Entscheidungsstichwort (Thema)
Liebhaberei bei langjährigen Verlusten aus Rechtsanwaltstätigkeit?
Leitsatz (NV)
Es ist zweifelhaft, ob bei der langjährigen Erzielung von Verlusten aus einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit als Rechtsanwalt erst dann Liebhaberei angenommen werden kann, wenn Umstände hinzukommen, die es als ernsthaft möglich erscheinen lassen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Antragsteller (Kläger) erlitt in den Streitjahren (1978 bis 1981) Verluste aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt, die er mit den positiven Einkünften aus seiner Beteiligung an der Firma ... verrechnen wollte. Der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt -- FA --) versagte den Abzug der Verluste.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) verneinte die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers, weil sich -- selbst bei Außerachtlassung einer Anlaufphase von 1971 bis 1976 -- auch in den Jahren von 1977 bis 1992 noch ein Gesamtverlust von ... DM ergeben habe. Der Kläger habe -- insbesondere -- die Aufwendungen nicht in dem betriebswirtschaftlich gebotenen Rahmen gehalten. Die Revision hatte das FG nicht zugelassen.
Dagegen erhob der Kläger am 20. Februar 1995 Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz zu mehreren Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und verschiedene Verfahrensmängel geltend machte.
Mit Schriftsatz vom 27. November 1995 beantragte der Kläger außerdem, die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1978 bis 1981 in Höhe von ... DM auszusetzen.
Entscheidungsgründe
Der Senat legt diesen Schriftsatz dahingehend aus, daß eine Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1984 nicht beantragt worden ist.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet.
Ernstliche Zweifel i. S. von § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind bereits dann vorhanden, wenn bei summarischer Prüfung gewichtige Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts erkennbar werden, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der maßgebenden Rechtsfragen bewirken (so z. B. BFH- Beschluß vom 19. August 1987 V B 56/85, BFHE 150, 400, BStBl II 1987, 830).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Er ist der Auffassung, daß es einer höchstrichterlichen Klärung bedarf, ob die hauptberuflich ausgeübten Tätigkeiten, die -- wie im Streitfall -- üblicherweise gewinnbringenden Tätigkeiten gleichen, allein die langjährige Erzielung von Verlusten die Annahme der Liebhaberei rechtfertigt. Es ist zweifelhaft, ob in solchen Fällen eine Liebhaberei nicht erst dann bejaht werden kann, wenn Umstände hinzukommen, die es als ernsthaft möglich erscheinen lassen, daß der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (BFH-Urteil vom 21. Januar 1993 XI R 18/92, XI R 19/92, BFH/NV 1993, 475 unter Hinweis auf BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Entsprechende Feststellungen hat das FG nicht getroffen. Damit ist der Ausgang des Revisionsverfahrens offen.
Fundstellen
Haufe-Index 423709 |
BFH/NV 1997, 221 |