Entscheidungsstichwort (Thema)
Bilanzberichtigung bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr
Leitsatz (NV)
- Die Korrektur eines unrichtigen Bilanzansatzes dient nicht der Korrektur früherer Jahre, sondern soll die zutreffende Erfassung des Totalgewinns für die Folgejahre gewährleisten.
- Der Grundsatz der richtigen Erfassung des Totalgewinns führt nicht dazu, dass bei einem Landwirt mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr eine Bilanzberichtigung erst in der Bilanz vorgenommen werden darf, für die die Veranlagungen der beiden in Betracht kommenden Feststellungszeiträume noch offen sind.
Normenkette
AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 4 Abs. 1-2, § 4a Abs. 2 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Dabei kann dahinstehen, ob ―wie die Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) meinen― der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ―FA―) die geltend gemachte Abweichung von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ―BFH― (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet und dargelegt hat. Denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
1. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Abweichung von dem BFH-Urteil vom 25. April 1990 I R 78/85 (BFH/NV 1990, 630). In dem dort entschiedenen Fall hat der I. Senat unter Hinweis auf die eigene Rechtsprechung und die des Großen Senats ausgeführt, dass nach dem ―aus § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgeleiteten― Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs (abgesehen von Ausnahmen) das der bestandskräftigen Veranlagung zugrunde liegende Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres mit dem zu Beginn des Folgejahres identisch sei; durch diese Zweischneidigkeit der Bilanzen werde trotz einer eventuellen zeitlichen Gewinnverlagerung ein Fehlerausgleich im jeweiligen Besteuerungsabschnitt im Interesse der zutreffenden Besteuerung des betrieblichen Totalgewinns ermöglicht. Von der im ersten Teil enthaltenen Aussage ist das Finanzgericht (FG) schon deshalb nicht abgewichen, weil die zum 30. Juni 1991 berichtigte Bilanz der Kläger mit der auf ihr beruhenden Anfangsbilanz zum 1. Juli 1991 identisch ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Korrektur eines unrichtigen Bilanzansatzes ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ist (vgl. auch das Senatsurteil vom 19. August 1999 IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18) und so verfahrensrechtlich die zutreffende Erfassung des Totalgewinns Vorrang vor der zutreffenden Erfassung des Periodengewinns erhält. Damit wird nicht die Korrektur früherer Jahre, sondern der Folgejahre gewährleistet (Senatsurteil in BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18).
Eine Divergenz zu dem BFH-Urteil in BFH/NV 1990 630 ist auch nicht etwa deshalb anzunehmen, weil das FG darauf abgestellt hat, dass der Bilanzierungsfehler in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres 1990/91 zu berichtigen sei, obwohl der Feststellungsbescheid 1990 bereits bestandskräftig war und mithin die auf den Feststellungszeitraum 1990 entfallende Gewinnauswirkung unberücksichtigt blieb. Die dabei vom FG zugrunde gelegte Rechtsauffassung stimmt mit der des BFH überein. Wie sich aus dem Senatsurteil vom 12. November 1992 IV R 59/91 (BFHE 170, 217, BStBl II 1993, 392) ergibt, ist auch bei Land- und Forstwirten, die ihren Gewinn gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG abweichend vom Kalenderjahr ermitteln, ein fehlerhafter Bilanzansatz selbst dann in der ersten noch offenen Bilanz richtig zu stellen, wenn dadurch die auf den vorausgegangenen, aber bestandskräftig abgeschlossenen Feststellungszeitraum entfallende Gewinnerhöhung nicht mehr berücksichtigt werden kann. Wie sich aus der dortigen Bezugnahme sowohl auf das Senatsurteil vom 6. Dezember 1990 IV R 129/89 (BFHE 163, 130, BStBl II 1991, 356) einerseits als auch auf das vom FA für seine Ansicht herangezogene Urteil in BFH/NV 1990, 630 andererseits ergibt, hat der erkennende Senat die unterschiedlichen Auswirkungen einer Bilanzberichtigung im Fall der vom Veranlagungszeitraum abweichenden Wirtschaftsjahre gesehen; das vom FA als Divergenzentscheidung angeführte BFH-Urteil betrifft somit einen mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt.
In Fällen wie dem vorliegenden führt der Grundsatz der richtigen Erfassung des Totalgewinns nicht dazu, dass eine Bilanzberichtigung erst in der Bilanz vorgenommen werden darf, für die die Veranlagungen der beiden in Betracht kommenden Feststellungszeiträume noch offen sind.
2. Die Rechtssache hat damit auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; vgl. auch FG Köln, Urteil vom 14. April 1999 13 K 6813/98, Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 943, unter wiederholter Bezugnahme auf das Senatsurteil in BFHE 163, 130, BStBl II 1991, 356).
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 505494 |
BFH/NV 2001, 308 |