Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 24c Nr. 1 VStG und Gleichbehandlungsgebot; § 110 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BewG a. F. und Verifikationsprinzip
Leitsatz (NV)
Es ist bereits höchstrichterlich geklärt, daß einigungsbedingte Sonderregelungen wie die des § 24c Nr. 1 VStG nicht gegen Art. 3 Abs 1 GG verstoßen. Durch die Rechtsprechung zum Einkommensteuerrecht ist ferner höchstrichterlich geklärt, daß das Einbeziehen des Kapitalvermögens in das sonstige Vermögen, und damit in das Gesamtvermögen, nicht wegen ungleichmäßiger Durchsetzung des staatlichen Steueranspruchs den Gleichheitssatz verletzt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; VStG § 24c Nr. 1; BewG § 110 Abs. 1 Nrn. 1-2
Nachgehend
Tatbestand
I. Durch Bescheid vom 5. Oktober 1994 wurde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf den 1. Januar 1993 erklärungsgemäß zur Vermögensteuer veranlagt. Dabei war u.a. erhebliches Kapitalvermögen erfaßt. Einspruch und Klage, mit denen er geltend gemacht hatte, die Steuerfestsetzung verstoße in zweierlei Weise gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG), weil die Vermögensteuer von natürlichen Personen mit Wohnsitz im Beitrittsgebiet nicht erhoben werde und weil die Besteuerung des Kapitalvermögens nicht dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten Verifikationsprinzip gerecht werde, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dem Abschn. C. III. 3 des BVerfG-Beschlusses vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) sei zu entnehmen, daß das Vermögensteuergesetz (VStG) auch ungeachtet sonstiger Verstöße gegen Art. 3 GG noch auf alle bis zum 31. Dezember 1996 verwirklichten Tatbestände anzuwenden sei.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie eine Abweichung von dem o.a. BVerfG-Beschluß geltend. Grundsätzliche Bedeutung soll den Rechtsfragen zukommen, ob zum einen § 24c Nr. 1 VStG und zum anderen § 110 Abs. 1 Nr. 1 und 2 sowie § 114 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der zum streitigen Stichtag geltenden Fassung i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 VStG mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG vereinbar seien. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des Verzichts auf die Vermögensteuer habe sich der Bundesfinanzhof (BFH) zwar schon geäußert (vgl. Beschluß vom 11. Juni 1997 II B 93/96, BFHE 183, 230, BStBl II 1997, 527) und ausgeführt, daß erst der Verzicht auf die Vermögensteuer und die Erhebung der Gewerbekapitalsteuer es ermöglicht habe, von einer flächendeckenden Feststellung der Einheitswerte für den Grundbesitz im Beitrittsgebiet abzusehen; diese Argumentation verschweige jedoch, daß für die Grundsteuer auch im Beitrittsgebiet Einheitswerte ―nämlich auf den 1. Januar 1935― festzustellen seien, die über eine Pauschalierung gemäß § 133 BewG auch der Vermögensteuer hätten zugrunde gelegt werden können. Grundsätzliche Bedeutung komme auch der Frage zu, ob die Besteuerung des Kapitalvermögens gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BewG dem Verifikationsprinzip entspreche. Die Besteuerung des Kapitalvermögens habe nach Ergehen der BVerfG-Entscheidung vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BStBl II 1991, 654) keine Änderung erfahren. Folgerungen seien durch das Zinsabschlaggesetz lediglich für die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen gezogen worden, wobei nach wie vor streitig sei, ob die Folgerungen ausreichten. Dies habe der BFH zwar durch Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95 (BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499) bejaht; unter dem Az. VIII R 6/98 sei aber noch ein weiteres Verfahren anhängig.
Die Abweichung der Vorentscheidung von dem BVerfG-Beschluß in BStBl II 1995, 655 bestehe darin, daß einerseits das BVerfG zu Beginn unter A. hervorgehoben habe, das damalige Verfahren betreffe nur die Frage, ob bei der Vermögensteuer die aus der gegenwärtigen Gesetzeslage folgende unterschiedliche steuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen mit dem Gleichheitssatz vereinbar sei, und daß andererseits das FG den Ausführungen des BVerfG unter C. III. 3 entnehme, daß das VStG ungeachtet weiterer Verstöße gegen den Gleichheitssatz auf jeden Fall bis zum 31. Dezember 1996 anwendbar sei.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung sind bereits höchstrichterlich geklärt. Die Gründe, wegen derer es geboten sein soll, daß das Revisionsgericht seinen Standpunkt nochmals überprüft, sind nicht schlüssig dargelegt.
a) Mit dem vom Kläger zitierten Beschluß in BFHE 183, 230, BStBl II 1997, 527 hat der Senat ausgeführt, daß und weshalb die übergangsweise Sonderregelung des § 136 Nr. 3 Buchst. b i.V.m. Nr. 4 Buchst. a BewG zwar eine Ungleichbehandlung, aber gleichwohl keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG darstellt. Der damit einhergehende Verzicht auf die Vermögensteuer ist danach aus einer Reihe von Gründen hinreichend sachlich gerechtfertigt. Dazu gehören die Förderung von Investitionen, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Verwaltungsvereinfachung und die Möglichkeit für die im Aufbau befindlichen Finanzbehörden, sich auf aufkommenstärkere Steuern zu konzentrieren. All diese Gründe treffen auch auf die Sonderregelung des § 24c VStG zu. Dem Hinweis des Klägers auf § 133 Abs. 1 BewG ist insoweit kein weiterer Klärungsbedarf zu entnehmen. Das gilt auch für den Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung. § 133 Abs. 1 BewG besagt nicht, daß die Einheitswerte 1935 tatsächlich flächendeckend vorhanden gewesen wären. Dies war im großen Umfang nicht der Fall, wie auch § 132 Abs. 2 BewG zeigt. Abgesehen davon wird die Vermögensteuerbefreiung des Grundvermögens im Beitrittsgebiet nicht durch § 24c VStG sondern durch § 136 Nr. 3 und 4 BewG erreicht, so daß der Vereinfachungseffekt des § 24c VStG darin besteht, die Ermittlung jedweden Vermögens zu erübrigen.
b) Die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob das Einbeziehen des Kapitalvermögens in das sonstige Vermögen gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BewG und damit in das Gesamtvermögen gemäß § 114 Abs. 1 BewG wegen ungleichmäßiger Durchsetzung des staatlichen Steueranspruchs den Gleichheitssatz des Art. 3 GG verletzt, ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Diese Frage ist durch das vom Kläger zitierte BFH-Urteil in BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499 bereits mitentschieden. Das Urteil ist zwar nur zur Einkommensteuer ergangen; die darin enthaltenen Ausführungen zur verfassungskonformen Auslegung des § 30a der Abgabenordnung (AO 1977) sowie zur Beschränkung der behördlichen Ermittlungsbefugnisse auf das Inland gelten jedoch gleichermaßen für die Vermögensteuer. Soweit in dem Urteil darüber hinaus der durch das Zinsabschlaggesetz vom 9. November 1992 (BGBl I, 1853, BStBl I 1992, 682) geschaffenen Zinsabschlagsteuer unter dem Gesichtspunkt der gleichmäßigen Steuererhebung Bedeutung zugemessen worden ist, schlägt dies ebenfalls auf die Vermögensteuer durch. Denn Maßnahmen, die dem gleichmäßigeren Erfassen der Kapitaleinkünfte dienen, ermöglichen auch den besseren Zugriff auf das Kapitalvermögen. Dies zeigen auch die in dem Urteil angesprochenen Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung gegen Banken wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Verschleierung von Geldüberweisungen auf verschwiegene Luxemburger Konten. Diese Maßnahmen dienen nicht nur der Ermittlung der Kapitaleinkünfte, sondern damit verbunden auch des Kapitalvermögens. Unter diesen Umständen hätte es zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer näheren Auseinandersetzung damit bedurft, ob und weshalb für die Vermögensteuer weitere Maßnahmen des Gesetzgebers erforderlich gewesen wären, um für eine verfassungsgemäße Durchsetzung des Besteuerungsanspruchs zu sorgen. Die Revision VIII R 6/98, auf die der Kläger als noch offenes Verfahren hingewiesen hat, ist mittlerweile durch Urteil vom 15. Dezember 1998 (Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 220 mit Anmerkung) als unbegründet zurückgewiesen worden.
2. Eine Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist nur dann schlüssig gerügt, wenn einem tragenden abstrakten Rechtssatz einer genau bezeichneten Entscheidung des BFH oder des BVerfG ein ebenfalls abstrakter tragender Rechtssatz aus der Vorentscheidung gegenübergestellt und daraus eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20. September 1993 V B 80/93, BFH/NV 1995, 512, sowie vom 31. August 1994 II B 58/94, BFH/NV 1995, 240). Diesem Erfordernis ist nicht genügt. Es fehlt bereits an der Wiedergabe eines abstrakten Rechtssatzes aus dem BVerfG-Beschluß in BStBl II 1995, 655, von dem das FG abgewichen sein könnte. Bei der zu Beginn des Beschlusses unter A. getroffenen Aussage handelt es sich nicht um einen abstrakten Rechtssatz, sondern um die Kurzfassung der zu entscheidenden Frage, die dem Beschluß zur schnellen Unterrichtung über den Verfahrensstoff und ohne eigenen Erkenntnisgehalt vorangestellt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 302362 |
BFH/NV 1999, 1395 |