Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an eine Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei Beantragung von Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

Wird einem Antrag auf Prozeßkostenhilfe eine weitgehend unvollständige Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers beigefügt, so braucht das Gericht nicht von sich aus diese Erklärung durch Befragung des Antragstellers oder durch andere Ermittlungen selbst zu vervollständigen; vielmehr ist der Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe abzulehnen.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO § 117 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe (PKH), um sich gegen eine Revision des Finanzamts (FA) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 9. Juni 1987 III 765/86 (Az. des Bundesfinanzhofs II R 111/87) zu wehren.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.

Ob die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Antragstellers hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, ist hier unerheblich; denn die Revision ist vom FA eingelegt worden (§ 142 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 119 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Dagegen hat der Antragsteller seinem Antrag keine den Anforderungen des § 117 Abs. 2 ZPO genügende Erklärung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt.

Der Antragsteller gibt in dieser Erklärung an, seine Rentenforderung von monatlich . . . DM gegen die . . . sei in Höhe von . . . DM monatlich gepfändet. Welche Gläubiger in welcher Höhe und für welche Forderungen diese Rente haben pfänden und sich überweisen lassen, ist nur teilweise oder überhaupt nicht ersichtlich.

Zwar ist dem Antrag die Fotokopie eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts vom . . . beigefügt. Danach wird die Rentenforderung zugunsten von Frau X zur Tilgung einer Forderung von . . . DM gepfändet und zur Einziehung überwiesen. Die Vollstreckung erfolgt aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigung eines notariell beurkundeten Schuldanerkenntnisses des Antragstellers, über das er in seinem vorliegenden Antrag auf Gewährung von PKH keine näheren Angaben macht. Er teilt auch nicht mit, ob und ggf. in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis er zu Frau X steht. In dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß werden Zinsen (von 11 % jährlich) seit dem 1. Januar 1975 geltend gemacht. Das bedeutet, daß zur Zeit des Schuldanerkenntnisses am . . . offenbar seit mehr als 10 Jahren keine Zinsen gezahlt worden waren. Das läßt den Schluß zu, daß die Forderung vorher nicht ernsthaft geltend gemacht worden war.

Unter all diesen Umständen kann der Senat die von dem Antragsteller genannte Schuld bei der Beurteilung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen des § 114 ZPO nicht berücksichtigen.

Gleiches gilt für die geltend gemachte Schuld gegenüber Frau Y und Frau Z. Hierzu hat der Antragsteller nur die Fotokopie eines Antrages vom . . . auf Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vorgelegt. Abgesehen davon, daß nicht einmal ersichtlich ist, ob ein entsprechender Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ergangen ist, wird ebenfalls als Schuldgrund nur ein Schuldanerkenntnis vom . . . angegeben. Zu Erläuterungen über den Grund des Schuldanerkenntnisses hätte der Antragsteller auch hier zumindest deshalb Anlaß gehabt, weil es sich bei den genannten Gläubigerinnen möglicherweise um Verwandte handelt; jedenfalls deutet der Vortrag in der Klageschrift darauf hin, wonach der Antragsteller damals zu Verwandten nach A gezogen war.

Ebenso ungenügend sind die Angaben des Antragstellers über die aus den Verkäufen der Häuser in . . . und . . . verbliebene Restschuld von . . . DM und . . . DM. Damit soll offenbar gesagt werden, daß die erzielten Kaufpreise die Grundstücksbelastungen nicht gedeckt haben. Das wird aber nicht einmal durch Zahlenangaben belegt.

Die Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO soll dem Gericht die Entscheidung darüber ermöglichen, ob ein Antragsteller die Prozeßkosten ganz oder teilweise - ggf. in Raten - aufbringen kann oder nicht. Es ist daher Aufgabe des betreffenden Antragstellers, die erforderlichen Angaben möglichst genau und vollständig zu machen. Zwar kann das Gericht gemäß § 118 Abs. 2 ZPO auch selbst ,,Erhebungen anstellen". (Das gilt sowohl hinsichtlich der hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung als auch hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eines Antragstellers.) Das bedeutet aber nicht, daß das Gericht eine weitgehend unvollständige Erklärung von sich aus durch Befragung des Antragstellers oder durch andere Ermittlungen selbst vervollständigen muß. Denn der Antragsteller ist am ehesten über seine wirtschaftlichen Verhältnisse informiert. Er hat daher auch die vorrangige Pflicht, diese Verhältnisse in dem Antrag vollständig darzustellen. Geschieht dies nicht, so ist der Antrag auf Gewährung von PKH abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416079

BFH/NV 1989, 724

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