Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Beiladung
Leitsatz (NV)
Im Verfahren nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO i. V. m. § 25 Abs. 1 Satz 1 GKG richtet sich die Streitwertfestsetzung für eine zu Unrecht beschlossene Beiladung grundsätzlich nach dem Interesse des zu Unrecht Beigeladenen an der Aufhebung des Beiladungsbeschlusses (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Nur wenn dieses nicht ohne weiteres zu ermitteln ist, greift § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG ein.
Normenkette
FGO § 60; AO 1977 § 174 Abs. 4; BRAGO § 8; GKG §§ 13, 25
Tatbestand
Streitig war in dem beim Finanzgericht (FG) im zweiten Rechtsgang anhängigen (inzwischen dort abgeschlossenen) Klageverfahren Eheleute A ./. FA wegen Einkommensteuer 1971, ob Geldzahlungen, die der Kläger, O. A. (Kläger), der Bruder der beigeladenen E. B. - der Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin (Beschwerdeführerin) - aufgrund testamentarischer Anordnungen seines 1970 verstorbenen Vaters gegenüber der Witwe und den beiden Töchtern des Erblassers, darunter der Beschwerdeführerin, monatlich erbracht hatte, bei den Sonderausgaben der zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger mit dem Ertragsanteil oder in vollem Umfang als dauernde Last abzuziehen seien (vgl. auch das Revisionsverfahren hierzu, abgeschlossen durch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. November 1985 IX R 2/82, BFHE 145, 368, BStBl II 1986, 261).
Zu diesem Verfahren hatte das FG mit Beschluß vom 28. Januar 1987 unter Berufung auf § 60 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) die Beschwerdeführerin (ebenso wie deren Schwester) mit der Begründung beigeladen, durch die Entscheidung über die Geldleistung würden auch die rechtlichen Interessen der Zahlungsempfängerinnen berührt.
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin hob der BFH deren Beiladung ersatzlos auf und verpflichtete das beklagte Finanzamt (FA) zur Kostentragung (Beschluß vom 10. Juni 1988 IX B 102/87, nicht veröffentlicht - NV -).
Aufgrund dieser Entscheidung beantragten die Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin Kostenfestsetzung. Dies veranlaßte das FA, unter Berufung auf § 8 Abs. 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) gerichtliche Streitwertfestsetzung zu beantragen.
Nach dem Begehren des FA soll der Streitwert auf 4 000 DM festgestellt werden.
Die Beschwerdeführerin hat auf entsprechende Anfrage mitgeteilt, daß sich ihre Einkommensteuerschuld bei negativem Prozeßverlauf um ca. 2 000 DM erhöht hätte.
Entscheidungsgründe
1. Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Gegenstandswertes (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO i. V. m. § 25 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG -) ist zulässig. Das hierfür erforderliche Rechtsschutzinteresse (vgl. BFH-Beschluß vom 17. November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287, 289) ist gegeben, weil sich der für die Kostenfestsetzung maßgebliche Wert nicht unmittelbar aus einem Sachantrag ableiten läßt. - Die Beschwerdeführerin, deren Bevollmächtigte gerichtliche Kostenfestsetzung beantragt haben, hat als Beigeladene einen Sachantrag nicht gestellt. Mit ihrer Beschwerde hat sie nur den Willen bekundet, am Klageverfahren nicht beteiligt zu sein, aber nicht zu erkennen gegeben, inwieweit sie durch die Beiladung beeinträchtigt war. Das Klagebegehren ist keine geeignete Bezugsgröße, weil es wegen der unterschiedlichen Interessenlage über die hier allein interessierende Bedeutung der Sache für die Beigeladene nichts aussagt.
2. Der Gegenstandswert war gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG (vgl. auch § 13 Abs. 2 GKG) nach dem im Festsetzungsverfahren erklärten Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufhebung des Beiladungsbeschlusses auf 2 000 DM festzusetzen. - Für den vom FA vorgeschlagenen pauschalen Wertansatz fehlt die Rechtsgrundlage: Der in § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG geregelte Auffangtatbestand greift nur ein, wenn der Sach- und Streitstand - anders als hier - keine genügenden Anhaltspunkte für eine genauere Bemessung bietet. Die Regelung des § 8 Abs. 2 BRAGO schließlich, auf die im Antrag des FA auf Festsetzung des Streitwerts verwiesen ist, gilt nur außerhalb des gerichtlichen Verfahrens.
Fundstellen
Haufe-Index 416907 |
BFH/NV 1990, 665 |