Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung der Steuerberaterkammer bei Widerruf der Bestellung als Steuerberater
Leitsatz (NV)
Die Gefahr, dass der Steuerberaterkammer im Widerrufsverfahren Tatsachen bekannt werden, hinsichtlich derer sich der Kläger in berufsgerichtlichen Verfahren auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, steht der gebotenen notwendigen Beiladung der Steuerberaterkammer nicht entgegen.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzministerium ―FinMin―), mit dem das FinMin die Bestellung des Klägers als Steuerberater wegen Vermögensverfalls widerrufen hat. Das Finanzgericht (FG) hat im Klageverfahren die Steuerberaterkammer gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu dem Verfahren beigeladen. Gegen den Beschluss des FG über die notwendige Beiladung der Steuerberaterkammer wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
Der Kläger begründet die Beschwerde ―zusammengefasst― damit, dass die Steuerberaterkammer berufsgerichtliche Verfahren gegen ihn führe, in denen es zum Teil um parallele Sachverhalte gehe. In diesen Verfahren berufe sich der Kläger nicht nur auf seine Verschwiegenheitspflicht nach § 80 des Steuerberatungsgesetzes, sondern auch auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung, der in berufsgerichtlichen Verfahren entsprechende Anwendung finde. Er, der Kläger, habe sich in seiner in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahme gegenüber dem FinMin vom 8. November 1999 zu Vorwürfen geäußert, die auch Gegenstand eines berufsgerichtlichen Verfahrens seien und hinsichtlich deren er sich in jenem Verfahren auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berufen habe. Durch die Beiladung und die anschließende Information und gegebenenfalls Akteneinsicht der Steuerberaterkammer werde dieser Vorgang der Steuerberaterkammer bekannt. Gleichermaßen könne es sich mit anderen Beschwerdefällen verhalten, die Gegenstand berufsgerichtlicher Verfahren seien. Es könne nicht Aufgabe des FG sein, darüber zu entscheiden bzw. nachzuforschen, aus welchen Gründen er gegenüber der Steuerberaterkammer schweige. Da es die Rechtsprechung zum Widerruf der Steuerberaterbestellung wegen Vermögensverfalls dem Kläger auferlege, sowohl darzulegen, dass ein Vermögensverfall nicht bestehe, als auch darzulegen, dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien, könne nicht ausgeschlossen werden, dass eine Auskunftsverweigerung gegenüber dem FG Nachteile für den Kläger haben könne. Wegen des sich ergebenden Verfahrenskonflikts werde noch einmal ausdrücklich beantragt, den Rechtsstreit bis zum Abschluss des von der Steuerberaterkammer geführten berufsgerichtlichen Verfahrens auszusetzen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde, die sich gegen den Beschluss über die notwendige Beiladung der Steuerberaterkammer richtet, ist unbegründet.
Das FG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend entschieden, dass die Steuerberaterkammer im finanzgerichtlichen Verfahren wegen des Widerrufs der Bestellung als Steuerberater notwendig beizuladen ist (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 1992 VII B 189/91, BFH/NV 1992, 843, und vom 14. August 1997 VII B 66/97, BFH/NV 1998, 68). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Begründung des FG Bezug (§ 113 Abs. 2 Satz 3 FGO). Die gegen die angefochtene Entscheidung vorgebrachten Bedenken des Klägers greifen nicht durch.
Es ist im Verfahren wegen Widerrufs der Bestellung als Steuerberater allein Sache des Klägers, darüber zu entscheiden, welche Tatsachen er zur Widerlegung seines angeblichen Vermögensverfalls und dazu, dass durch den Vermögensverfall Auftraggeberinteressen nicht gefährdet werden, vortragen will. Sollte er sich durch seine Pflicht zur Verschwiegenheit oder ein in berufsgerichtlichen Verfahren bestehendes Auskunftsverweigerungsrecht gehindert sehen, bestimmte Tatsachen vorzutragen oder dazu Stellung zu nehmen, weil sie dadurch der Steuerberaterkammer wegen ihrer Beiladung zum Verfahren bekannt werden könnten, ist es Sache des Klägers, rechtzeitig darauf hinzuweisen. Das FG wird solche Hinweise bei Würdigung der Darlegungen des Klägers zu den Voraussetzungen, unter denen ein Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls in Betracht kommt, im konkreten Fall zu bewerten haben. Die Gefahr, dass der Steuerberaterkammer im Widerrufsverfahren Tatsachen bekannt werden, hinsichtlich deren sich der Kläger in berufsgerichtlichen Verfahren auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, steht aber der durch § 60 Abs. 3 FGO gebotenen notwendigen Beiladung nicht entgegen. Das gilt auch für den Fall, dass der Kläger im Widerrufsverfahren bereits Tatsachen vorgetragen hat, hinsichtlich deren er sich in einem berufsgerichtlichen Verfahren auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen hat.
Über die beantragte Aussetzung des Verfahrens hat nicht das Beschwerdegericht, sondern das FG zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 508825 |
BFH/NV 2000, 1496 |
DStRE 2000, 1176 |