Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung bei Aufhebung eines Grunderwerbsteuerbescheids wegen Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs
Leitsatz (NV)
§ 138 Abs. 2 Satz 1 FGO ist nicht anwendbar, wenn die Behörde einen Verwaltungsakt aus Gründen aufhebt oder ändert, die mit der Anfechtungsklage nicht oder jedenfalls noch nicht geltend gemacht worden sind. Wird deshalb der angefochtene Steuerbescheid gemäß § 16 GrEStG mit Rücksicht auf eine erst während des Klageverfahrens vollzogene Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs aufgehoben, richtet sich die Kostenverteilung ausschließlich nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 138 Abs. 1 FGO).
Normenkette
FGO § 116 Abs. 3 S. 3, § 138 Abs. 1-2; GrEStG § 16
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen 8 K 1456/05 GrE) |
Gründe
Nachdem die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, beschränkt sich die Entscheidung des Senats darauf, über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (vgl. § 138 Abs. 1, § 155 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 91a der Zivilprozessordnung --ZPO--).
Es entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, die Kosten des gesamten Rechtsstreits dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufzuerlegen. Denn seine Beschwerde hätte keinen Erfolg gehabt und nicht zur Zulassung der Revision geführt. Der Kläger wäre damit im Ergebnis mit seiner Klage erfolglos geblieben.
Soweit der Kläger geltend macht, das Finanzgericht habe von Amts wegen den Sachverhalt durch Vernehmung des beurkundenden Notars weiter aufklären müssen (Verstoß gegen § 76 FGO), genügt die Beschwerdebegründung schon nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Denn der Kläger teilt nicht mit, welche Tatsachen sich bei einer Vernehmung des Notars voraussichtlich ergeben und welche Auswirkungen diese auf den materiellen Inhalt des angefochtenen Urteils hätten haben können. Insbesondere hat der Kläger keine Tatsachen bezeichnet, die den Schluss zuließen, den Beteiligten sei es gerade auf die Beurkundung der Annahmeerklärung durch einen bestimmten Notar angekommen.
Soweit der Kläger ferner geltend macht, eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) erforderlich, kann dahinstehen, ob die Darlegungserfordernisse erfüllt sind, denn die von ihm zur Prüfung gestellte Rechtsfrage hat jedenfalls keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob eine Vereinbarung die Kaufpreisfälligkeit oder die Wirksamkeit der Übereignungsverpflichtung betrifft, ist eine Frage der Auslegung der konkreten Vertragsabreden. Dieser kommt nur für den Einzelfall Bedeutung zu.
Die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO, wonach die Behörde die Kosten des Verfahrens trägt, wenn sich der Rechtsstreit dadurch erledigt, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben wird, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Diese Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn die Behörde einen Verwaltungsakt aus Gründen aufhebt oder ändert, die mit der Anfechtungsklage nicht oder jedenfalls noch nicht geltend gemacht worden sind (BFH-Beschluss vom 10. Dezember 1986 II R 54/84, BFH/NV 1988, 111). Hiervon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Denn der angefochtene Steuerbescheid ist nicht wegen der im finanzgerichtlichen Verfahren geltend gemachten Klagegründe, sondern gemäß § 16 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) mit Rücksicht auf die erst während des Klageverfahrens vollzogene Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs aufgehoben worden (vgl. zum Verhältnis zwischen Steuerfestsetzungsverfahren und Änderungsverfahren nach § 16 GrEStG: BFH-Urteil vom 16. Februar 2005 II R 53/03, BFHE 209, 158, BStBl II 2005, 495).
Dass das angefochtene Urteil des FG wirkungslos geworden ist, folgt aus dem entsprechend anwendbaren § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO (vgl. § 155 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 1776151 |
BFH/NV 2007, 1707 |