Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Zur Verwerfung formal ordnungsmäßiger Buchführung regelmäßig kein Klärungsbedarf
Leitsatz (NV)
- Ein Urteil, zu dessen Begründung ausführlich dargelegt ist, warum das Gericht zu der Überzeugung gelangt ist (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), die Einnahmen seien nicht vollständig erfaßt worden, weicht nicht ab von der BFH-Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96 in BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51), wonach von einer formell ordnungsgemäßen Buchführung nur abgewichen werden darf, wenn die Sachverhaltswürdigung ergibt, daß die Aufzeichnungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unrichtig sind.
- Anforderungen an die "Bezeichnung" eines Verfahrensmangels mit der NZB.
Normenkette
AO 1977 §§ 158, 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115
Gründe
Die Beschwerde ist teils unzulässig, weil sie nicht in der erforderlichen Weise begründet wurde (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), teils unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben sind.
1. Von vornherein unbeachtlich in diesem Verfahren sind die Einwände, die allein die Richtigkeit des angefochtenen Urteils betreffen (vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. April 1998 X B 155/97, BFH/NV 1998, 1331; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62 f., jeweils m.w.N.).
2. Die behauptete Divergenz liegt nicht vor. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) in diesem Zusammenhang zitierten BFH-Urteile (vom 9. August 1991 III R 129/85, BFHE 165, 326, BStBl II 1992, 55, und vom 24. Juni 1997 VIII R 9/96, BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51) enthalten zwar die Aussage, daß von einer formell ordnungsgemäßen Buchführung (entgegen dem reinen Wortlaut des § 158 der Abgabenordnung --AO 1977--) nur (ganz oder teilweise) abgewichen werden darf, wenn die Sachverhaltswürdigung ergibt, daß die Aufzeichnungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (ganz oder teilweise) unrichtig sind. Das angefochtene Urteil aber beruht auf keinem hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz - weder ausdrücklich noch stillschweigend. Das Finanzgericht (FG) hat vielmehr in seiner Urteilsbegründung (S. 14 ff.) ausführlich dargelegt, daß und warum es zu der Überzeugung gelangt ist (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), die Einnahmen seien für die Streitjahre nicht vollständig erfaßt worden, die Buchführung sei also unvollständig.
3. Das Beschwerdevorbringen zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO läßt auch keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erkennen (zum Verhältnis beider Vorschriften: Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 16, m.w.N.).
4. Einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schließlich haben die Kläger nicht "bezeichnet". Der hierzu gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderliche schlüssige Vortrag (s. Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 33, m.w.N.) fehlt.
a) Das Beschwerdevorbringen läßt nicht erkennen, was genau an --aus der Sicht des FG (BFH-Beschluß vom 24. März 1999 V B 23/99, BFH/NV 1999, 1239; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 24; § 120 Rz. 39)-- Entscheidungserheblichem noch hätte aufgeklärt werden können (weil entsprechende Beweisangebote vorlagen oder weil sich weitere Ermittlungen aufdrängten) und nicht aufgeklärt worden ist (s. z.B. BFH-Beschluß vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 65, § 120 Rz. 40, m.w.N.). Offen geblieben ist auch, warum die fachkundig vertretenen Kläger im Anschluß an die in der mündlichen Verhandlung durchgeführte Beweisaufnahme keine weiteren Beweisanträge stellten, sondern auf weitere Zeugenvernehmungen ausdrücklich verzichteten (zum darin nach den § 155 FGO, §§ 85 Abs. 2 und 295 der Zivilprozeßordnung liegenden Rügeverzicht: BFH-Beschluß in BFH/NV 1999, 1236; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 37 ff.). Der Vertagungsantrag (auf den die Beschwerde auch nicht gestützt ist) ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich: Zum einen betraf er nur in sehr vager Form weitere, in ihrem Beweiswert unklare Aufklärungsmöglichkeiten, zum anderen sollte er lediglich die schriftliche Stellungnahme zum Beweisergebnis ermöglichen (zu letzterem s. FG-Urteil S. 14).
b) Die Einwände gegen die Schätzung des FG betreffen im übrigen nicht das Verfahren, sondern die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils (s. dazu o. unter 1.); das gilt auch, soweit sie sich auf die Beweiswürdigung beziehen (BFH-Beschluß vom 18. Dezember 1998 X B 95/98, BFH/NV 1999, 811; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 28).
Fundstellen
Haufe-Index 422635 |
BFH/NV 2000, 304 |
BBK 2000, 395 |