Leitsatz (amtlich)
Hat das FA eine Außenprüfung durchgeführt, so kann die Verwertung der dadurch erlangten Erkenntnisse nur verhindert werden, wenn die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung festgestellt wird. Ob im Falle einer nichtigen Anordnung etwas anderes gilt, bleibt offen. Vorläufiger Rechtsschutz kann in diesem Stadium nur durch Aussetzung der Vollziehung der aufgrund der Prüfung ergehenden Steuerbescheide, nicht aber durch eine einstweilige Anordnung erlangt werden, die dem FA die Auswertung der Prüfungsfeststellungen untersagt.
Normenkette
FGO § 114 Abs. 1, 4, § 100 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) erstrebt den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) die Auswertung von Feststellungen aus einer Außenprüfung untersagt werden soll. Mit Verfügung vom 13. März 1981 ordnete das FA beim Antragsteller eine Außenprüfung für die Jahre 1976 bis 1979 an; die Anordnung enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. Die Prüfung wurde im April 1981 durchgeführt. Im August 1981 beantragte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, um die Auswertung der Prüfungsfeststellungen durch das FA zu verhindern. Er machte geltend, daß die Anordnung rechtswidrig und nichtig sei, weil sie keine erkennbare Unterschrift trage, keine Begründung enthalte und vom Sachgebietsleiter des Betriebsprüfungsdienstes erlassen worden sei.
Das FG wies den Antrag zurück, weil der Antragsteller sich durch Anfechtung der Berichtigungsbescheide gegen die Auswertung der Prüfungsfeststellungen wenden könne; es bestehe deshalb kein Grund für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob das FA bereits sämtliche Prüfungsfeststellungen ausgewertet habe und der Antrag schon aus diesem Grunde keinen Erfolg haben könne.
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller Beschwerde erhoben. In der Beschwerdeinstanz ist zwischen den Beteiligten unstreitig, daß das FA aufgrund der Feststellungen in der Außenprüfung auch für die übrigen Jahre des Prüfungszeitraums Berichtigungsbescheide erlassen hat. Der Antragsteller hat gegen diese Bescheide Einspruch erhoben. Gegen die nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Prüfungsanordnung hat er im Januar 1982 Beschwerde zur Oberfinanzdirektion (OFD) eingelegt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben; das FG hat den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Anordnung mit zutreffenden Erwägungen zurückgewiesen.
Um das FA davon abzuhalten, rechtswidrig erlangte Tatsachenkenntnisse in Steuerbescheiden auszuwerten, muß der Steuerpflichtige grundsätzlich die Rechtswidrigkeit der Ermittlungsmaßnahmen in einem besonderen Verfahren feststellen lassen. Deshalb muß ein Steuerpflichtiger, der die Anordnung einer Außenprüfung beanstandet, diesen Verwaltungsakt mit Beschwerde und Anfechtungsklage angreifen. Wird die Prüfung gleichwohl durchgeführt, so erledigt sich zwar damit der Verwaltungsakt; der Steuerpflichtige kann jedoch im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) den Ausspruch herbeiführen, daß die Prüfungsanordnung rechtswidrig war (BFH-Urteil vom 9. Mai 1978 VII R 96/75, BFHE 125, 144, BStBl II 1978, 501). Eine solche Feststellung ist auch dann möglich, wenn die Prüfung - wie im Streitfall - bereits vor Erhebung der Klage durchgeführt war (BFH-Urteil vom 7. August 1979 VII R 14/77, BFHE 128, 346, BStBl II 1979, 708). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit hindert die Verwertung der Prüfungserkenntnisse (Urteil in BFHE 125, 144, BStBl II 1978, 501). Sind die Prüfungsfeststellungen bereits in Steuerbescheide eingegangen, so werden die aus ihnen gezogenen Folgerungen mittels Einspruch und Klage gegen diese Bescheide beseitigt (BFH-Beschluß vom 11. Juli 1979 I B 10/79, BFHE 128, 170, BStBl II 1979, 704).
Für eine einstweilige Anordnung, mit der dem FA die Auswertung rechtswidriger Prüfungsfeststellungen untersagt werden soll, ist bei dieser Gestaltung kein Raum. Für ihren Erlaß besteht kein Anordnungsgrund im Sinne von § 114 Abs. 1 FGO, weil dem Steuerpflichtigen die Verfolgung seiner Rechte durch das Ergehen der die Prüfungsfeststellungen auswertenden Steuerbescheide weder vereitelt noch wesentlich erschwert wird (Entscheidung in BFHE 128, 170, BStBl II 1979, 704). Er kann nach Durchführung der Außenprüfung vorläufigen Rechtsschutz dadurch erlangen, daß die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide im Hinblick auf die gesondert gerügte Rechtswidrigkeit der Prüfungsfeststellungen ausgesetzt wird. Diese Möglichkeit geht nach § 114 Abs. 5 FGO dem Erlaß einer einstweiligen Anordnung vor.
Hiervon ist auch im Streitfall auszugehen, in dem der Steuerpflichtige gegen die Prüfungsanordnung erst nach Ergehen der Steuerbescheide Beschwerde erhoben hat. Ob die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung auch dann in einem gesonderten Verfahren festgestellt werden muß, wenn es sich dabei um einen nichtigen Verwaltungsakt handelt, wovon der Antragsteller im Streitfall ausgeht, oder ob in diesem Fall die Rechtswidrigkeit auch im Verfahren gegen die Steuerbescheide festgestellt werden kann, braucht nicht geprüft zu werden; auch bei dieser Gestaltung kann vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide erlangt werden. Zu Unrecht beruft sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf den BFH-Beschluß vom 1. Oktober 1981 IV B 13/81 (BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133), in dem der Senat es als möglich bezeichnet hat, daß dem FA durch einstweilige Anordnung untersagt wird, Folgerungen aus einem nichtigen Bescheid zu ziehen. Diese Möglichkeit besteht, wie der Senat ausgeführt hat, nur im Rahmen des § 114 FGO, dessen Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt sind. Ein vorläufiges Verbot der Tatsachenauswertung würde hier auch nicht zum Erfolg führen, weil das FA die Auswertung bereits vorgenommen und Steuerbescheide erlassen hat. Die vorläufige Aufhebung der Bescheide, die der Antragsteller nach seinem Antrag möglicherweise erstrebt, kommt im Verfahren des § 114 FGO nicht in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 74089 |
BStBl II 1982, 659 |
BFHE 1983, 192 |