Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertretungszwang für Beschwerdeverfahren gegen Ablehnung eines Antrags auf Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

Für ein Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung eines Antrags auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe besteht Vertretungszwang.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO § 114; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Gegenstand des Verfahrens ist eine Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren.

1. Der Antragsteller, Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhob mit Schriftsatz vom 14. Januar 1993 beim Antragsgegner, Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) "Einspruch-Widerspruch", der sich gegen den Bericht über eine betriebs nahe Veranlagung vom 23. November 1989 richtete.

Das FA sah den Schriftsatz als Klage gegen die am 9. November 1992 erlassenen Einspruchsentscheidungen in Sachen Aufteilungsbescheid Einkommensteuer 1980, Einkommensteuerbescheide 1980 bis 1983, Umsatzsteuerbescheide 1982 bis 1985 und 1987, Vermögensteuerbescheide auf den 1. Januar 1982 und 1. Januar 1983 und Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1983 an und legte ihn dem Finanzgericht (FG) vor. Auf Anfrage des Berichterstatters teilte der Kläger mit Schreiben vom 29. Oktober 1993 mit, der ursprüngliche Schriftsatz sei "momentan" noch keine Klage. Mit Schreiben vom 10. November 1993 teilte der Kläger auf nochmalige Rückfrage des Berichterstatters mit, er sehe sich gezwungen, Klage zu erheben.

Aus den vom FA vorgelegten Steuerakten ergab sich, daß die Einspruchsentscheidungen vom 9. November 1992 mit Postzustellungsurkunden zugestellt und am 10. November 1992 beim Postamt ... niedergelegt wurden. Der Kläger wurde davon benachrichtigt. Durch Aufklärungsanordnung des FG vom 23. November 1993 wurde der Kläger auf die Verspätung der Klageerhebung hingewiesen. Er teilte darauf mit Schreiben vom 30. Dezember 1993 mit, daß er an der Aufklärung der Angelegenheit festhalte. Das FG erließ am 7. Januar 1994 durch den Berichterstatter einen Gerichtsbescheid, mit dem die Klage abgewiesen wurde. Gegen diesen Gerichtsbescheid beantragte der Kläger mündliche Verhandlung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und PKH.

2. Das FG lehnte den Antrag auf PKH mit dem angefochtenen Beschluß vom 24. Februar 1994, zugestellt am 26. Februar 1994, ab. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die Klagefrist bei Erhebung der Klage bereits abgelaufen gewesen sei.

3. Gegen den Beschluß des FG legte der Kläger mit einem am 10. März 1994 beim FG eingegangenen Schriftsatz persönlich "Einspruch/Widerspruch/Beschwerde" ein. Gleichzeitig beantragte er PKH für das Beschwerdeverfahren, da er seit 15. November 1993 arbeitslos -- ohne finanzielle Bezüge -- sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig und war zu verwerfen.

Gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Gegen einen ablehnenden Beschluß steht dem Antragsteller das Rechtsmittel der Beschwerde zu (§§ 142 Abs. 1 FGO, 127 Abs. 2 ZPO). Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich -- wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluß hervorgeht -- jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes zur Entla stung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236, BStBl I 1994, 100). Fehlt es an diesem Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung -- im Streitfall die Einlegung der Beschwerde -- unwirksam.

Zwar kann für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung eines Antrags auf PKH seinerseits Antrag auf PKH gestellt werden. Falls dem Antrag entsprochen wird, kann in der Regel für die verspätete Einlegung der Beschwerde durch einen Bevollmächtigten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Diese Möglichkeit scheidet im Streitfall jedoch aus, da der Antrag des Klägers auf Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren durch Beschluß des erkennenden Senats vom heutigen Tage abgelehnt wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420116

BFH/NV 1995, 427

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