Leitsatz (amtlich)
Eine Zolltarifsache im Sinne des § 116 Abs. 2 FGO liegt nur vor, wenn das FG durch sein Urteil über eine zolltarifrechtliche Frage entschieden hat.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 2
Tatbestand
Aufgrund der Bekanntmachung für die Gewährung von Zusatzbeträgen bei der Ausfuhr nach dritten Ländern im Rahmen von Gemeinsamen Marktorganisationen und Handelsregelungen vom 7. November 1969 (Bundesanzeiger 210 vom 11. November 1969) gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (HZA) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) durch Bescheide vom 5. Dezember 1969 und vom 13. Januar 1970 Zusatzerstattungen für zwei durch Ausgangsbescheinigungen vom 18. November 1969 und vom 30. Dezember 1969 nachgewiesene Ausfuhren von Schweinehälften. Nachdem durch eine Betriebsprüfung festgestellt worden war, daß bei einem Teil beider Sendungen von den Schweinehälften die Köpfe abgetrennt, den Sendungen jedoch beigefügt waren, forderte das HZA durch Bescheid vom 24. April 1972 von den Erstattungen insgesamt 307,85 DM zurück. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das HZA mit folgender Begründung zurück: Schweinehälften seien der Tarifst. 02.01 A III a 1 zuzuweisen, wobei es nicht darauf ankomme, ob es sich um solche mit oder ohne Kopf handele. Schweineköpfe fielen dagegen in die Tarifst. 02.01 B II c 1 und seien nicht erstattungsfähig. Da im maßgebenden Zeitpunkt die Köpfe bereits von den Schweinehälften getrennt gewesen seien, seien Waren unterschiedlicher Tarifnummern abgefertigt worden. Hierfür sei es ohne Bedeutung, aus welchem Grund die Köpfe abgetrennt worden seien.
Mit der Klage machte die Klägerin geltend: Die Köpfe seien nur aus Transportgründen abgetrennt worden. Durch diese Maßnahme hätten sie ihre Eigenschaft als Bestandteile der Schweinehälften nicht verloren. Da sie als Teil der Schweinehälften gehandelt worden seien, müsse sich die Tarifierung der gesamten Ware nach der Tarifstelle für Schweinehälften richten. Schweineköpfe könnten nur dann einer anderen Tarifstelle zugewiesen werden, wenn sie allein gehandelt würden.
Das FG Hamburg wies die Klage durch Urteil vom 26. Februar 1974 IV 80/72 H (EFG 1974, 372) ab und führte aus: Eine Zusatzerstattung sei nur für Schweinehälften, nicht aber für Schweineköpfe vorgesehen gewesen. Für die Feststellung von Menge, Art und Eigenschaft eines ausgeführten Erzeugnisses sei nach Art. 1 Abs. 1 bis 3 der VO (EWG) 1041/67 vom 21. Dezember 1967 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. 314/9 vom 23. Dezember 1967) der Tag maßgeblich, an dem die Zollstelle die Willenserklärung entgegennehme, das Erzeugnis unter Inanspruchnahme der Ausfuhrerstattung auszuführen.
Was unter Schweinehälften zu verstehen sei, entscheide sich nach den Vorschriften des Gemeinsamen Zolltarifs. Unter die Tarifst. 02.01 A III a 1 falle Fleisch und genießbarer Schlachtabfall von Hausschweinen in ganzen oder halben Tierkörpern, auch ohne Kopf. Im vorliegenden Falle gehörten zwar die abgetrennten Köpfe zu den halben Tierkörpern. Die Trennung habe aber bewirkt, daß zwei selbständige Waren, nämlich Köpfe und die restlichen Tierkörperhälften, ausgeführt worden seien. Die Köpfe hätten deshalb der für sie in Betracht kommenden Tarifst. 02.01 B II c 1 zugeordnet werden müssen, für die eine Erstattung nicht vorgesehen gewesen sei. Das FG belehrte die Beteiligten dahin, daß gegen sein Urteil die Revision nach § 116 Abs. 2 FGO gegeben sei.
Entscheidungsgründe
Die daraufhin von der Klägerin eingelegte Revision war gemäß § 124 und § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.
Gegen das Urteil eines FG steht den Beteiligten die Revision gemäß § 115 Abs. 1 FGO nur zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes 1 000 DM übersteigt oder wenn das FG die Revision zugelassen hat. Einer Zulassung der Revision bedarf es nach § 116 Abs. 2 FGO nicht, wenn diese sich gegen ein Urteil in einer Zolltarifsache richtet. Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Streitwert beträgt nur 307,85 DM, und das FG hat die Revision nicht ausdrücklich zugelassen. Seine Auffassung, gegen sein Urteil sei die Revision nach § 116 Abs. 2 FGO gegeben, ist rechtsirrig.
Bei der durch § 116 Abs. 2 FGO gegenüber § 115 Abs. 1 FGO getroffenen Ausnahmeregelung, daß es für die Revision gegen Urteile in Zolltarifsachen der Zulassung nicht bedarf, hat der Gesetzgeber unterstellt, daß die Entscheidungen der FG über zolltarifrechtliche Fragen stets grundstäzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO haben. Der Grund liegt darin, daß die Entscheidung über eine zolltarifrechtliche Frage über den Einzelfall hinaus für alle Waren derjenigen Gattung bedeutsam ist, zu der die streitbefangene Ware gehört (vgl. Beschluß des BFH vom 22. Dezember 1969 VII R 29/68, BFHE 98, 15, BStBl II 1970, 253). Eine Zolltarifsache im Sinne des § 116 Abs. 2 FGO liegt demnach nur vor, wenn das FG durch sein Urteil über eine zolltarifrechtliche Frage entschieden hat. Das ist hier nicht geschehen.
Zwischen den Beteiligten bestand kein Streit darüber, wie Schweinehälften ohne Kopf einerseits und Schweineköpfe andererseits zu tarifieren sind. Der Rechtsstreit ging vielmehr nur darum, ob die Schweineköpfe im vorliegenden Fall trotz ihrer Trennung von den Schweinehälften Bestandteile der Schweinehälften geblieben sind, weil sie als solche gehandelt wurden, ob also eine einheitliche Ware ausgeführt wurde. Bei der Entscheidung dieser Frage ist das FG von den Vorschriften des Art. 1 Abs. 1 bis 3 VO (EWG) 1041/67 über den maßgeblichen Zeitpunkt für die Feststellung von Menge, Art und Eigenschaft eines ausgeführten Erzeugnisses ausgegangen. Es hat die Frage mit der Begründung verneint, daß infolge der Trennung der Köpfe von den Schweinehälften zwei selbständige Waren entstanden waren und daß auf diese im maßgeblichen Zeitpunkt vorhanden gewesene objektive Beschaffenheit der Waren abzustellen sei, nicht etwa darauf, daß diese Beschaffenheit aus Transportgründen herbeigeführt worden sei. Die der Entscheidung der Streitfrage zugrunde gelegten Vorschriften des Art. 1 Abs. 1 bis 3 VO (EWG) 1041/67 gehören nicht zum Zolltarifrecht.
Die Revision war auch deshalb nach § 124 und § 126 Abs. 1 FGO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form begründet worden ist. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revisionsbegründung die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Das Gesetz verlangt zwar nicht, daß als verletzte Rechtsnorm eine bestimmte Gesetzesvorschrift benannt wird, wohl aber, daß eindeutig erkennbar sein muß, welche Gesetzesvorschrift der Revisionskläger für verletzt hält. Verzichtet der Revisionskläger auf die Angabe einer bestimmten Gesetzesvorschrift, dann müssen seine Ausführungen um so deutlicher die Art und den Umfang des Revisionsangriffs erkennen lassen, zumindest eine Auseinandersetzung mit den Gründen, auf denen das FG-Urteil beruht (vgl. die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 12. Februar 1975 VII R 5/72, BFHE 115, 180, BStBl II 1975, 609, und vom 23. März 1976 VII R 64/73, BFHE 118, 424, BStBl II 1976, 456). Diesen Anforderungen wird der Schriftsatz vom 6. Mai 1974, mit dem die Klägerin ihre Revision begründet hat, nicht gerecht. Er gibt zunächst die Auffassung des FG wieder, durch die Trennung der Köpfe von den Schweinehälften seien zwei selbständige Waren entstanden, und stellt ihr nur die Auffassung der Klägerin entgegen, durch das Abtrennen der Köpfe sei die objektive Beschaffenheit der Ware nicht verändert worden; erstattungsrechtlich komme es nur darauf an, daß die Schweinehälften samt der Köpfe ausgeführt worden seien. Es fehlt somit eine Auseinandersetzung mit den Gründen, auf denen das FG-Urteil beruht.
Fundstellen
Haufe-Index 72066 |
BStBl II 1977, 430 |
BFHE 1977, 400 |