Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen Aussetzungsbeschluß des FG - Bindung des FG an zurückverweisendes Urteil des BFH

 

Leitsatz (NV)

Hat der BFH ein FG-Urteil, das zur Klage eines Miterben wegen der einkommensteuerlichen Auswirkung einer Erbauseinandersetzung ergangen ist, aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen, weil das Einkommensteuerverfahren wegen der noch vorzunehmenden gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 74 FGO auszusetzen sei, so sind das FG und der BFH hieran grundsätzlich gebunden. Der Kläger kann deshalb gegen den dementsprechend ergangenen Aussetzungsbeschluß des FG im allgemeinen mit der Beschwerde nicht einwenden, daß im Streitfall ein Feststellungsverfahren nicht vorgreiflich sei.

 

Normenkette

FGO §§ 74, 126 Abs. 5

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war mit seinen drei Geschwistern Miterbe nach seiner im Jahre 1970 gestorbenen Mutter. Zum Nachlaß gehörte ein Einfamilienhaus, das der Kläger nach Umbau und Instandsetzung in den Jahren 1971 und 1972 seit Juni 1972 selbst bewohnt. Durch Vertrag vom 28. Februar 1972 setzten sich die Miterben über den Nachlaß dahingehend auseinander, daß der Kläger gegen Zahlung von 140 000 DM an seine Geschwister Alleineigentümer des Einfamilienhauses wurde.

Die Klage, die sich dagegen richtete, daß der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) den Erwerb im Rahmen der Erbauseinandersetzung als unentgeltlich ansah, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erhöhte die AfA-Bemessungsgrundlage um Gebäudeanschaffungskosten von 112 000 DM.

Auf die Revision des FA hob der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 23. April 1985 IX R 33/80 die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, da dieses die Vorgreiflichkeit eines Feststellungsverfahrens übersehen habe. Bei den umstrittenen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die dem Kläger zugerechnet worden seien, handele es sich zumindest teilweise um Einkünfte mehrerer Beteiligter, da vor dem Übergang des Alleineigentums auf den Kläger die aus den vier Erben bestehende Miterbengemeinschaft Eigentümerin des Grundstücks gewesen sei. Dies könne zur Folge haben, daß Einkünfte aus dem Grundstück außer dem Kläger auch den übrigen Miterben zuzurechnen seien. Das FG müsse bei der hier gegebenen Verfahrenslage wegen der noch fehlenden gesonderten und einheitlichen Feststellung einer Besteuerungsgrundlage das Verfahren nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aussetzen.

Das FG hat das Verfahren durch Beschluß vom 29. Oktober 1985 nach § 74 FGO ausgesetzt.

Mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, wenden sich die Kläger gegen die Vorgreiflichkeit des Feststellungsverfahrens im Streitfall. Sie machen außerdem geltend, daß der Erlaß eines Feststellungsbescheids zur Unzulässigkeit der anhängigen Klage gegen den Folgebescheid (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605) und dazu führen würde, daß es erneut zu einem Rechtsstreit - über den Feststellungsbescheid - kommen würde.

Die Kläger beantragen sinngemäß, den angefochtenen Beschluß des FG aufzuheben.

Das FA beantragt sinngemäß, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Gemäß § 126 Abs. 5 FGO hat das FG, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des BFH zugrunde zu legen. Das FG war aufgrund des Urteils des erkennenden Senats im ersten Rechtszug verpflichtet, das Verfahren nach § 74 FGO auszusetzen. Die Bindung an die rechtliche Beurteilung im ersten Rechtszug entfällt nur dann, wenn sich im zweiten Rechtsgang ein anderer Sachverhalt ergibt oder wenn nach der Zurückverweisung eine rückwirkende Gesetzesänderung oder eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eintritt (vgl. BFH-Urteil vom 25. Februar 1976 I R 77/84, BFHE 118, 361, BStBl II 1976, 431 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Insbesondere beinhaltet der von den Klägern genannte BFH-Beschluß in BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605 keine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage. Die Bindung an die rechtliche Beurteilung im ersten Rechtszug gilt auch für den erkennenden Senat selbst.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414472

BFH/NV 1986, 618

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