Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
- Auch für das seit 2001 geltende Zulassungsrecht ist für die Darlegung, die Zulassung der Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, neben der Bezeichnung der Divergenzentscheidung auch die Bezeichnung abstrakter Rechtssätze sowohl im angefochtenen Urteil als auch in der Divergenzentscheidung erforderlich.
- Die Darlegung, das FG habe höchstrichterliche Rechtsprechung lediglich fehlerhaft angewendet, ohne aber einen eigenen Rechtssatz zu bilden, genügt diesen Anforderungen nicht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil in ihrer Begründung entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht dargelegt sind.
1. Dies gilt zum einen, als die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend macht, die Zulassung der Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757 ―im Folgenden FGO n.F.―). Eine den Anforderungen der FGO genügende Beschwerdebegründung setzt insoweit neben der Bezeichnung der Divergenzentscheidung auch die Bezeichnung abstrakter Rechtssätze sowohl im angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) als auch in der Divergenzentscheidung voraus (u.a. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. Dezember 2000 V B 15/00, BFH/NV 2001, 819, zum bis 2000 geltenden Zulassungsrecht); dieses Erfordernis gilt auch für das neue Zulassungsrecht (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 42).
a) Soweit die Klägerin eine Divergenz zu dem BFH-Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) rügt, fehlt es schon an der Bezeichnung eines abstrakten Rechtssatzes im FG-Urteil. Die Klägerin trägt insoweit lediglich vor, der Auffassung des FG könne nicht gefolgt werden, weil im Streitfall keine Realteilung gegeben sei.
Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Das FG hat unter Bezugnahme auf den Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 die von ihm als "Realteilung" bezeichnete Aufteilung in den Erbquoten entsprechende Miteigentumsanteile und die "Umbuchung" der auf die Kinder entfallenden Kapitalkonten in "langfristige Verbindlichkeiten" der Privatsphäre der Erben zugeordnet; hierdurch sei der "erbrechtliche Auseinandersetzungsanspruch entsprechend der Erbquote dokumentiert" worden; ein betrieblich veranlasstes Veräußerungs-/ Anschaffungsgeschäft habe nicht vorgelegen. Ob das FG damit die dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt angemessenen Rechtsfolgen aus dem Beschluss in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 gezogen hat, kann dahingestellt bleiben. Es hat sich auf die vom Großen Senat aufgestellten Grundsätze gestützt, ohne eine hiervon abweichende Rechtsauffassung erkennen zu lassen.
b) Die gerügte Abweichung vom BFH-Urteil vom 2. März 1993 VIII R 47/90 (BFHE 170, 566, BStBl II 1994, 619) ist ebenfalls nicht ordnungsgemäß dargelegt. Die Klägerin hat weder aus dem BFH-Urteil noch aus der angefochtenen Entscheidung des FG einen abstrakten Rechtssatz bezeichnet.
c) Hinsichtlich der gerügten Abweichung vom BFH-Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 150/85 (BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838) hat das FG den von der Klägerin behaupteten Rechtssatz, "eine eindeutige Betriebsschuld werde zur Privatschuld, nur weil eine optimale Besicherung fehle" ersichtlich nicht aufgestellt. Es ist vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis gekommen, "dass ernsthafte ―wie unter Fremden übliche― Kreditverpflichtungen der Klägerin nicht begründet werden sollten". Als Indiz hierfür hat das FG auch die fehlende Besicherung gewürdigt.
d) Zum BFH-Urteil vom 23. Oktober 1996 I R 71/95 (BFHE 181, 328, BStBl II 1999, 35) fehlt es wiederum an der Bezeichnung eines abstrakten Rechtssatzes im FG-Urteil.
e) Die Beschwerde zielt im Kern darauf ab, dass das FG bestimmte Umstände des Einzelfalles nicht in gebotenem Umfang berücksichtigt habe. Hierauf allein kann indes eine Divergenzbeschwerde nicht gestützt werden, zumal dieses prozessuale Rechtsinstitut nicht dazu dient, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Mai 1999 X B 151/98, BFH/NV 1999, 1374).
2. Soweit die Klägerin eine Verletzung von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen rügt, ist die Beschwerde schon deshalb unzulässig, weil es sich bei einer solchen Verletzung um einen materiell-rechtlichen Fehler handeln würde (Senatsbeschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612), für den eigene Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO n.F. vorgetragen werden müssten. Dies ist aber nicht geschehen.
3. Die Rüge eines Verfahrensmangels ―hier: die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör― setzt die genaue Bezeichnung der Tatsachen voraus, aus denen sich nach Ansicht der Klägerin der behauptete Verfahrensverstoß ergibt (BFH-Beschluss vom 19. Januar 2000 II B 41/99, BFH/NV 2000, 1102). Zudem muss das Vorbringen in sich schlüssig sein (Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 1612).
Hier fehlt es schon an der Schlüssigkeit. Denn das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin ist widersprüchlich: Während sie in ihrer Beschwerdebegründungsschrift vom 4. Mai 2001 behauptet hat, das FG habe die Erbauseinandersetzung in seinem Urteil ohne jegliche Vorankündigung als Realteilung gewertet, hat sie im Schriftsatz vom 12. Juni 2001 behauptet, das FG habe bereits in der mündlichen Verhandlung auf diese Begründung abgestellt, ihr Prozessvertreter sei damit aber überfordert und aufgrund dieser "Zumutung" nicht in der Lage gewesen, sich zu äußern.
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO n.F. abgesehen.
Fundstellen