Entscheidungsstichwort (Thema)
Stundung von Gerichtskosten
Leitsatz (NV)
- Die Entscheidung der Justizverwaltung, die in einem finanzgerichtlichen Verfahren entstandenen Gerichtskosten nicht zu stunden, stellt keine beschwerdefähige Entscheidung eines Gerichts i.S. von § 128 Abs. 1 FGO dar.
- Für Streitigkeiten über die Stundung von Gerichtskosten ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung gegeben. Art. XI § 1 KostÄndG ist insoweit nicht einschlägig, weil hiermit nur solche Verwaltungsakte, die im Bereich der ordentlichen Gerichte bei Vollzug des GKG oder sonstiger Kostenvorschriften ergehen, durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Amtsgericht angefochten werden können.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 4, § 128 Abs. 1; GKG § 5 Abs. 1 S. 1; VwGO § 40 Abs. 1; KostÄndG Art. XI § 1 Abs. 1
Tatbestand
I. Mit Schreiben vom 10. Juli 2000 begehrte der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) beim Finanzgericht (FG) die Stundung der im Verfahren vor dem FG entstandenen Gerichtskosten in Höhe von 5 442,50 DM. Die Gerichtsverwaltung des FG lehnte den Antrag mit Schreiben vom 12. Juli 2000 ohne Erteilung einer Rechtsbehelfsbelehrung ab. Mit seiner am 19. Juli 2000 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingereichten "außerordentlichen Beschwerde" verfolgt der Beschwerdeführer sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Mit der Beschwerde können gemäß § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur Entscheidungen des FG, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, sowie in bestimmten hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen Entscheidungen des Vorsitzenden des Gerichts angegriffen werden. Die Entscheidung der Justizverwaltung, die im Verfahren … entstandenen Gerichtskosten nicht zu stunden, stellt keine Entscheidung eines Gerichts i.S. von § 128 Abs. 1 FGO dar. Die gleichen Erwägungen gelten auch für die Statthaftigkeit der hier eingelegten "außerordentlichen Beschwerde". Sie kommt gleichfalls nur gegen Entscheidungen des Gerichts und nicht gegen Verwaltungsakte der Gerichtsverwaltung in Betracht.
2. Im Übrigen wäre für Streitigkeiten über die Stundung von Gerichtskosten der FG der Finanzrechtsweg nicht gegeben, weil keiner der in § 33 FGO aufgeführten Fälle vorliegt.
a) Insbesondere ist eine Rechtswegzuweisung nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO für Fälle der vorliegenden Art nicht erfolgt. Das durch § 5 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eröffnete Erinnerungsverfahren ermöglicht zwar eine volle gerichtliche Überprüfung der Kostenrechnung des Kostenbeamten und ist als besonderer, die Anrufung anderer Gerichte ausschließender Rechtsweg anzusehen, weil über die Erinnerung das Gericht entscheidet, bei dem die Kosten angesetzt worden sind (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GKG). Mit der Erinnerung können allerdings nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, also gegen den Ansatz einzelner Kosten und deren Höhe richten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 2. April 1998 VII E 20/97, BFH/NV 1999, 43). Über die Frage, ob Gerichtskosten erlassen, niedergeschlagen oder gestundet werden können, ist aufgrund der Erinnerung nicht zu entscheiden.
b) Für Streitigkeiten über die Stundung von Gerichtskosten ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung gegeben. Die vorliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art ist nicht durch Bundesgesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zugewiesen.
Zwar können nach Art. XI § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl I 861, 935) ―KostÄndG― in der jetzt geltenden, insoweit unverändert gebliebenen Fassung des Art. 4 § 10 Nr. 1 des Änderungsgesetzes vom 20. August 1975 (BGBl I 2189, 2240) Verwaltungsakte, die im Bereich der Justizverwaltung beim Vollzug des GKG oder sonstiger für gerichtliche Verfahren oder Verfahren der Justizverwaltung geltender Kostenvorschriften, insbesondere hinsichtlich der Einforderung oder Zurückzahlung ergehen, durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim Amtsgericht angefochten werden. Streitigkeiten über den Erlass und die Stundung von Gerichtskosten aus Härtegründen sind daher grundsätzlich den Amtsgerichten zugewiesen worden. Art. XI § 1 KostÄndG stellt eine Generalklausel für die Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten auf dem Gebiet des Kostenrechts dar und erfasst folglich nicht nur Verwaltungsakte beim unmittelbaren Vollzug von Kostenvorschriften, die insbesondere hinsichtlich der Einziehung oder Zurückzahlung ergehen, sondern auch kostenrechtliche Bestimmungen im weiteren Sinne (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 1979 VII C 72.77, Der Deutsche Rechtspfleger ―Rpfleger― 1982, 37). Dazu gehört auch die in der Haushaltsordnung eines Landes eröffnete Stundungsmöglichkeit, wie hier der Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 der Bayerischen Haushaltsordnung. Danach darf das zuständige Staatsministerium Ansprüche ―wie vorliegend die Gerichtskosten― nur stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und die Erfüllung des Anspruchs durch die Stundung nicht gefährdet wird. Die Ablehnung einer Stundung nach der Bayerischen Haushaltsordnung kann demnach grundsätzlich nach Art. XI § 1 Abs. 1 KostÄndG beim Amtsgericht angefochten werden.
Im Streitfall kommt der ordentliche Rechtsweg allerdings deswegen nicht in Betracht, weil die Ablehnung der Stundung nicht im Bereich der "Justizverwaltung" erfolgt ist. Zum Bereich der Justizverwaltung i.S. von Art. XI § 1 Abs. 1 KostÄndG gehören nämlich nur die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl. Oberverwaltungsgericht ―OVG― Schleswig, Beschluss vom 20. Januar 1999 3 O 20/98, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report 1999, 413; OVG Berlin, Urteil vom 31. März 1983 3 B 76.81, Rpfleger 1983, 415).
Fundstellen