Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungspflicht im NZB-Verfahren
Leitsatz (NV)
Der Vortrag, die Beurteilung der Massezugehörigkeit von Umsatzsteuer aus der Verwertung von Sicherungsgut nach der neueren Rechtslage sei von grundsätzlicher Bedeutung, erfüllt die Darlegungspflicht i. S. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht. Denn er läßt in dieser allgemein gehaltenen Formulierung keine konkrete Rechtsfrage erkennen.
Verfahrensmängel sind dann nicht schlüssig gerügt, wenn die Klägerin die Möglichkeit, daß das FG nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden hätte, nicht dargelegt hat (Anschluß an BFH-Beschluß vom 7. März 1995 III B 163/94, BFH/NV 1995, 814).
Normenkette
UStG § 18 Abs. 8; UStDV § 51; FGO § 115 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Konkursverwalterin über das Vermögen der X KG. Sie war als Sequesterin eingesetzt, ehe am 31. März 1994 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Am selben Tag, wenige Stunden vor Konkurseröffnung, ließ der Geschäftsführer der Komplementär- GmbH der Gemeinschuldnerin in Absprache mit der Klägerin den Sicherungsnehmern gleichlautende Mitteilungen folgenden Inhalts per Telefax zukommen:
"Sehr geehrter Herr ... ,
das Konkursverfahren über das Vermögen der Y GmbH wird heute um 18.00 Uhr eröffnet werden.
Ich möchte Ihnen als Geschäftsführer der Y GmbH mitteilen, daß ich mit Zustimmung der Sequesterin hiermit Ihnen die Ihnen sicherungsübereigneten Maschinen zur freien Verwertung überlasse, das Sicherungsverhältnis damit beendet ist und ich für sie keinerlei Besitz mehr ausübe.
Damit wird die spätere Geltendmachung eines Absonderungsrechts und eine Freigabe durch die Verwalterin überflüssig ... ".
Die Sicherungsnehmer veräußerten die Maschinen nach dem 31. März 1994 und minderten ihre bereits in voller Höhe zur Konkurs tabelle angemeldeten Forderungen aus den der Gemeinschuldnerin gewährten Darlehen um die im einzelnen erzielten Bruttoveräußerungserlöse.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage, mit der die Klägerin begehrte, das Abzugsverfahren des § 18 Abs. 8 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1993) anzuwenden, weil die Lieferung der sicherungsübereigneten Maschinen bereits vor Konkurseröffnung erfolgt sei, abgewiesen. Es führt im wesentlichen aus, das Sicherungsgut sei durch die Gemeinschuldnerin an die jeweiligen Sicherungsnehmer nach Eröffnung des Konkursverfahrens geliefert worden. Die Verwertung des Sicherungsguts führe zu zwei Umsätzen, und zwar zur Lieferung des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer und zur Lieferung des Sicherungsnehmers an den Erwerber. Die Sicherungsübereignung als solche führe noch nicht zur Verschaffung der Verfügungsmacht (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 21. Juli 1994 V R 114/91, BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878).
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, Verfahrensmängeln und fehlerhafter Rechtsanwendung.
Entscheidungsgründe
1. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) setzt die Zulässigkeit einer auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Nichtzulassungsbeschwerde voraus, daß in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt wird. Das Darlegen erfordert substantiierte und konkrete Angaben darüber, aus welchem Grund die über die entscheidungserhebliche, klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage im Revisionsverfahren zu treffende Entscheidung der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung dient. Es muß schlüssig dargetan werden, daß eine konkret angesprochene Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen (wirtschaftlichen) Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt und noch nicht abschließend geklärt ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, und vom 29. Oktober 1992 I B 81/92, BFH/NV 1993, 315). Diesen Anforderungen entspricht die Begründung der Klägerin nicht. Soweit sie eine höchstrichterliche Entscheidung "zur Frage der Massezugehörigkeit von Umsatzsteuer aus der Verwertung von Sicherungsgut nach der neueren Rechtslage durch Änderung der Vorschriften der §§ 18 Abs. 8 UStG i. V. m. 51 UStDV" begehrt, läßt dieser allgemein gehaltene Vortrag nicht einmal eine konkrete Rechtsfrage erkennen. Sollte die Klägerin gemeint haben, daß die Einführung des Abzugsverfahrens für die Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Konkurses zu einer anderen Beurteilung der Massezugehörigkeit der Umsatzsteuer als in der bisherigen Rechtsprechung führen könnte, so fehlt es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Die Behauptung, daß ein großer Kreis von Steuerpflichtigen betroffen sei, reicht hierfür nicht aus. Auch der Hinweis auf das Urteil eines FG und Literaturmeinungen aus den Jahren 1991, 1989 und 1990 ist unbehelflich, weil § 18 Abs. 8 Nr. 2 erst durch das UStG 1993 mit Wirkung ab 1. Januar 1993 eingeführt wurde. Sollte die Klägerin gemeint haben, daß der BFH zu den Voraussetzungen der Anwendung des Abzugsverfahrens Stellung nehmen sollte, so fehlt es sowohl an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit im Streitfall -- das FG geht von einer Lieferung während des Konkurses aus -- als auch, wie bereits dargelegt, der Klärungsbedürftigkeit.
2. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel sind nicht i. S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet. Die Klägerin rügt mangelnde Sachaufklärung, weil das FG nicht geklärt habe, wer gesetzliche Vertreterin der GmbH & Co. KG gewesen sei und deshalb irrtümlich davon ausgegangen sei, daß die zitierte Freigabeerklärung eine Erklärung der gesetzlichen Vertreterin sei. Außerdem widerspreche die Feststellung des FG, daß für den Verzicht auf den Anspruch auf Herausgabe und Verwertung ein Nutzungsentgelt zu zahlen sei, dem klaren und eindeutigen Inhalt der Akten; das Nutzungsentgelt habe für die tatsäch liche Nutzung der Fahrzeuge gezahlt werden sollen.
Diese Verfahrensmängel sind jedenfalls deshalb nicht schlüssig gerügt, weil die Klägerin die Möglichkeit, daß das FG nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden hätte, nicht dargelegt hat (vgl. BFH-Beschluß vom 7. März 1995 III B 163/94, BFH/NV 1995, 814).
Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung vermag die Zulassung der Revision nicht zu begründen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 27. April 1995 VIII B 122/94, BFH/NV 1995, 1075, m. w. N.).
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen