Entscheidungsstichwort (Thema)
Stille Beteiligung an einer Kapitalanlagegesellschaft; Richterablehnung; Besetzungsrüge im Rahmen der NZB; Beurteilung der Zulässigkeit einer NZB nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen; Anforderungen an die Büroorganisation eines Prozessbevollmächtigten für die Frage der Wiedereinsetzung
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4; FGO § 116 Abs. 3 Sätze 1, 4, 3, § 115 Abs. 2, § 56 Abs. 1, § 128 Abs. 2, § 124 Abs. 2; GG Art. 101 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beteiligte sich als stiller Gesellschafter (Typ S) an der Y-AG. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollten die Anleger des Typs S u.a. eine Verlustzuweisung in Höhe der von ihnen geleisteten Einlage im Jahr ihres Beitritts erhalten. Streitig war u.a. die Mitunternehmerschaft der stillen Gesellschafter, die Einkünfteerzielungsabsicht der Anleger und der Y-AG sowie die zeitliche und umfängliche Zurechnung von Verlusten oder Aufwendungen.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage überwiegend stattgegeben. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe aus seiner Beteiligung an der Y-AG Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt. Eine Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG liege nicht vor. Die Absicht des Klägers, aus der Beteiligung an der Y-AG insgesamt positive Einkünfte zu erzielen, sei zu bejahen. Auf die Eignung der Y-AG ein positives Gesamtergebnis (noch) erzielen zu können, komme es nicht an. Die Verlustzuweisung könne steuerlich aber nicht in vollem Umfang anerkannt werden. Nur Verluste oder Aufwendungen, die nach dem Beitritt des Klägers im Beitrittsjahr entstanden seien, könnten ihm zugerechnet werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Juli 2002 IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447). Das gelte nicht nur für mitunternehmerisch Beteiligte, sondern gleichermaßen für stille Gesellschafter i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Den berücksichtigungsfähigen Verlustanteil des Klägers hat das FG auf 60 v.H. der vom Kläger geleisteten Einlage geschätzt. Für ihn handele es sich um Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--), für alle an der Y-AG im Streitjahr beteiligten Anleger des Typs S einheitlich und gesondert festzustellen habe.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat Gründe für die Zulassung der Revision nicht in einer den Anforderungen entsprechenden Weise schlüssig dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht bereits daraus, dass eine große Zahl von Anlegern und in der Summe auch beträchtliches Vermögen vom Ausgang des Verfahrens betroffen sind. Diese Betrachtung erfasst nur die tatsächliche, nicht aber die rechtliche Bedeutung der Streitsache. Eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage hat der Kläger nicht formuliert. Soweit er geltend macht, das FG habe übergangen, dass ihm nach dem Gesellschaftsvertrag die Rechte eines Kommanditisten zustehen sollten, rügt er sinngemäß die fehlerhafte Auslegung von Verträgen. Damit wird jedoch weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch ein Verfahrensmangel geltend gemacht. Etwaige Fehler des FG bei der Auslegung von Verträgen stellen grundsätzlich Mängel bei der Anwendung sachlichen Rechts dar (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29. Januar 2004 IV B 95/02, BFH/NV 2004, 949; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 3. November 1992 VI ZR 362/91, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1993, 538), die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 949; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 82). Mit dem Vorbringen, das FA, und diesem folgend das FG, hätten sein schutzwürdiges Vertrauen verletzt, macht der Kläger ebenfalls einen materiell-rechtlichen Fehler und keinen Revisionszulassungsgrund geltend.
2. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dass die Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1 Halbsatz FGO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbsatz FGO) zuzulassen ist. Mit der sinngemäß vom Kläger aufgestellten Behauptung, das FG sei von der Entscheidung des BFH in dem vorangegangenen Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung --AdV-- (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1447) abgewichen, indem es die Anleger des Typs S nicht als Mitunternehmer, sondern als stille Gesellschafter i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG angesehen habe, wird insbesondere eine Divergenz (dazu: Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 48) nicht schlüssig dargelegt. Der BFH hat im Verfahren wegen AdV nicht entschieden, dass die Anleger des Typs S Mitunternehmer sind; er hat lediglich ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung verneint werden könne. Dies schließt es jedoch nicht aus, die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft aufgrund von im Hauptsacheverfahren gewonnenen neuen Erkenntnissen zu verneinen. So liegt der Streitfall.
3. Ein Verfahrensfehler wird ebenfalls nicht schlüssig gerügt.
a) Der Kläger stellt zwar zu Recht fest, dass sein umfangreiches Vorbringen, etwa zu den Ursachen des Konkurses der Y-AG oder der Frage, ob die Y-AG im Zeitpunkt seines Beitritts ein positives Gesamtergebnis noch erzielen konnte, vom FG im Urteil nicht gewürdigt worden ist. Darin liegt jedoch weder eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) noch ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO oder ein sonstiger Verfahrensfehler. Nach der für das Vorliegen eines solchen Verfahrensfehlers allein maßgeblichen Rechtsansicht des FG richtet sich die Einkunftserzielungsabsicht bei einer stillen Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG --wie bereits erwähnt-- allein nach den Vorstellungen des Gesellschafters und nicht der Gesellschaft. Deswegen kam es auf die Verhältnisse der Y-AG nicht an.
b) Ohne Erfolg rügt der Kläger schließlich einen Verfahrensfehler, soweit sein gegen die Berufsrichter des FG-Senats gerichtetes Ablehnungsgesuch erfolglos geblieben ist. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Da dem Endurteil vorangegangene Entscheidungen, die nach der FGO unanfechtbar sind, nicht der Beurteilung der Revision unterliegen (§ 124 Abs. 2 FGO), kann eine Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht auf die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gestützt werden. Geltend gemacht werden können nur solche Verfahrensmängel, die als Folge der Ablehnung des Befangenheitsgesuchs dem angefochtenen Urteil anhaften. Ein Zulassungsgrund liegt daher nur vor, wenn die Ablehnung gegen das Willkürverbot verstößt oder ein Verfahrensgrundrecht verletzt wird. Das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) greift nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften ein. Deshalb hat eine Besetzungsrüge im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass der Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht nur fehlerhaft, sondern greifbar gesetzwidrig und damit willkürlich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 2004 VII B 170/04, BFH/NV 2005, 709, m.w.N.). Das ist vorliegend nicht der Fall.
4. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen-- nicht zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Dezember 2001 X B 112/01, BFH/NV 2002, 346, und vom 6. Juni 2003 III B 98/02, BFH/NV 2003, 1214). Die verlängerte Frist zur Beschwerdebegründung lief am 18. April 2005 ab. Die Senatsvorsitzende hat den Prozessbevollmächtigten am 26. April 2005 darauf hingewiesen, dass eine von ihm gefertigte Beschwerdebegründung innerhalb der Frist nicht eingegangen sei. Am 10. Mai 2005 hat der Prozessbevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden. Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die den Schluss rechtfertigen, sein Prozessbevollmächtigter sei ohne Verschulden verhindert gewesen, die gesetzliche Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Ein Verschulden seines Bevollmächtigten muss sich der Kläger zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO). Der Prozessbevollmächtigte hat lediglich vorgetragen, seine Schreibkraft habe den Schriftsatz nicht innerhalb des von ihm bestimmten Termins fertig gestellt. Daraus ergibt sich insbesondere nicht, dass die Schreibkraft den Auftrag auch rechtzeitig erhalten hatte. Ein Rechtsanwalt muss aber seine Arbeitsabläufe so organisieren, dass Fristen eingehalten werden können. Die von dem Prozessbevollmächtigten vorgelegten Begründungen können deshalb im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden.
Fundstellen