Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzlich kein wirtschaftliches Eigentum des Nießbrauchers; Einlage verlustbringender Wirtschaftsgüter
Leitsatz (NV)
- Da der Nießbrauch im Normfall nach ständiger Rechtsprechung kein wirtschaftliches Eigentum begründet, bedarf es insoweit zur Darlegung grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO einer eingehenden Auseinandersetzung mit dem Problem unter Angabe, was noch ungeklärt sein soll.
- Es ist höchstrichterlich geklärt, daß Wirtschaftsgüter (hier: Wertpapiere) grundsätzlich nicht mehr in das Betriebsvermögen eingelegt werden können, wenn bereits bei ihrem Erwerb erkennbar ist, daß sie dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur noch Verluste bringen (vgl. BFH-Urteil vom 25. Februar 1982 IV R 25/78, BFHE 135, 316, BStBl II 1982, 461).
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; EStG § 4 Abs. 1 S. 5; GewStG §§ 6-7
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die grundsätzliche Bedeutung ist darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr muß der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rdnr. 61, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits früher über die streitige Rechtsfrage entschieden, ist vom Beschwerdeführer darzulegen, weshalb er gleichwohl eine erneute höchstrichterliche Entscheidung im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung für erforderlich hält. In einem solchen Falle sind für die schlüssige Darlegung eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Problem und Ausführungen dazu erforderlich, worin der Beschwerdeführer eine noch ungeklärte Frage sieht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 1995 X B 155/94, BFH/NV 1995, 708; vom 15. Februar 1995 II B 118/94, BFH/NV 1995, 810). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Das Finanzgericht (FG) hat entschieden, daß die Ehefrau des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) "aufgrund des eingeräumten Nutzungsrechts" ―vereinbart war ein "unentgeltlicher Nießbrauch … quoad sortem"― rechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin der Wertpapiere geblieben sei. Der Kläger sieht die Rechtsfrage als grundsätzlich an, "ob durch die Ausgestaltung von Nutzungsrechten in der Weise, daß der Nutzungsberechtigte an der Vermögenssubstanz der … belasteten Vermögensgegenstände alleine partizipiert, wirtschaftlicher Eigentümer des Vermögensgegenstandes wird". Er hat weder dargelegt, daß diese Rechtsfrage klärungsbedürftig noch daß sie in Anbetracht des Umstandes klärungsfähig ist, daß ihm auf der Grundlage des Nießbrauchsvertrages vom 10. Januar 1986 lediglich die Erträge und Wertänderungen zustanden und daß er den Wertpapierbestand nur "nach Absprache" mit der rechtlichen Eigentümerin veräußern konnte.
Mit dem Rechtsbegriff des "wirtschaftlichen Eigentümers" ist derjenige gemeint, der die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, daß er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ―AO 1977―). Der Nießbraucher ist im Normalfall nicht wirtschaftlicher Eigentümer des seiner Nutzung unterliegenden Wirtschaftsguts (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1998 IV R 39/98, BFHE 187, 390, BStBl II 1999, 263, m.w.N. der Rechtsprechung). Der Nießbrauchsbesteller bleibt grundsätzlich auch wirtschaftlicher Eigentümer (BFH-Urteil vom 28. Januar 1992 VIII R 207/85, BFHE 167, 90, BStBl II 1992, 605 unter 2. c der Gründe). Angesichts dieser ständigen Rechtsprechung hätte es dem Kläger oblegen, die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufzuzeigen, aufgrund derer im Streitfall eine höchstrichterliche Entscheidung erforderlich wäre.
Der zweite Teil der Doppelbegründung des Urteils hebt darauf ab, daß es an einer rechtzeitigen Einlagehandlung fehle. In dieser Hinsicht hat das FG seine Entscheidung auf den rechtlichen Gesichtspunkt gestützt, daß die Wertpapiere "erst nachträglich in das Betriebsvermögen eingebucht" worden seien, "nebst Teilwertabschreibungen und Bestandsveränderung etc."; zu diesen Zeitpunkten (4. März 1988 bzw. 14. August 1990) seien die Verluste, "geltend gemacht für 1986 und 1987", längst eingetreten gewesen. Auch zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist nicht dargetan, daß eine rechtlich ungeklärte Frage vorliegen könnte.
Der BFH hat zudem in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß Einlagen von Wirtschaftsgütern in das ―gewillkürte― Betriebsvermögen dann nicht mehr zulässig sind, wenn bereits beim Erwerb erkennbar ist, daß die Wirtschaftsgüter dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur noch Verluste bringen (Urteile vom 27. März 1974 I R 44/73, BFHE 112, 265, BStBl II 1974, 488; vom 15. November 1978 I R 57/76, BFHE 126, 530, BStBl II 1979, 257; vom 25. Februar 1982 IV R 25/78, BFHE 135, 316, BStBl II 1982, 461). Im übrigen muß die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen unmißverständlich in einer Weise kundgemacht werden, daß ein sachverständiger Dritter ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen erkennen kann (BFH-Urteil vom 22. September 1993 X R 37/91, BFHE 172, 354, BStBl II 1994, 172). Eine rückwirkende Einbuchung ist unzulässig (z.B. BFH-Urteil vom 15. November 1990 IV R 97/82, BFHE 162, 557, BStBl II 1991, 226). Ob ein Gegenstand durch eindeutige Einlagehandlung zu einem Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens geworden ist, ist im wesentlichen Tatfrage (Senatsurteil vom 18. Oktober 1989 X R 99/87, BFH/NV 1990, 424).
Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 424778 |
BFH/NV 2000, 563 |