Leitsatz (amtlich)
1. Zur notwendigen Beiladung bei einer Feststellungsklage über das Bestehen oder Nichtbestehen einer HGA-Schuld.
2. Das FG handelt in der Regel nicht ermessensfehlerhaft, wenn es den Antrag auf einfache Beiladung deshalb ablehnt, weil die Klage, zu der beigeladen werden soll, unzulässig ist.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 1, 3; LAG §§ 91, 127
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin ist durch unanfechtbar gewordenen Bescheid über die HGA als öffentliche Last vom Juli 1956 als Abgabeschuldnerin zur HGA herangezogen worden. Im Wege eines Zivilprozesses, der mit einem im Oktober 1964 geschlossenen Vergleich endete, wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, das Eigentum an dem Grundstück auf Herrn A zu übertragen, weil sie das Grundstück im Jahre 1946 nur treuhänderisch für ihn erworben habe. In der Folgezeit betrieb der Prozeßbevollmächtigte der Beschwerdeführerin bei dem Belegenheits-FA eine Zurechnungsfortschreibung des Grundstücks auf Herrn A zum 1. Januar 1948 bzw. 1. Januar 1949. Das Belegenheits-FA lehnte mit Bescheid vom Dezember 1967 die Durchführung einer förmlichen Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1948 ab. Nunmehr erhob der Prozeßbevollmächtigte der Beschwerdeführerin eine negative Feststellungsklage gegen das für die HGA zuständige FA mit dem Antrag festzustellen, daß zwischen der Beschwerdeführerin und der beklagten Behörde ein Abgabeschuldverhältnis, auf Grund dessen die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, für das Grundstück HGA zu entrichten, nicht bestehe. Im September 1968 beantragte der Prozeßbevollmächtigte, Herrn A gemäß § 60 Abs. 1 FGO zum Verfahren beizuladen. Mit Schreiben vom März 1969 teilte der Prozeßbevollmächtigte dem FG mit, daß die Bewertungsstelle des Belegenheits-FA nunmehr mit Bescheid vom Februar 1969 die Zurechnung des Grundstücks nachgeholt und es mit Wirkung vom 1. Januar 1948 der Beschwerdeführerin zugerechnet habe. Er teilte ferner mit, daß er gegen den Zurechnungsbescheid Einspruch eingelegt und gleichzeitig gebeten habe, den Rechtsbehelf als Sprungklage zu behandeln. Er beantrage daher, das Feststellungsverfahren bis zur Erledigung des Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Zurechnungsfortschreibungsbescheid auszusetzen.
Das FG lehnte sowohl die Aussetzung des Verfahrens als auch die Beiladung des Herrn A zum Verfahren über die Feststellungsklage ab, weil kein Fall einer notwendigen Beiladung gegeben sei. Eine einfache Beiladung komme nicht in Betracht, weil die Feststellungsklage unzulässig sei; denn die Beschwerdeführerin hätte den HGA-Bescheid anfechten können. Bei einer von vornherein als unzulässig erkennbaren Klage sei eine Beiladung aber unzweckmäßig.
Gegen den Beschluß wurde insoweit Beschwerde eingelegt, als der Antrag auf Beiladung des Herrn A zurückgewiesen worden ist. Zur Begründung der Beschwerde wurde ausgeführt, es liege hier der Fall einer einfachen Beiladung vor, denn zwischen der Beschwerdeführerin und dem Beizuladenden hätten Rechtsbeziehungen bestanden, die das Landgericht in dem Urteil vom Oktober 1963 als Treuhandverhältnis gewürdigt habe und deren Gegenstand das Streitgrundstück bildete, auf welchem die durch Grundpfandrechte gesicherten RM-Verbindlichkeiten infolge der Währungsumstellung zu Schuldnergewinnen geführt hätten. Ob das FG die Beiladung eines Dritten anordne, liege in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Hierbei spiele die Erfolgsaussicht des Rechtsstreits keine Rolle, sofern es zu einer Sachentscheidung komme. Es könne ernstlich nicht bestritten werden, daß die steuerlichen Interessen des Beigeladenen berührt würden, weil nur er als Schuldner der HGA in Betracht kommen könne, falls die Klägerin als Abgabeschuldnerin ausscheide. Wenn das FG die Feststellungsklage als unzulässig erachte und aus diesem Grunde die Beiladung als unzweckmäßig ansehe, so müsse dieser Auffassung widersprochen werden. Die hiermit im Zusammenhang stehenden Fragen könnten nur im Verlauf des Rechtsstreits zur Hauptsache erörtert und geklärt werden. Dem Beizuladenden müsse und solle die Möglichkeit eingeräumt werden, an diesem Verfahren teilzunehmen. Es komme für die Anordnung der Beiladung nicht darauf an, ob das in der anhängigen Streitsache ergehende Urteil irgendwelche unmittelbaren Rechtswirkungen zugunsten oder zu Lasten des Beigeladenen habe.
Das beklagte FA (Beschwerdegegner) hat beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.
Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG ist zutreffend und in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin davon ausgegangen, daß der Fall einer notwendigen Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 FGO nicht gegeben ist. Denn die den Gegenstand der Feststellungsklage bildende Feststellung des Nichtbestehens eines HGA-Schuldverhältnisses der Beschwerdeführerin ist nicht ein solches Rechtsverhältnis, an dem Dritte derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen könnte. Eine Feststellung des Gerichts im Sinne der Feststellungsklage müßte nicht gleichzeitig die Feststellung beinhalten, daß Herr A anstelle der Beschwerdeführerin Abgabeschuldner der HGA ab Währungsstichtag gewesen sei, und zwar schon deshalb nicht, weil die Entstehung der HGA nicht allein davon abhängt, wer Eigentümer des Grundstücks gewesen ist, sondern gemäß § 91 LAG davon, daß an dem maßgeblichen Stichtag der Grundstückseigentümer auch Schuldner der umgestellten dinglich gesicherten Verbindlichkeiten war. Das muß aber bei dem, der an die Stelle der zunächst als Eigentümer angesehenen Person getreten ist, nicht zwangsläufig der Fall sein. Es wäre durchaus denkbar, daß mit der Feststellungsklage antragsgemäß ein HGA-Schuldverhältnis des Klägers verneint würde, eine HGA-Schuld des wahren Eigentümers aber nicht entstanden ist, weil es an der Eigentümerschuldneridentität fehlte oder eine HGA-Schuld aus anderen Gründen nicht zur Entstehung gelangte. Ein solcher Fall liegt mithin rechtlich und verfahrensrechtlich völlig anders als ein Fall der echten Rechtsnachfolge im Eigentum des Grundtücks, weil hier die HGA-Schuld gemäß § 127 LAG mit Wirkung für alle Personen, die zeitlich nacheinander Eigentümer geworden sind, entstanden ist und daher ihnen gegenüber auch nur einheitlich festgestellt werden kann; in diesem Fall lägen die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 FGO vor.
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das FG die Beteiligung des Herrn A am Feststellungsverfahren unter dem Gesichtspunkt der einfachen Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) abgelehnt hat. Ob das Gericht die - einfache - Beiladung beschließt oder einen darauf gerichteten Antrag eines Prozeßbeteiligten ablehnt, hat es nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden. Das pflichtmäßige Ermessen des Gerichts gebietet dann eine Beiladung anderer, wenn deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden. Besteht nach Auffassung des Gerichts aber keine Möglichkeit, daß rechtliche Interessen anderer nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, dann würde es den prozeßökonomischen Grundsätzen, die für das Institut der einfachen Beiladung bestimmend gewesen sind, widersprechen, gleichwohl andere Personen beizuladen. So ist es im Streitfall. Die Beiladung wurde zu einer Feststellungsklage beantragt, die das FG als unzulässig ansieht, weil es - zutreffend - der Ansicht ist, daß mit einer Feststellungsklage die Feststellung des Nichtbestehens eines HGA-Schuldverhältnisses dann nicht mehr herbeigeführt werden kann, wenn die HGA durch unanfechtbar gewordenen HGA-Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin als Abgabeschuldnerin festgesetzt worden ist. Ist eine Feststellungsklage aber unzulässig, dann kann die Entscheidung über die Unzulässigkeit der begehrten Feststellung in keiner Weise die rechtlichen Interessen anderer berühren, sondern betrifft nur das Interesse der Beschwerdeführerin. Die Ablehnung der - einfachen - Beiladung war daher nicht ermessensfehlerhaft.
Fundstellen
Haufe-Index 68714 |
BStBl II 1970, 98 |
BFHE 1970, 290 |