Leitsatz (amtlich)
Ob eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde zu beurteilen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde eingelegt. Sie hat diese mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sieht die Beschwerdeführerin in der Rechtsfrage, ob es für den Beginn der Verjährung von Ansprüchen auf Rückforderung von Wohnungsbau-Prämien auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 15. September 1965 = AOÄG 1965 (BGBl I 1965, 1356, BStBl I 1965, 643) auf die Kenntnis des FA von den anspruchsbegründenden Tatsachen ankomme.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Rechtssache ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Rechtsfrage des zeitlichen Geltungsbereichs der §§ 143 ff. der AO a. F. und der §§ 143 ff. AO in der Fassung des AOÄG 1965 (AO n. F.) ist durch die Rechtsprechung des Senats - spätestens durch das Urteil vom 29. November 1973 VI R 79/73 (BFHE 111, 204, BStBl II 1974, 128) - abschließend geklärt. Es ist offensichtlich, daß die dort ausgesprochenen Grundsätze auch dann zu gelten haben, wenn der Anspruch auf Gewährung einer Wohnungsbau-Prämie von Anfang an nicht bestanden hat. Daß die hier streitige Rechtsfrage möglicherweise abschließend erst nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und nach Ablauf der Beschwerdefrist geklärt wurde, kann die Zulassung der Revision im Streitfall nicht rechtfertigen. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache beurteilt sich nicht nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einlegung, sondern nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde (BFH-Beschluß vom 17. Dezember 1968 VII B 26/66, BFHE 94, 527, BStBl II 1969, 262; Beschluß des BVerwG vom 24. Mai 1965 III B 10/65, HFR 1966, 196). Der Senat sieht es als entscheidend an, daß bei der Zulassung einer Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung die Interessen der Allgemeinheit an der Rechtseinheit und der Fortentwicklung des Rechts im Vordergrund stehen. Daß eine wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision auch den Beteiligten des betreffenden Verfahrens eine weitere Instanz für die Durchsetzung ihrer Belange bietet, ist hingegen lediglich eine Folge davon, daß die höchstrichterliche Klärung der im Allgemeininteresse liegenden Frage nicht durch eine abstrakte Entscheidung, sondern nur durch die Entscheidung in einem bestimmten Rechtsstreit möglich ist. Aus dieser Erwägung folgt, daß die Revision jedenfalls nicht mehr wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist, wenn die streitige Rechtsfrage erst nach Einlegung, aber vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde durch eine Entscheidung des BFH abschließend geklärt worden ist. Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob die Revision unter dem Gesichtspunkt der Divergenz zuzulassen wäre, wenn das FG-Urteil von dem nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ergangenen BFH-Urteil abweicht (so aber Beschluß des BVerwG III B 10/65). Denn im Streitfall steht die Entscheidung der Vorinstanz in Einklang mit dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des Senats VI R 79/73.
Fundstellen
Haufe-Index 70653 |
BStBl II 1974, 321 |
BFHE 1974, 396 |