Leitsatz (amtlich)
Der Kostenprüfungsbeamte, der zum Vertreter der Staatskasse des Landes bestellt worden ist, kann gegen die Entscheidung über die Erinnerung nach § 148 FGO nur wegen der beim FG, nicht jedoch wegen der beim BFH entstandenen Gerichtskosten Beschwerde einlegen.
Normenkette
FGO § 140 Abs. 1, §§ 147-148; GKG § 4
Gründe
Aus den Gründen:
Die namens der Staatskasse eingelegte Beschwerde ist lediglich insoweit zulässig, als sie gegen den Ansatz der Gebühren für das Verfahren vor dem FG gerichtet ist.
Die Befugnis der Staatskasse, gegen die Entscheidung des FG über die Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 147 Satz 1 FGO Beschwerde einzulegen, folgt gemäß § 140 Abs. 1 FGO aus der sinngemäßen Anwendung des § 4 GKG. In § 4 GKG ist zwar nicht ausdrücklich bestimmt, daß die Staatskasse befugt ist, gegen die Entscheidung über die Erinnerung Beschwerde einzulegen. Aus § 4 Abs. 1 Satz 1 GKG ergibt sich aber, daß die Staatskasse gegen den Kostenansatz Erinnerung einlegen kann. Daraus muß gefolgert werden, daß ihr auch die Befugnis zur Beschwerde nach § 4 Abs. 2 GKG gegen die Entscheidung über die Erinnerung zusteht (vgl. Friedlaender: Gerichtskostengesetz 1928, § 4 Anm. 32; Markl: Gerichtskostengesetz 1967, § 4 Anm. 43). Die Befugnis der Staatskasse, gegen die Entscheidung des FG über die Erinnerung Beschwerde einzulegen, ist demnach ebenfalls eine Folge der Erinnerungsbefugnis der Staatskasse aufgrund der sinngemäßen Anwendung des § 4 GKG.
Die sinngemäße Anwendung des § 4 GKG ist insoweit gemäß § 140 FGO deshalb gerechtfertigt, weil die FGO nicht ausdrücklich bestimmt, welche staatliche Stelle befugt ist, gegen die Entscheidung über die Erinnerung Beschwerde einzulegen (vgl. Beschluß des BFH VII B 77/68 vom 18. November 1969, BStBl II 1970, 219).
Die Staatskasse des Landes Nordrhein-Westfalen ist jedoch nicht befugt, die Entscheidung des FG insoweit anzufechten, als sie sich auf solche Kosten erstreckt, die im Verfahren vor dem BFH entstanden sind. Insoweit ist die Staatskasse nicht beschwert, da ihr eine Kostenforderung nicht zusteht. Die beim BFH entstandenen Kosten stehen dem Bund zu. Das ergibt sich daraus, daß die Kostenforderung Gebühren zum Gegenstand hat, die ihrem Wesen nach eine Gegenleistung für die Inanspruchnahme des BFH sind (vgl. Beschluß des BVerfG 2 BvR 179, 476, 477/64 vom 11. Oktober 1966, BVerfGE 20, 257 [269]; Urteil des BVerwG VII C 2.61 vom 8. Dezember 1961, BVerwGE 13, 214 [219]; Wolff: Verwaltungsrecht I, 7. Aufl., § 42 II a 2) und durch die die von der Steuerpflichtigen mitverursachten Unkosten des Bundes abgegolten werden sollen (vgl. Handbuch der Finanzwissenschaft, herausgegeben von Wilhelm Gerloff und Hans Neumark, Bd. I 2. Aufl., S. 117). Daran, daß die im Verfahren vor dem BFH entstandenen Kosten dem Bund zustehen, ändert auch die Tatsache nichts, daß die Kosten gemäß § 147 FGO beim FG angesetzt worden sind. Die Kostenforderung wird, wie bereits dargelegt, durch die Tätigkeit des Gerichts im Hauptverfahren und nicht durch den Kostenansatz begründet. Durch den Kostenansatz wird lediglich die Höhe der Kostenforderung bestimmt.
Die Forderung der im Verfahren vor dem BFH entstandenen Kosten steht auch nicht deshalb dem Land Nordrhein-Westfalen zu, weil das FA die angesetzten Kosten einzuziehen hat (§ 147 Satz 2 FGO). Auch die Einziehung ist für die Begründung der Forderung ohne Bedeutung.
Soweit die Staatskasse des Landes Nordrhein-Westfalen gegen den Beschluß des FG Beschwerde einlegen konnte, ist die Beschwerde durch den Kostenprüfungsbeamten beim FG wirksam eingelegt worden. Aufgrund des Erlasses des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen FG 2018 - 1 - II B 2 vom 20. September 1967 (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1967 S. 1688) war der Kostenprüfungsbeamte zur Vertretung der Staatskasse ermächtigt. Nach Nr. 3b der in diesem Erlaß enthaltenen Bestimmungen über die Kostenprüfung bei den FG des Landes Nordrhein-Westfalen (Kostenprüfungsbestimmungen) vertritt der Kostenprüfungsbeamte bei dem FG die Staatskasse im Bereich der Finanzgerichtsbarkeit im Verfahren, die die Festsetzung von Kosten für oder gegen das Land Nordrhein-Westfalen betreffen. Zu diesen Verfahren gehört auch das Beschwerdeverfahren, soweit dadurch eine Änderung der für das Verfahren vor dem FG angesetzten Kosten erreicht werden soll.
Die Ermächtigung ist nicht deshalb unwirksam, weil sie durch Erlaß und nicht durch Gesetz erteilt worden ist. Sie hat die Befugnis zum Inhalt, die Staatskasse zu vertreten. Darin liegt gleichzeitig die Zuweisung einer Zuständigkeit, die eine organisatorische Maßnahme ist (vgl. Forsthoff: Lehrbuch des Verwaltungsrechts, I. Bd., 9. Aufl., S. 408). Derartige Maßnahmen sind in Bund und Ländern, insbesondere auch im Land Nordrhein-Westfalen, nicht allgemein dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl. Wolff: Verwaltungsrecht II, 2. Aufl., § 78 I a; Forsthoff, a. a. O., S. 405; Geller-Kleinrahm-Fleck: Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., S. 500 ff.). In Art. 77 Abs. 1 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen ist zwar bestimmt, daß die Zuständigkeiten durch Gesetz zu regeln sind. Aus dem Zusammenhang dieser Regelung mit derjenigen, daß die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung durch Gesetz erfolge, ist jedoch zu entnehmen, daß die Regelung der Zuständigkeiten nur insoweit dem Gesetzgeber vorbehalten ist, als sie in Verbindung mit der Organisation der allgemeinen Landesverwaltung im Sinne von Art. 77 Satz 1 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen steht. Danach erfaßte der Gesetzesvorbehalt lediglich die Zuweisung von Zuständigkeiten an die vom Gesetzgeber festgelegten Behördenarten (vgl. Geller-Kleinrahm-Fleck, a. a. O., S. 513). Die Ermächtigung in Nr. 3 der Kostenprüfungsbestimmungen fällt demnach schon deshalb nicht unter den Gesetzesvorbehalt des Art. 77 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, weil die Institution des Kostenprüfungsbeamten nicht durch Gesetz festgelegt worden ist (vgl. Nr. 2 der Kostenprüfungsbestimmungen).
Die Beschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift der Leiter der Verwaltung als Vertreter der Staatskasse bezeichnet ist. Daraus muß zwar entnommen werden, daß der Leiter der Verwaltung die Beschwerdeschrift eingereicht hat und dabei als Vertreter der Staatskasse aufgetreten ist. Eine Rechtsgrundlage, nach der er dazu ermächtigt war, ist nicht ersichtlich. Aus der Beschwerdebegründungsschrift ist aber zu entnehmen, daß der zur Vertretung der Staatskasse befugte Kostenprüfungsbeamte die Einlegung der Beschwerde genehmigt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 68732 |
BStBl II 1970, 221 |
BFHE 1970, 516 |