Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung bei Verneinung neuer Tatsachen
Leitsatz (NV)
Ob dem Finanzamt nachträglich Tatsachen bekannt geworden sind, die zur Änderung der Steuerfestsetzung berechtigen, ist regelmäßig nur für den Streitfall von Bedeutung und erfordert keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtssache.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vermietete in ihrem Betriebsgebäude Wohnungen. Sie zog die in Rechnungen über die an sie ausgeführte Vermietung des Betriebsgebäudes gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge vollständig als Vorsteuer ab. Als dies bei einer Umsatzsteuer-Außenprüfung erkannt worden war, änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1990 wegen neuer Tatsachen nach §173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und ließ in dem gemäß §68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens erklärten Umsatzsteueränderungsbescheid ... DM nicht mehr zum Vorsteuerabzug zu.
In der Einspruchsentscheidung führte das FA u. a. aus, es sei bei der Bekanntgabe der ursprünglichen Umsatzsteuerfestsetzung für 1990 nicht bekannt gewesen, daß die Klägerin die Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über die Miete des Betriebsgebäudes nicht aufgeteilt habe. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage unter Hinweis auf die seiner Ansicht nach rechtlich zutreffenden Gründe in der Einspruchsentscheidung (§105 Abs. 5 FGO) ab.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision "wegen grundsätzlicher Bedeutung der Beurteilung des Sachverhaltes". Da dem FA das zum Vorsteuerabzug berechtigende Mietverhältnis, so führte die Klägerin zur Begründung der Beschwerde aus, und die steuerfreie Vermietung der Wohnräume seit langem bekannt gewesen seien, hätte es die rechtlichen Folgen ziehen und die Vorsteuerbeträge aufteilen müssen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat Zulassungsgründe in der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Form (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO) nicht dargelegt oder bezeichnet. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat die Klägerin nicht dargelegt.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache fordert §115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO, daß der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte -- abstrakte -- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt sowie deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dartut (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 22. November 1995 VIII B 13/95, BFH/NV 1996, 348). Dazu muß erläutert werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. März 1994 VII B 44/94, BFH/NV 1994, 812; vom 17. Februar 1993 II B 118/92, BFH/NV 1994, 123), welche über den Streitfall hinausgehende Bedeutung eine Entscheidung über die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalls orientierte Rechtsfrage hat.
Im Streitfall hat die Klägerin innerhalb der Frist von einem Monat (§115 Abs. 3 Satz 1, 3 FGO) in diesem Zusammenhang keine abstrakte klärungsbedürftige Rechtsfrage hervorgehoben. Die Auslegung ihrer Beschwerdebegründung ergibt, daß nach ihrer Auffassung im Streitfall keine neuen Tatsachen i. S. von §173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 gegeben seien, die das FA zum Erlaß des Änderungsbescheids berechtigt hätten.
Selbst wenn diese Auffassung zutreffend wäre, ist damit noch keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung dargelegt; denn die bloße sachliche Unrichtigkeit der Vorentscheidung ist nicht mit der in §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO bezeichneten grundsätzlichen Bedeutung gleichzusetzen. Eine unzutreffende Rechtsanwendung im konkreten Fall rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Beschluß vom 14. Oktober 1992 III B 16/92, BFH/NV 1993, 546).
Gründe, die erst nach Ablauf der Frist (§115 Abs. 3 Satz 1 FGO) geltend gemacht werden, dürfen bei der Prüfung der Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt werden.
Fundstellen