Leitsatz (amtlich)
Ein nach § 19 Abs. 1 UStG 1967 versteuernder Rechtsanwalt, der in seinen Gebührenrechnungen anstelle des ihm nach § 25 Abs. 2 BRAGebO zustehenden Ausgleichsbetrages gesondert Umsatzsteuer in Rechnung stellt, schuldet diese Umsatzsteuer gemäß § 14 Abs. 3 UStG 1967.
Normenkette
UStG 1967 § 14 Abs. 3; BRAGO § 25 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat Beschwerde wegen Nichtzulassung seiner Revision durch das Finanzgericht (FG) erhoben, das seine Klage wegen Festsetzung der Umsatzsteuer 1968 abgewiesen hat. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) hat den Kläger, der den Beruf eines Rechtsanwalts und Notars ausübt, zur Besteuerung nach den Vorschriften für Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 bis 3 des Umsatzsteuergesetzes 1967 - UStG 1967 -) herangezogen. Zu der sich danach unter Anwendung des Steuergesetzes von 4 v. H. ergebenden Umsatzsteuer rechnete das FA gemäß § 14 Abs. 3 UStG 1967 diejenigen Steuerbeträge hinzu, die der Kläger in den Gebührenrechnungen seinen Mandanten gesondert als Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte (Mehrbetrag von 1 208,75 DM). Einspruch und Klage, mit denen die Herabsetzung der Umsatzsteuer 1968 um den vorbezeichneten Betrag begehrt wird, blieben ohne Erfolg. In seiner Begründung führt das FG im wesentlichen unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Mai 1973 V R 145/72 (BFHE 109, 395, BStBl II 1973, 647) aus, daß der Kläger im Hinblick auf die von ihm gewählte Besteuerungsform nicht zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer (§ 14 Abs. 1 UStG 1967) berechtigt gewesen sei. Auf ihn träfe daher die vom FA angewendete Regelung des § 14 Abs. 3 UStG 1967 zu.
Die Beschwerde des Klägers, mit der er sich gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG wendet, wird auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützt. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sieht der Kläger in dem Umstand, daß es Recht und Pflicht eines Rechtsanwalts und Notars sei, diejenige Umsatzsteuer, mit der seine eigene Leistung belastet sei, dem Gebührenschuldner offen in Rechnung zu stellen. Hiervon könnten Anwälte, die der sogenannten Kleinunternehmer-Besteuerung unterlägen, nicht ausgenommen sein, wenn man nicht zu einer Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den regelversteuernden Anwälten kommen wolle. Nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist hat der Kläger ergänzend vorgetragen, das vom FG in Bezug genommene Urteil des BFH V R 145/72 sei nicht einschlägig, da es den Fall eines der Regelbesteuerung unterliegenden, aber wegen Blindheit nach § 4 Nr. 19 UStG 1967 befreiten Rechtsanwalts behandele.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Senat geht davon aus, daß die mehrfachen Hinweise des Klägers auf das Urteil des BFH vom 1. Oktober 1970 V R 53/70 (BFHE 100, 231, BStBl II 1970, 857) nicht dahin zu verstehen sind, daß der Kläger seine Beschwerde auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO stützen will. Denn dieses Urteil behandelt, worauf auch das FA zutreffend hinweist, den Fall der Heranziehung des Steuerpflichtigen nach § 14 Abs. 3 UStG 1967 überhaupt nicht.
Die grundsätzliche Bedeutung seiner Rechtssache i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO vermochte der Kläger nicht zu begründen, weil die von ihm beklagte unzulängliche Gesetzeslage in Wahrheit nicht besteht. Die Rechtsanwälte, die ihre Umsätze nach § 19 Abs. 1 bis 3 UStG 1967 versteuern, sind nicht gehindert, die auf ihren Leistungen ruhende Umsatzsteuer auf die Leistungsempfänger zu überwälzen. Allerdings ist die Form der Überwälzung nicht in ihr Belieben gestellt, sondern durch eine Sondervorschrift des anwaltlichen Gebührenrechts geregelt. Sie wurde durch das Änderungsgesetz vom 20. Dezember 1967 (BGBl I, 1246) in Form des § 25 Abs. 2 in die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) eingefügt. Danach hat der Rechtsanwalt grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der auf seine Vergütung entfallenden Umsatzsteuer. Jedoch gilt diese in § 25 Abs. 2 Satz 1 BRAGebO enthaltene Regelung, die den Rechtsanwalt auch gebührenrechtlich zum gesonderten Ausweis der von ihm geschuldeten Umsatzsteuer legitimiert, nur für Rechtsanwälte, die nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes versteuern (Regelbesteuerung).
Für die von § 19 Abs. 1 bis 3 UStG 1967 erfaßten Rechtsanwälte, die gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 vom gesonderten Steuerausweis ausgeschlossen sind, enthält § 25 Abs. 2 Satz 2 BRAGebO eine diesem Umstande Rechnung tragende besondere Gebührenregelung. Diese Rechtsanwälte sind berechtigt, neben der ihnen zustehenden Gebühr einen Ausgleichsbetrag von 5,5 v. H. einzufordern. Dieser auf die Gebührenschuldner überwälzte Betrag dient, wie seine in § 18 Abs. 2 BRAGebO geregelte Bezeichnung schon sagt, dem Ausgleich der Belastung des Rechtsanwalts mit Umsatzsteuer.
Daß dieser Betrag nicht als "Umsatzsteuer", sondern als "Ausgleichsbetrag" in der Gebührennota gekennzeichnet sein muß, liegt angesichts der Gesetzeskonstruktion auf der Hand. Leistungsempfänger, bei denen die personenbezogenen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind, können nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 die von einem nach § 19 Abs. 1 UStG 1967 versteuernden Rechtsanwalt gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuerbetrag absetzen. Denn der Rechtsanwalt ist Unternehmer und hat die Umsatzsteuer für eine von ihm für den Leistungsempfänger ausgeführte steuerpflichtige sonstige Leistung berechnet. Damit ergibt sich aber, daß der Leistungsempfänger denjenigen Steuerbetrag im Wege des Vorsteuerabzugs vom Fiskus erhält, den der leistende Unternehmer gesondert ausgewiesen hat. Der in § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 angeordnete Ausschluß der Kleinunternehmer von der Berechtigung zum gesonderten Steuerausweis (§ 14 Abs. 1 UStG 1967) liefe im Falle seiner Verletzung leer, wenn er nicht mit der Bestimmung des § 14 Abs. 3 UStG 1967 bewehrt wäre. Sie soll einerseits die Einhaltung des § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967 erzwingen, andererseits aber auch einen Einnahmeausfall für den Fiskus vermeiden helfen.
Mit der durch § 25 Abs. 2 Satz 2 BRAGebO ermöglichten Überwälzbarkeit von Umsatzsteuer in der besonderen Form des Ausgleichsbetrages ist bereits eine Rechtslage gegeben, die der Kläger im Wege richterlicher Rechtsfindung herbeiführen möchte. Ist aber wegen eindeutiger gesetzlicher Regelungen die Rechtslage nicht zweifelhaft, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
Fundstellen
BStBl II 1978, 394 |
BFHE 1978, 264 |