Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Rückwirkende Rückforderung von Kindergeld bei Überschreiten des Jahresgrenzbetrages
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob die Familienkasse berechtigt ist, bereits gezahltes Kindergeld zurückzufordern, wenn sich während oder nach Ablauf eines Kalenderjahres herausstellt, dass die Einkünfte und Bezüge eines Kindes den maßgeblichen Jahresgrenzbetrag überschreiten, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 23.03.2004; Aktenzeichen 9 K 851/02 Kg) |
Nachgehend
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeschrift genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob bei Veränderung der Einkommensverhältnisse eines Kindes im Laufe eines Jahres im Hinblick auf die Kindergeldberechtigung eine Zäsur zu machen sei oder ob die Familienkasse berechtigt sei, bei Überschreiten des Jahresgrenzbetrages das bereits gezahlte Kindergeld zurückzufordern.
a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage ist indes nicht i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dargelegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Frage in neuerer Zeit mehrfach in dem Sinne entschieden, dass die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung überzahlten Kindergeldes zulässig seien, wenn sich während oder nach Ablauf eines Kalenderjahres herausstelle, dass die Einkünfte und Bezüge eines Kindes den maßgeblichen Jahresgrenzbetrag überschreiten (BFH-Urteile vom 26. Juli 2001 VI R 55/00, BFHE 196, 270, BStBl II 2002, 86; VI R 83/98, BFHE 196, 265, BStBl II 2002, 85; vom 16. April 2002 VIII R 76/01, BFHE 199, 116, BStBl II 2002, 525). Eine schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert in diesem Fall Ausführungen dazu, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantwortete Frage umstritten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Februar 2000 VIII B 67/99, BFH/NV 2000, 966, 968). Daran fehlt es im Streitfall. Der Kläger hat keine Äußerungen aus der jüngeren finanzgerichtlichen Rechtsprechung oder aus dem Schrifttum genannt, die sich kritisch mit der Rechtsprechung des BFH auseinandersetzen und beachtliche Gründe für ihre Änderung vorbringen.
b) Auch das Vorbringen des Klägers hinsichtlich verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die ständige Rechtsprechung des BFH zur Änderungsmöglichkeit von Kindergeldfestsetzungen im Falle des Überschreitens des Jahresgrenzbetrags ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die bloße Behauptung, eine Vorschrift sei verfassungswidrig, nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, sofern diese nicht offenkundig ist. Vielmehr ist für die Darlegung eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. Mai 2003 VIII B 163/02, BFH/NV 2003, 1313, m.w.N.; vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.
aa) Der Kläger hat einen Verstoß gegen Art. 3 GG nicht substantiiert geltend gemacht. Er begnügt sich mit der Behauptung, dass es unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht rechtmäßig sei, geleistetes Kindergeld zurück zu fordern, wenn sich das Einkommen eines Kindes zum Jahresende hin erhöht. Der Kläger hätte jedoch darlegen müssen, von welcher Seite und mit welchen Gründen die Verfassungsmäßigkeit der Ausgestaltung des Jahresgrenzbetrages des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Jahresbetrag angezweifelt wird.
bb) Auch an der substantiierten Darlegung der Verletzung des Art. 6 GG fehlt es. Ein Verstoß gegen Art. 6 GG liegt vor, wenn der Staat Regeln erlässt, die Eingriffe in die Familie gerade wegen der familiären Bindung vorsehen oder erlauben oder Familienmitglieder bei vergleichbarem Sachverhalt schlechter stellen als Nicht-Familienmitglieder (vgl. Coester-Waltjen in v. Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., Art. 6 Rn. 32, 37). Aus der Darstellung des Klägers ergibt sich weder das eine noch das andere.
Fundstellen
Haufe-Index 1266592 |
JWO-FamR 2004, 411 |