Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung der Vollstreckung gegen eine Finanzbehörde
Leitsatz (NV)
1. Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Einstellung der Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß bei Abtretung der Kostenforderung an den Prozeßbevollmächtigten.
2. Zur einstweiligen Einstellung der Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß.
Normenkette
FGO §§ 128, 151 Abs. 1 S. 1; ZPO § 769
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) hat gegen die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin zu 1 (Beschwerdeführerin zu 1) Klage erhoben mit dem Antrag, die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Finanzgerichts (FG) vom 2. Juni 1986 VI- 5692-IV K 231/84 für unzulässig zu erklären. Zur Begründung der Klage macht das FA geltend, daß es gegen die nach dem Kostenfestsetzungsbeschluß von ihm an die Beschwerdeführerin zu 1 zu erstattenden Kosten mit rückständiger Einkommensteuer 1981, fällig am 15. Februar 1984, und Einkommensteuer 1982, fällig am 18. März 1985, aufgerechnet habe. Die Aufrechnungen seien dem Prozeßbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zu 1 am 13. November 1985 bzw. am 1. August 1986 mitgeteilt worden.
Mit der Klageerhebung beantragte das FA gleichzeitig, die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß bis zum Erlaß des Urteils aufgrund der Klage auszusetzen.
Das FG lehnte diesen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung zunächst ab, weil es der Auffassung war, daß es an der nach § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erforderlichen Gegenseitigkeit fehle. Der Beschwerde des FA half das FG jedoch mit der Begründung ab, das FA habe die Gegenseitigkeit glaubhaft gemacht. Es stellte die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß bis zum Erlaß des Urteils ein.
Die Beschwerdeführerin zu 1 und ihr Prozeßbevollmächtigter (Beschwerdeführer zu 2) erhoben gegen die Entscheidung des FG, mit dem dieses die Vollstreckung bis zum Erlaß eines Urteils eingestellt hat, Beschwerde. Sie sind der Meinung, die Aufrechnung des FA gehe deswegen ins Leere, weil Inhaber der Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß nach Abtretung nicht mehr die Beschwerdeführerin zu 1, sondern der Beschwerdeführer zu 2 gewesen sei.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Es hält die Aufrechnung für wirksam und macht geltend, seine Forderung sei am . . . 1983 fällig gewesen, während ihm die Abtretung erst am . . . 1985 angezeigt worden sei.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist nicht zulässig, soweit sie von dem Beschwerdeführer zu 2 (Prozeßbevollmächtigter) im eigenen Namen eingelegt worden ist. Dieser ist durch den angefochtenen Beschluß des FG nicht beschwert (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 128 Anm. 6).
Eine Beschwerdebefugnis i. S. des § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - (vgl. dazu Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 128 FGO Tz. 20) scheidet schon deshalb aus, weil der Beschwerdeführer zu 2 von der Entscheidung des FG nicht betroffen ist. Er ist weder Beteiligter i. S. des § 128 Abs. 1 FGO noch befaßt sich der angefochtene Beschluß sonst unmittelbar mit ihm (vgl. Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Februar 1984 Nr. 14 II 48, Bayer. VGH n. F. 1, 71; v. Wallis in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 128 FGO Anm. 26 a; Ziemer / Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 128 Anm. 13).
2. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1 ist zulässig. Diese ist durch den Beschluß des FG beschwert, mit dem die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß einstweilen eingestellt worden ist. Eine Beschwerde liegt dann vor, wenn die Entscheidung des Gerichts hinter dem Antrag des durch die Entscheidung Betroffenen zurückbleibt (vgl. v. Wallis in Hübschmann / Hepp / Spitaler, a.a.O., § 128 FGO Anm. 8). Diese formelle Beschwerde ergibt sich daraus, daß das FG entgegen ihrem Antrag die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß eingestellt hat.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zum Erlaß des Urteils über die sog. Vollstreckungsabwehrklage ist zwar statthaft, und eine solche Entscheidung ist in sinngemäßer Anwendung des § 769 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zu treffen (§ 151 Abs. 1 Satz 1 FGO; vgl. Beschluß des Senats vom 23. September 1986 VII B 57/86, BFH / NV 1987, 253). Die Entscheidung über die Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes ist aber in das freie Ermessen des Gerichts gestellt, bei dessen Ausübung sowohl die Aussichten der Klage als auch die den Parteien drohenden Nachteile zu berücksichtigen sind (vgl. BFH / NV 1987, 253, 254). Die bisherige Rechtslage rechtfertigt die Entscheidung, die Vollstreckung bis zum Erlaß des Urteils aufgrund der erhobenen Vollstreckungsabwehrklage einzustellen, weil ein Erfolg der Klage nicht ausgeschlossen erscheint. Mit Rücksicht darauf und auch unter Beachtung des Umstandes, daß die Beschwerdeführerin zu 1, wie den vorliegenden Unterlagen zu entnehmen ist, erhebliche Steuerschulden hat, ist es der Beschwerdeführerin zu 1 zumutbar, mit der Vollstreckung zuzuwarten, bis über die Klage entschieden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 415467 |
BFH/NV 1988, 505 |