoweit auf seine Urteile vom 26. Juni 2007 IV R 58/06 (BFHE 217, 162, BStBl II 2008, 73) und vom 30. August 2007 IV R 22/06 (BFH/NV 2008, 109). Die Einwendungen, die die Antragstellerin gegen die Gründe dieser Entscheidungen geltend macht, greifen nicht durch.
Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 217, 162, BStBl II 2008, 73 insbesondere hervorgehoben, der (auch von der Antragstellerin vertretenen) Gegenmeinung könne nur dann gefolgt werden, wenn es irgendeinen Grund gäbe, die Veräußerung nach einem Formwechsel anders zu behandeln als nach einem Vermögensübergang. Es ist kein Anhaltspunkt dafür zu sehen, dass diese Äußerung --wie die Antragstellerin meint-- in sich widersprüchlich wäre oder dass der Senat das Fehlen einer Gewerbesteuerbelastung bei der Veräußerung im Privatvermögen gehaltener GmbH-Anteile übersehen hätte (vgl. hierzu bereits BFH-Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 23/01, BFHE 197, 425, BStBl II 2004, 474, unter II.2.b der Gründe).
Offenbar meint die Antragstellerin, § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 dürfe, da er Veräußerungen von Anteilen an Personengesellschaften auch in den Fällen der Gewerbesteuer unterwerfe, in denen die Veräußerung der Anteile an der umgewandelten GmbH nicht der Gewerbesteuer unterlegen hätten und somit über das Ziel hinausschieße, nicht auf die Fälle der Umwandlung durch Formwechsel erstreckt werden.
Der Vorwurf, über das Ziel hinauszuschießen, würde indessen --wenn er zuträfe-- die Vorschrift des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auch insoweit treffen, als sie auf Umwandlungen angewandt wird, die auf einem Vermögensübergang und nicht auf Formwechsel beruhen.
Demgegenüber hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 217, 162, BStBl II 2008, 73 deutlich gemacht, dass es sich bei § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 um eine generalisierende Vorschrift zur Missbrauchsverhütung handelt, die --ungeachtet rechtspolitischer Einwände-- vom gesetzgeberischen Ermessen gedeckt ist. Die vom Gesetzgeber befürchtete Umgehung könnte, wenn es § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 nicht gäbe, ebenso gut durch einen Formwechsel wie durch eine Umwandlung mit Vermögensübergang herbeigeführt werden.
2. Der Senat kann der Antragstellerin auch nicht folgen, wenn sie geltend macht, die Anwendung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 "in der vom Wortlaut der Vorschrift abweichenden Auslegung des BFH" könne --wenn überhaupt-- aus Gründen des Vertrauensschutzes nur für Umwandlungen in Frage kommen, die nach Veröffentlichung des Umwandlungssteuererlasses, also nach dem 25. März 1998 beschlossen worden seien. Es muss nicht auf die Frage eingegangen werden, ob es überhaupt den von der Antragstellerin postulierten Rechtssatz gibt, demzufolge der Steuerpflichtige bei Fehlen einer einschlägigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis darauf vertrauen darf, gemäß des (vermeintlich) eindeutigen Gesetzeswortlauts veranlagt zu werden. Denn nach der mehrfach dargelegten Rechtsauffassung des BFH (vgl. zuletzt Senatsurteil in BFHE 217, 162, BStBl II 2008, 73, m.w.N.) ist der Wortlaut des § 18 Abs. 4 UmwStG auch in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung infolge der in § 14 UmwStG enthaltenen Fiktion, mit der der Formwechsel dem Vermögensübergang gleichgestellt wird, nicht eindeutig. Diese Ansicht wurde bereits 1996 in der Literatur z.B. von Dehmer (Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 18 Rz 37) vertreten.
3. Die Besonderheiten des Streitfalls rechtfertigen kein anderes Ergebnis.
a) Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Betrachtung vermag sich der Senat nicht der Auffassung anzuschließen, die zwischen dem vereinbarten Rückwirkungsstichtag (§ 2 UmwStG) und der Eintragung der Umwandlung vorgenommene Veräußerung von Anteilen an der übertragenden (formwechselnden) GmbH stelle sich infolge der Rückwirkung als Veräußerung von Anteilen an der übernehmenden KG (Rechtsträger neuer Rechtsform) dar. Soweit die Übertragung sämtliche Anteile an der übertragenden GmbH betrifft, steht die wohl einhellige Meinung in Schrifttum und Verwaltung auf dem Standpunkt, dass in einem solchen Fall die Rückwirkung gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter nicht mehr eintritt, mit der Folge, dass er seinen GmbH-Anteil und nicht den Anteil an der übernehmenden Personengesellschaft veräußert (Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl., § 2 Rz 28; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, UmwStG, § 2 Rz 89; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 2 UmwStG Rz 49; Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz/Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., § 2 Rz 131; Slabon in Haritz/Benkert, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 2 Rz 37; Blümich/Klingberg, § 2 UmwStG Rz 28; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268 Tz. 02.09; s. auch Senatsbeschluss vom 6. Mai 2008 IV B 151/07, BFH/NV 2008, 1452, unter II.2.b der Gründe).
Umstritten ist, wie es sich verhält, wenn ein Gesellschafter in der Interimsphase nur einen Teil seiner GmbH-Anteile veräußert. Soweit sich die steuerrechtliche Literatur hierzu ausdrücklich äußert, vertritt sie mehrheitlich die Auffassung, dass der Veräußerer auch in diesem Fall eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und nicht einen Mitunternehmeranteil veräußert. Nur mit seiner verbleibenden Beteiligung wird er Mitunternehmer (Dötsch in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 2 Rz 28; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, a.a.O., § 2 Rz 89; Dehmer, Umwandlungssteuererlass 1998, S. 47). Dieselbe Auffassung vertritt die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 Tz. 02.09). Demgegenüber steht Widmann auf dem Standpunkt, dass im Falle des teilweisen Ausscheidens eines Gesellschafters die Rückbeziehungsvorschrift des § 2 UmwStG 1995 Anwendung findet. Eine Aufteilung sei nicht möglich (Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 2 Rz 55).
Bei summarischer Betrachtung sieht der Senat die Schwierigkeiten einer Aufteilung nicht als so gravierend an, dass sie eine unterschiedliche Behandlung gegenüber der der Übertragung der gesamten Beteiligung im Interimszeitraum rechtfertigen könnten. Dass für Vergütungen für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft die Rückwirkung in vollem Umfang gilt (BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 Tz. 02.39), liegt auf der Hand, da die Höhe einer solchen Vergütung nicht vom Umfang der Beteiligung, sondern von dem der erbrachten Leistung abhängt. Es bestehen bei summarischer Prüfung auch keine Bedenken dagegen, im Rückwirkungszeitraum ausgeschüttete Gewinne nach Maßgabe des Verhältnisses der Nennwerte der veräußerten und der nicht veräußerten Anteile aufzuteilen (BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 Tz. 02.31).
Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin betrifft das Senatsurteil in BFH/NV 2008, 109 keinen Fall mit Rückwirkungsproblematik.
b) Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass bereits bei der Veräußerung von 70 v.H. der Anteile der B-GmbH an der A-GmbH an die C-KG stille Reserven der A-GmbH der Gewerbesteuer unterlegen hätten, so dass dem Fiskus insoweit kein Gewerbesteuersubstrat entzogen worden sei, hat schon das FG darauf hingewiesen, dass die C-KG die an die B-GmbH vergüteten stillen Reserven in einer Ergänzungsbilanz aktiviert und von dem von der X-GmbH erhaltenen Kaufpreis abgezogen habe. Der danach verbliebene --hier streitige-- Veräußerungsgewinn könne nur die bis dahin noch nicht erfassten stillen Reserven betroffen haben. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren insoweit nichts vorgebracht, was gegen diese Feststellung des FG sprechen könnte, sondern lediglich ihr bisheriges Vorbringen wörtlich wiederholt.
c) Das Gleiche gilt für das nicht näher erläuterte Vorbringen der Antragstellerin, die seinerzeit von der A-KG gehaltenen Anteile an den Tochtergesellschaften dürften nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 eingehen.
Fundstellen
Haufe-Index 2067743 |
BFH/NV 2008, 2057 |