Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangsregelung zur Zwischenvermietung bei öffentlicher Wohnungsbauförderung
Leitsatz (NV)
Übergangsregelungen gem. § 163 AO 1977 zur Anwendung des BFH-Urteils vom 23. August 1984 V R 87/78 (BFHE 142, 156, BStBl II 1984, 731) - Zwischenvermietung bei öffentlicher Wohnungsbauförderung -, z.B. die Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 8. Januar 1985 S 7300, beschränken sich auf die Nichtberücksichtigung des Umstandes der Wohnungsbauförderung bei der rechtlichen Würdigung der Zwischenvermietung und enthalten keine Billigkeitsmaßnahmen zur Anwendung des § 42 AO 1977 im übrigen.
Normenkette
UStG 1980 § 15 Abs. 1, 3; AO 1977 § 163
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) errichtete in den Jahren 1981 bis 1983 unter Inanspruchnahme von Aufwendungsdarlehen mehrere Ein- und Mehrfamilienhäuser, die er an einen Zwischenmieter vermietete. Nach Verzicht auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze begehrte er den Abzug der ihm anläßlich der Gebäudeerrichtung in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) versagte den Vorsteuerabzug und führte in der Einspruchsentscheidung vom 11.Februar 1985 aus: Die vom Kläger gewählte rechtliche Gestaltung stelle einen Mißbrauch i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) dar. Es seien keine wirtschaftlichen Gründe für den Abschluß des Zwischenmietvertrages gegeben. Der erste vom Kläger eingesetzte Zwischenvermieter könne nicht als geeigneter Garant für den sicheren Eingang der Mieten angesehen werden. Außerdem habe der Kläger durch Zahlung an den Zwischenvermieter das Mietausfallrisiko letztlich selber getragen. Die Vermietung an den nachfolgenden Zwischenvermieter sei ebenfalls wirtschaftlich nicht gerechtfertigt gewesen, weil die Wohnungen zu diesem Zeitpunkt bereits an Endmieter vermietet gewesen seien. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 23. August 1984 V R 87/78 (BFHE 142, 156, BStBl II 1984, 731) bei mit Aufwendungsdarlehen geförderter Gebäuederrichtung ein (Zwischen-)Mietverhältnis bereits deshalb verneint, weil in diesen Fällen wegen der Bindungen nach dem Wohnungsbindungsgesetz einem vom Verfügungsberechtigten in die Vermietung eingeschalteten Dritten keine Rechte eingeräumt werden könnten, die über die Rechte eines weisungsgebundenen Beauftragten hinausgehen. Zwar könne nach der Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf vom 8. Januar 1985 S 7300 A - St 144 eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO 1977 unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Dies sei im Streitfall aber nicht möglich, weil das vereinbarte Zwischenmietverhältnis gemäß § 42 AO 1977 nicht anerkannt werden könne.
Die hiergegen gerichtete Klage nahm der Kläger mit Rücksicht auf das Urteil des BFH V R 87/78 zurück.
Mit Schreiben vom 23. Mai 1985 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf die OFD-Verfügung vom 8. Januar 1985, die Umsatzsteuer aus Billigkeitsgründen unter Berücksichtigung der geltend gemachten Vorsteuerbeträge festzusetzen. Nach Ablehnung durch das FA wies die OFD die Beschwerde mit folgender Begründung zurück: Bis zum Ergehen des BFH-Urteils V R 87/78 sei bei der Bewilligung von Mitteln aus den Wohnungsbauförderungsprogrammen des Landes Nordrhein-Westfalen die Einschaltung eines Zwischenmieters nicht beanstandet worden. Dies rechtfertige eine Billigkeitsmaßnahme aber nur in den Fällen, in denen - mit Rücksicht auf das BFH-Urteil V R 87/78 - der Umstand der Förderung mit öffentlichen/nichtöffentlichen Mitteln der einzige Grund für die umsatzsteuerrechtliche Nichtanerkennung des Zwischenmietverhältnisses gewesen sei. Im Streitfall müsse jedoch nach anderen, auch für den frei finanzierten Wohnungsbau geltenden Kriterien dem Zwischenmietverhältnis die steuerliche Anerkennung versagt werden. Hierzu verwies die OFD auf die Einspruchsentscheidung des FA.
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab und führte zur Begründung aus: Die OFD habe durch ihre Verfügung das Ermessen der FÄ bei der Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme in bestimmter Weise gebunden, und der Kläger könne verlangen, daß sein Steuerfall entsprechend der Verfügung behandelt werde. Nach der Verfügung der OFD seien die FÄ gehalten, in den Fällen der Förderung mit Wohnungsbaumitteln hypothetisch zu prüfen, ob ein Zwischenmietverhältnis unter Beachtung der geltenden Verwaltungsvorschriften anzuerkennen sei. Hierbei sei die rechtliche Würdigung gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der gerichtlichen Nachprüfung entzogen; nur eine abwegige Würdigung sei im Sinne dieser Vorschrift rechtswidrig.Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, mit der er die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Verfahrensmängeln begehrt. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob das FG seine rechtliche Prüfung auf die Abwegigkeit der vom FA vertretenen Rechtsansicht habe beschränken dürfen oder ob das FG die Auffassung des FA vom Vorliegen eines Gestaltungsmißbrauchs uneingeschränkt auf ihre Rechtmäßigkeit habe überprüfen müssen. Im letzteren Fall habe das FG den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt.
Das FA hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Beschwerde kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage gemäß § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO zugelassen werden, weil diese Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden könnte.
a) Die OFD-Verfügung enthält im Rahmen einer Übergangsregelung eine Anweisung an die FÄ, bei Billigkeitsmaßnahmen in Zwischenvermietungsfällen mit öffentlicher Förderung der Baumaßnahme ihr Ermessen in bestimmter Weise zu betätigen. Die FÄ sollen den Umstand der Wohnungsbauförderung mit Aufwendungsdarlehen, der nach dem BFH-Urteil V R 87/78 für sich allein genommen die Annahme einer (Zwischen-)Vermietung ausschließt, als Besteuerungsgrundlage i.S. des § 163 Abs. 1 AO 1977 (zum Begriff der Besteuerungsgrundlage vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 163 AO 1977 Tz.5) bei der Steuerfestsetzung außer acht lassen. Auf die Aussage zu dieser Besteuerungsgrundlage beschränkt sich die OFD-Verfügung. Sie enthält keine Regelung bezüglich der Anwendung des § 42 AO 1977 in den Fällen der Wohnungsbauförderung. Ihr Hinweis auf die ,,Handhabung nach den allgemeinen Kriterien (wie im frei finanzierten Wohnungsbau)" und (,,insbesondere") auf einen Erlaß sowie die Niederschrift einer Umsatzsteuer-Gruppenbesprechung dient lediglich zur Klarstellung ihres beschränkten Regelungsumfangs.
Eine abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 AO 1977 (hier: Abzug der geltend gemachten Vorsteuern) auf der Grundlage der OFD-Verfügung (Nichtberücksichtigung der Wohnungsbauförderung) kommt daher nur in Betracht, wenn eine Steuerfestsetzung durch das FA oder das FG vorliegt, die sich ausschließlich auf den Umstand der Wohnungsbauförderung im Sinne des BFH-Urteils V R 87/78 stützt. Beruht hingegen die Steuerfestsetzung durch FA oder FG (zumindest auch) auf dem Rechtsgrund aus § 42 AO 1977, ist die OFD-Verfügung nicht einschlägig. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der auf § 42 AO 1977 gestützten Steuerfestsetzung erfolgt dann im Anfechtungsverfahren (d.h. es kommt nicht zu einer wiederholenden Prüfung der Rechtmäßigkeit in einem Billigkeitsverfahren, das auf der OFD-Verfügung beruht).
b) Das FA hat ausweislich der Einspruchsentscheidung die Steuerfestsetzung allein auf § 42 AO 1977 gestützt und aus Billigkeitsgründen unter Beachtung der OFD-Verfügung die Besteuerungsgrundlage ,,Wohnungsbauförderung" außer acht gelassen. Damit kam eine abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 AO 1977 auf der Grundlage der OFD-Verfügung nicht in Betracht.
Das FA hat dies bereits in der Einspruchsentscheidung ausgesprochen. Die ablehnende Entscheidung des FA über den Antrag des Klägers vom 23. Mai 1985 auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen sowie die Beschwerdeentscheidung der OFD waren demnach lediglich eine Wiederholung der bereits in der Einspruchsentscheidung vom 11.Februar 1985 getroffenen Entscheidung, die die Nichtberücksichtigung der Besteuerungsgrundlage (Wohnungsbauförderung durch Aufwendungsdarlehen) aufgrund der OFD-Verfügung vom 8. Januar 1985 zum Gegenstand hatte.
Die Ablehnung der Billigkeitsmaßnahme ist somit zu Recht erfolgt, ohne daß es auf die Rechtsansicht des FG, die Steuerfestsetzung durch das FA sei bezüglich der Anwendung des § 42 AO 1977 im Streitfall nur auf Abwegigkeit zu untersuchen, ankommt. Die
Rechtsansicht des FG könnte demnach in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
2. Unter Zugrundelegung des Rechtsstandpunkts des FG liegen keine Verfahrensmängel vor. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr.6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.
Fundstellen