Leitsatz (amtlich)

1. Die Worte "bei angemessener Verwertung der Kartoffeln" in § 65 BrMonG sind dahin zu verstehen, daß der Brennereibesitzer, der gleichzeitig der Kartoffelanbauer ist, bei der Verarbeitung der Kartoffeln in der Brennerei nicht schlechter gestellt werden soll, als wenn er sie auf dem Markt für Fabrikkartoffeln verkauft hätte, d. h. also, daß als Einsatzwert der Kartoffeln in der Grundpreisfestsetzung ihm das wirtschaftliche Ergebnis eines solchen Verkaufs erhalten bleiben soll, so als ob er die von ihm erzeugten Kartoffeln an seine Brennerei verkauft hätte.

2. Bei der Festsetzung des Grundpreises ist der als Vergleichspreis verwendete Marktpreis für Fabrikkartoffeln insoweit zu berichtigen, als er entweder Entgelt für Kosten enthält, die bei einer Verwertung der Kartoffeln in der Brennerei nicht anfallen oder aber Kosten nicht abgilt, die bei einer Verwertung der Kartoffeln als Brennkartoffeln anfallen.

 

Normenkette

BrMonG § 65

 

Tatbestand

A.

I.

Der Bf., ein Brennereibesitzer, hat gegen die Branntweinübernahmebescheinigungen des Zollamts L. vom 18. Dezember 1962 und des Zollamts W. vom 17. Dezember 1963, 26. November 1964 und 22. Dezember 1964 Beschwerden eingelegt. Er rügt die Festsetzung des der Berechnung der Übernahmegelder zugrunde gelegten Branntweingrundpreises. Die Bundesmonopolverwaltung habe die durchschnittlichen Herstellungskosten für 1 Hektoliter Weingeist (hl W) unrichtig berechnet und deshalb die Branntweingrundpreise um nahezu 10 % zu niedrig festgesetzt, so daß eine "angemessene Verwertung der Kartoffeln", wie sie § 65 des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG) vorschreibe, nicht mehr gewährleistet sei.

Der Bf. trägt zur Begründung seiner Beschwerden im einzelnen folgendes vor:

1. Im BrMonG sei zwar nicht ausdrücklich festgelegt, was unter "angemessener Verwertung der Kartoffeln" zu verstehen sei. Diese sei jedoch nur dann erreicht, wenn der Kartoffelanbauer, der eine Brennerei besitzt, bei der Verwertung seiner Kartoffeln in der Brennerei nicht schlechtergestellt werde als derjenige ohne Brennerei.

Die Bundesmonopolverwaltung nehme für die Bewertung der Brennkartoffeln als Meßzahl den Preis, den die Stärkefabriken je kg Stärke an ihre Kartoffellieferanten zahlten. Diese Meßzahl sei gerechtfertigt unter der Voraussetzung, daß die verschiedenartigen Leistungen des Vertragsanbauers der Stärkefabrik und des Brennereibesitzers durch Zu- oder Abschläge berücksichtigt würden.

Stärkefabriken und Brennereien verarbeiteten Fabrikkartoffeln, d. h. nach den Deutschen Kartoffelgeschäftsbedingungen (Berliner Vereinbarungen 1956) in der Fassung vom 1. Juli 1961 unsortierte Kartoffeln wie sie das Feld gibt mit einem Stärkegehalt von mindestens 15 %. Der Brennereibesitzer sei also gegenüber dem Lieferanten für die Stärkefabrik in bezug auf Beschaffenheit bzw. Aufbereitung der Kartoffeln in keinem Vorteil.

2. Bei dem von den Stärkefabriken je kg Stärke in den Kartoffeln gezahlten Preis (durchwegs 0,53 DM) handele es sich nicht um einen echten Marktpreis. Dieser Preis werde durch die Bedingungen, die an die Zahlung der sogenannten Stärkeprämie geknüpft seien, zum Mindestpreis.

3. Anlieferungskosten: Der Bf. schätze die durchschnittlichen Anlieferungskosten auf 0,02 DM/kg Stärke und sei damit einverstanden, daß diese bei der Berechnung zugrunde gelegt würden.

Bei einem exakten Vergleich des Marktpreises "frei Stärkefabrik" mit dem Marktpreis "frei Brennerei" müßten auch die Kosten berücksichtigt werden, die dem Brennereibesitzer durch die Verbringung der Kartoffeln zur Brennerei bzw. zum Einlagerungsraum entstünden. Da diese Kosten in gleichem Maße bei der Bahnverladung und in ähnlichem Maße bei den Achsanlieferungen zu den Stärkefabriken anfielen und auch beim Transport zu der Brennerei bzw. Einlagerungsraum entstünden, könnten sie im Vergleich außer Ansatz bleiben.

Die Bundesmonopolverwaltung habe durch eine unrichtige Berechnung die unmittelbaren Transportkosten fälschlicherweise auf zusammen 4 Pf geschätzt.

4. Lagerungskosten: Wenn die Bundesmonopolverwaltung die Bewertung der Brennereikartoffeln nach dem Fabrikkartoffelpreis der Stärkefabriken vornehme, dann müsse der Brennereibesitzer nach dem Willen des Gesetzgebers bei einer "angemessenen Verwertung der Kartoffeln" mindestens den gleichen Preis für seine in der Brennerei verarbeiteten Kartoffeln erzielen wie der Kartoffelanbauer, der seine Kartoffeln an die Stärkefabrik liefere.

Mit der Ablieferung der Fabrikkartoffeln an die Stärkefabrik und an die Brennerei bzw. den Einlagerungsraum der Brennerei seien die Leistungen der Kartoffelanbauer abgeschlossen. Die weiteren Kosten der Lagerhaltung und des Stärkeschwundes seien ureigene Sache der Verarbeitungsbetriebe wie Stärkefabrik und Brennerei.

Solle nun eine "angemessene Verwertung der Kartoffeln" in der Brennerei gewährleistet sein, müßten folgerichtig die weiteren Kosten der Lagerhaltung bei den Fertigungskosten berücksichtigt werden.

Es werde auf das Gutachten von Prof. Dr. Schwantag vom August 1963 hingewiesen, der erstmals den betriebswirtschaftlichen Tatbestand der Lagerungskosten bei den Kartoffelbrennereien überzeugend ausgearbeitet habe:

"Die Lagerung der Kartoffeln geschieht durch den landwirtschaftlichen Brenner hicht in seiner Eigenschaft als Kartoffelanbauer, sondern in seiner Eigenschaft als Brenner.

Die Lagerungskosten für Brennkartoffeln gehören zu den Herstellungskosten im Sinne von § 65 Branntweinmonopolgesetz und sind in die Fertigungskosten einzubeziehen, wobei allerdings dieser Begriff Fertigungskosten mit dem sonst üblichen betriebswirtschaftlichen Begriff nicht identisch ist.

Die Lagerungskosten für Brennkartoffeln können nicht im Kartoffelpreis abgegolten sein, da dieser aus einem Herbstpreis für Fabrikkartoffeln abgeleitet wird und damit für die Ernteperiode gilt. Selbst wenn in einzelnen Jahren auch zu späteren Terminen Vergleichspreise für Fabrikkartoffeln ermittelt werden könnten, wäre ihr Ansatz als Rohstoffkosten der Brennkartoffeln wirtschaftlich unrichtig, weil sich diese Preise aus späteren Marktlagen ableiten, während sich der Brenner bereits im Herbst für die ganze Kampagnezeit eindecken muß."

Das Gutachten Schwantag stelle "auf Grund betriebswirtschaftlicher Tatsachen bestimmte zu ermittelnde Größen fest", die gemäß Urteil des Bundesfinanzhofs VII 172/57 S vom 27. März 1963 (BStBl 1963 III S. 290, 292 rechte Spalte Abs. 1 letzter Satz, Slg. Bd. 76 S. 794) zu berücksichtigen seien.

Die Ausführungen der Bundesmonopolverwaltung gingen an der Sache vorbei. Prof. Dr. Schwantag stelle fest:

"Die Schlußfolgerung der Monopolverwaltung, daß die Lagerungskosten als Rohstoffkosten im Marktpreis der Brennkartoffeln erfaßt sind, ist unzulässig. Sie ist schon insoweit widerlegt, als dargetan wurde, daß diese Lagerungskosten in dem Verrechnungspreis, der in Anlehnung an den Stärkekartoffelpreis gebildet wird, nicht enthalten sind. Im Zusammenhang mit der Brennerei aber wäre es ganz abwegig, zu sagen, die Lagerungskosten seien im Rohstoffpreis enthalten, denn der Brenner kann die von ihm selbst aufzuwendenden Lagerungskosten nicht im Marktpreis der Brennkartoffel an den Kartoffellieferanten bezahlen."

Zu dem Versuch der Bundesmonopolverwaltung, die Ausführungen von Prof. Dr. Schwantag damit zu widerlegen, daß man die Verhältnisse bei selbständigen gewerblichen Betrieben nicht auf die ganz anders geartete Lage eines landwirtschaftlichen Betriebes übertragen könne, sei zu sagen, daß die Kartoffellagerung in gewerblichen wie in landwirtschaftlichen Brennereien nicht nur betriebsüblich, sondern betriebsnotwendig sei.

Unrichtig sei, daß die Lagerungskosten nur dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zugerechnet werden dürften. Der Bundesfinanzhof habe, wenn auch in einer anderen Sache, in seinem Gutachten vom 6. November 1956 (BStBl 1956 III S. 356) diese Frage behandelt und folgendes ausgeführt:

"Bedenken können auch nicht daraus hergeleitet werden, daß es sich bei der Ermittlung der Herstellungskosten nach § 65 BrMonG um die Beurteilung der Verhältnisse eines landwirtschaftlichen Betriebs handelt. Zwar kommen die LSP in der Hauptsache für öffentliche Aufträge an gewerbliche, insbesondere industrielle Betriebe in Betracht. Zu diesen Betrieben kann aber auch der Betrieb einer landwirtschaftlichen Kartoffelbrennerei gerechnet werden, weil er als fabrikatorischer Betrieb sich von einer gewerblichen Kartoffelbrennerei kaum unterscheidet."

Es sei bewiesen, daß der von den Stärkefabriken gezahlte Fabrikkartoffelpreis, den die Bundesmonopolverwaltung als Vergleichspreis heranziehe, keinerlei Kosten für die Lagerung enthalte.

Die Bundesmonopolverwaltung habe sich der Auffassung von Prof. Dr. Schwantag angeschlossen, daß als Verrechnungspreis für den Kartoffeleinsatz in der Brennerei der Erlös zu verwenden sei, den die Brennerei hätte erzielen können, wenn sie die Kartoffeln nicht selber verarbeitet, sondern auf den Markt gebracht hätte. Feststehe, daß der Brennereibesitzer bei Verkauf an eine Stärkefabrik keine Lagerungskosten zu tragen hätte. Verarbeite er dagegen die Kartoffeln in der Brennerei, dann habe er Lagerungskosten.

Lagerungskosten für Fertigungsstoffe gehörten zu den Herstellungskosten nach § 65 BrMonG und seien nach dem Kostendeckungsprinzip des § 65 BrMonG in voller Höhe anzusetzen.

5. Verlust an vergärbarer Substanz.

Ein Kartoffelanbauer, der mit der Stärkefabrik einen Anbau- und Lieferungsvertrag geschlossen habe, liefere seine Kartoffeln in der Regel vom Feld weg, um die Arbeit und die Verluste einer Zwischenlagerung zu ersparen.

Die Bundesmonopolverwaltung trage selbst vor, daß die Stärkefabrik im Jahr 1960 für Spätanlieferungen eine Prämie von 0,03 DM/kg Stärke bezahlt habe, was beweise, daß sie lieber die Prämie zahle als die Arbeit und die Verluste der Lagerung (bis Anfang Dezember) selbst zu tragen. Diese Spätanlieferungsprämie sei zusätzlich zum Herbstmarktpreis gezahlt worden.

Die Forderung auf Anerkennung des Stärkeverlustes für Dezember sei auch deshalb begründet, weil die vergleichbaren Lieferungen von Fabrikkartoffeln an die Stärkefabriken in den ersten Dezembertagen aufhörten; denn die Prämienabrechnungen müßten bereits am 20. Dezember bei der obersten Landesbehörde für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorliegen.

Auch der Sachverständige Schwantag habe festgestellt, daß der Vergleichspreis für Stärkekartoffeln nur bis 15. November gelte und daß daher der Stärkeverlust im Monat Dezember zusätzlich zum Herbstmarktpreis der Fabrikkartoffeln bei der Ermittlung der Herstellungskosten berücksichtigt werden müsse.

Zur Handhabung der Bundesmonopolverwaltung, den Schwund an vergärbarer Substanz seit 1962/1963 nicht mehr durch eine Mengenzugabe, sondern durch einen Preiszuschlag anzuerkennen, sei zu sagen, daß es unerklärlich sei, warum die Bundesmonopolverwaltung diese einfache, seit Jahren angewandte Berechnungsmethode aufgegeben habe. Diese Berechnungsmethode sei grundsätzlich falsch und führe zu einer vollkommenen Verzerrung des Wettbewerbsbildes "Stärkefabrik-Brennerei".

Zusammenfassend werde gerügt, daß die Bundesmonopolverwaltung § 65 BrMonG bei Festsetzung des Grundpreises wie folgt nicht beachtet habe:

1. Nichtberücksichtigung des Stärkeschwundes Dezember.

2. Umrechnung des Stärkeschwundes auf Stärkepreis statt auf Stärkemenge.

3. Zu hoher Ansatz der Anlieferungskosten.

4. Nichtanerkennung der Lagerungskosten.

II.

Die Bundesmonopolverwaltung trägt zu der in § 65 BrMonG geforderten "angemessenen Verwertung der Kartoffeln" folgendes vor:

1. Wie der Bundesfinanzhof in seinem Gutachten V z D 2/56 S vom 6. November 1956 (BStBl 1956 III S. 356) ausgeführt habe, sei in § 65 BrMonG mit den sich aus dieser Vorschrift ergebenden Einschränkungen für Branntwein aus landwirtschaftlichen Kartoffelbrennereien das Kostendeckungsprinzip festgelegt, dem für den Rohstoffbereich durch eine "angemessene Verwertung der Kartoffeln" entsprochen werde.

Die Reichsmonopolverwaltung habe in ihrer langen Praxis die Brennkartoffel in Anlehnung an den Marktpreis der Fabrikkartoffel bewertet. Sie habe also nicht die Gestehungskosten für die Kartoffeln im Grundpreis vergütet, sondern eine "angemessene Verwertung der Kartoffeln" darin gesehen, daß dem Brenner im Grundpreis für seine Kartoffeln das Entgelt gewährt werde, das er nach der Marktlage habe erwarten können. Dabei sei nach Kaiser "Das Schicksal der Kartoffelbrennerei unter dem Monopol" (Die Branntweinwirtschaft, Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1957 S. 85, 87) nur zweifelhaft gewesen, ob der volle Marktpreis angesetzt werden müsse, oder ob es nicht richtiger sei, davon noch gewisse Abzüge zu machen.

2. Die Bundesmonopolverwaltung habe sich der Handhabung der Reichsmonopolverwaltung im Grundsatz angeschlossen. Sie bewerte die Brennkartoffeln auch nach dem Marktpreis und gehe dabei vom Marktpreis für 1 kg Stärke in den Kartoffeln aus. Marktpreise hätten in unserem Wirtschaftsleben grundsätzlich den Vorrang vor den Selbstkosten.

Den Marktpreis für Brennkartoffeln bestimme die Bundesmonopolverwaltung schon seit Jahren durch einen Vergleich mit dem Marktpreis, den die Kartoffelstärkefabriken ihren Anlieferern für das kg Stärke zahlten. Diese zahlten in diesem Jahr (1962/1963) wie in den Vorjahren aus eigenen Mitteln 0,40 DM/kg Stärke. Hinzu komme eine Prämie von 0,13 DM/kg Stärke, die das Bundesernährungsministerium den Stärkefabriken aus Mitteln des Grünen Planes mit der Maßgabe zur Verfügung stelle, daß die Stärkefabriken an die Erzeuger insgesamt mindestens 0,53 DM/kg Stärke zahlten. Diese 0,53 DM seien der Marktpreis frei Werk; er gelte für die Dauer der Kampagne in den Kartoffelstärkefabriken, also bis weit in den Dezember hinein. Von diesem Preis, den die Kartoffelstärkefabriken auch im Dezember zahlten, ginge die Bundesmonopolverwaltung bei der Bewertung der Kartoffeln aus.

Dieser Marktpreis müsse berichtigt werden, weil er

a) Anlieferungskosten enthalte, die dem Brenner nicht erwüchsen und weil

b) durch die Überwinterung eines Teiles der Brennkartoffeln Aufwendungen entstünden, die im Marktpreis der Stärkekartoffeln nicht enthalten sein könnten.

Zu a): Die Anlieferungskosten, insbesondere die unmittelbaren Transportkosten, erspare der Brenner; sie müßten daher ausgeschieden werden.

Anlieferungskosten seien erst ab 1962/1963 mit der Erhöhung der Stärkeprämie auf 0,13 DM angesetzt worden. Früher sei lediglich darüber gesprochen worden.

Es sei bisher nicht möglich gewesen, sie genau zu ermitteln, weil die Bundesmonopolverwaltung keine rechtliche Handhabe habe, bei den Kartoffelstärkefabriken und ihren Anlieferern Erhebungen anzustellen. Sie sei deshalb auf eine Schätzung angewiesen, der sie in der Hauptsache die freiwilligen Auskünfte der beiden in Betracht kommenden Kartoffelstärkefabriken habe zugrunde legen müssen. Diese hätten dem leitenden Betriebsprüfer, Zollrat (ZR) Körner, im Herbst 1961 übereinstimmend angegeben, die durchschnittliche Frachtbelastung, die ihre Anlieferer zu tragen hätten, läge bei etwa 0,04 DM/kg Stärke.

Diesem Ermittlungsergebnis hätten die Verbände der landwirtschaftlichen Kartoffelbrennereien mit der Behauptung widersprochen, die von der Bundesmonopolverwaltung angegebene durchschnittliche Frachtbelastung sei zu hoch.

Bemühungen der Bundesmonopolverwaltung und des ZR Körner im Oktober 1962, von den Stärkefabriken offizielle Auskünfte zu erhalten, seien erfolglos geblieben.

Der Bundesmonopolverwaltung bleibe daher nur die Möglichkeit, die durchschnittlichen Transportkosten an Hand der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren und der letzten Ermittlungen des ZR Körner zu schätzen.

Nach dem Schreiben der Stärkefabrik S. vom 18. Dezember 1961 hätte die Bahnfrachtbelastung in der Herbstkampagne 1961 2,70 Pf betragen. Da die Anlieferungen über die Landstraße aber ebenfalls unmittelbare Transportkosten verursacht haben müßten, sei es fehlerhaft, wenn S. für Achsanfuhren keine Kosten angesetzt habe. Da die Waggonanlieferungen in S. im Jahre 1961 etwa 60 % aller Anlieferungen ausgemacht hätten, hätte die Bundesmonopolverwaltung die unmittelbaren Transportkosten bei Achsanfuhren (etwa 40 %) auf 1,30 Pf/kg Stärke geschätzt.

Die Berechnung der Anlieferungskosten auf 4 Pf an Hand des Schreibens der Stärkefabrik S. vom 18. Dezember 1961 könnte nur als Versuch der Bundesmonopolverwaltung gewertet werden, zu genaueren Ergebnissen zu kommen.

Zu b): Die Lagerungskosten seien von der Betriebsprüfung des Bundesministers der Finanzen im Jahre 1962 nachrichtlich im Durchschnitt mit 0,10 DM/kg Stärke ermittelt worden.

Rohstoff-Lagerungskosten gehörten nach einhelliger Auffassung als Materialgemeinkosten zum Stoffbereich und nicht zum Fertigungsbereich. Da sie daher als Rohstoffkosten im Marktpreis der Brennkartoffeln erfaßt würden, habe es die Bundesmonopolverwaltung immer abgelehnt, Lagerungskosten bei der Kalkulation des Branntweingrundpreises als besondere Kostenart in Ansatz zu bringen aus folgenden Erwägungen:

aa) Der Marktpreis sei kein Selbstkostenpreis. Ob der Erzeuger im Marktpreis alle bei der Erzeugung anfallenden Kosten vergütet bekomme, hänge von der jeweiligen Marktlage ab. Mit dem Marktpreisprinzip sei die zusätzliche Berücksichtigung von Lagerungskosten nicht zu vereinbaren, sie würde auf eine systemwidrige Kombination von Marktpreis und Selbstkostenpreis hinauslaufen.

bb) Lagerungskosten würden weder beim Verkauf der Saat- und Speisekartoffeln noch der Futterkartoffeln in Ansatz gebracht, obwohl sie dort genauso entstünden wie bei der Brennkartoffel. Dort richte es sich ganz nach der Marktlage, ob und inwieweit sie der Erzeuger vergütet bekomme.

Gleichwohl habe die Bundesmonopolverwaltung zum Ausgleich der Aufwendungen, die wegen des Marktpreisprinzips als selbständige Kostenart im Preis der Kartoffelstärke nicht berücksichtigt werden könnten, im Wege der Schätzung 0,03 DM/kg Stärke zugelegt, so daß als Rohstoffpreis der Betrag von 0,55 DM/kg Stärke (0,49 + 0,03 + 0,03) in die Selbstkostenrechnung für 1 hl W eingegangen sei.

Die Darstellung im Gutachten Schwantag sei abzulehnen. Nach diesem müßten die Lagerungskosten durch den Verkaufspreis gedeckt werden, wenn der Kartoffelanbauer lagere. Lagere aber die Brennerei, dann gehörten die Rohstofflagerungskosten zu den Herstellungskosten des Branntweins.

Die Brennerei sei landwirtschaftlicher Nebenbetrieb. Die Einkünfte würden dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zugerechnet. Bei dieser Sach- und Rechtslage müsse die Kartoffellagerung dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zugerechnet werden. Im Marktpreis seien dann sämtliche Vorkosten mitabgegolten, demnach auch Lagerungskosten. Wollte man die Lagerung zur Brennerei zählen, dann komme dies im Ergebnis darauf hinaus, daß der Nebenbetrieb Brennerei als eigenständiger Gewerbebetrieb angesehen werde.

Man könne nicht wie Schwantag die Verhältnisse bei selbständigen gewerblichen Betrieben auf die ganz anders geartete Lage eines landwirtschaftlichen Betriebes, der seine eigenen Vorräte in dem Nebenbetrieb Brennerei verarbeite, übertragen. Wenn aber die Lagerung der Kartoffeln dem Kartoffelanbau zuzurechnen sei, dann seien im Marktpreis alle Vorkosten und damit die Lagerungskosten mitabgegolten.

Lagerungskosten für Fertigungsstoffe gehörten zu den Herstellungskosten nach § 65 BrMonG. Streitig sei nur ihre kalkulatorische Behandlung, nämlich die Frage, ob sie bereits im Marktpreis für 1 kg Stärke aus Kartoffeln enthalten seien, oder ob sie noch als besondere Kostenart in die Kalkulation der Herstellungskosten für 1 hl W eingehen müßten. Entscheidend sei die Wesensart dieser Kosten. Lagerungskosten seien nach einheitlicher Auffassung in der Betriebswirtschaftslehre Materialkosten, gehörten damit zum Stoffbereich im Sinne von Nr. 10 der Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) vom 21. November 1953. Auch nach Schwantag seien die Lagerungskosten keine Kostenart der Fertigungskosten. Wenn er und der Bf. gleichwohl bestrebt seien, die Lagerungskosten "aus Vereinfachungsgründen mit den üblichen Fertigungskosten zusammenzufassen", die man dann "getrost auch Fertigungskosten" nennen könne, dann könne dies nur als Versuch gewertet werden, diese Kosten auf diese Weise als besondere Kostenart unter die Fertigungskosten zu bringen.

Die Bundesmonopolverwaltung gehe -- auch nach Schwantag zu Recht -- vom Marktpreis der Kartoffeln aus. Die Fertigungsstoffe seien nach Nr. 17 Abs. 1 Satz 1 LSP in erster Linie mit den Preisen des Zeitpunktes gemäß Nr. 8 LSP zu bewerten. Das bedeute, daß bei Vorkalkulationen der Tagespreis (=Marktpreis) maßgebend sei, der grundsätzlich sämtliche Vorkosten, also auch die Lagerungskosten decke.

Eine Bewertung über den Einstandspreis, die die LSP in Nr. 17 Abs. 1 Satz 2 ermöglichten, habe die Bundesmonopolverwaltung bisher noch nie vorgenommen.

Aus dem Gesetz könne nicht hergeleitet werden, daß der Preis für Brennkartoffeln nach den Gestehungskosten auszurichten sei. Durch die gesetzlichen Zuschläge zum Grundpreis würden noch höhere Erlöse für die Kartoffeln erzielt, als im Grundpreis zum Ausdruck komme.

Die Stärkefabrik Sch. habe im Frühjahr von März bis Mai 1963 gearbeitet und trotzdem keinen Preiszuschlag gewährt. Also sei auch bei der Brennkartoffel ein Sonderansatz für Lagerungskosten nicht gerechtfertigt.

Wollte man entgegen der Meinung der Bundesmonopolverwaltung der Auffassung sein, die Lagerungskosten seien neben dem Marktpreis noch besonders anzusetzen, dann müßte Ausgangspunkt die These sein, Landwirtschaft und Brennerei bildeten eine wirtschaftliche Einheit und die Kartoffellagerung sei dem einheitlichen Betrieb zuzuordnen. "Eine angemessene Verwertung der Kartoffeln" im Sinne des § 65 BrMonG würde dann die besondere Deckung der Lagerkosten erforderlich machen. Dann aber müßte, da der einzige Gewinn in der Schlempe bestehen solle (Hinweis auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs vom 6. November 1956, BStBl 1956 III S. 356 ff.), der Verrechnungspreis der Fabrikkartoffel noch in anderer Hinsicht als bisher berichtigt werden. Denn in dem Vergleichsmarktpreis der Fabrikkartoffeln sei zweifellos ein Gewinn enthalten, da erfahrungsgemäß niemand auf die Dauer ohne Gewinn arbeite. Dieser dem Kartoffelanbauer als Eigenbrenner nicht zustehende Gewinnanteil müßte an sich ausgesondert werden, was aber rechnungsmäßig bei den gegebenen Verhältnissen einer 500-hl-Brennerei nicht möglich sei. Belasse aber die Bundesmonopolverwaltung dem Brenner einen nicht gerechtfertigten Gewinn, der auf 10 % von 0,53 DM = 0,05 DM geschätzt werden könne, dann müsse er es sich auch gefallen lassen, wenn er andererseits nominell nicht ganz die vollen Lagerungskosten (Stärkeverlustausgleich und Lagerungskosten im engeren Sinne) ersetzt erhalte.

Die von der Betriebsprüfung Zoll im Jahre 1962 für die gesamte Kampagne festgesetzten Lagerungskosten von 0,10 DM/kg Stärke könnten allenfalls nur für die Zeit von Januar bis Mai in Frage kommen, da im Herbstmarktpreis alle Kosten bis einschließlich Dezember enthalten seien.

Es könnten demnach allenfalls 0,06 DM/kg Stärke an Stelle von 0,10 DM angesetzt werden. Außerdem müßten 0,03 DM/kg Stärke wegfallen, die die Bundesmonopolverwaltung zum Ausgleich zusätzlicher Aufwendungen im Winter zugelegt habe.

Einen gewissen Stärkeverlust habe die Bundesmonopolverwaltung bei der Kostenermittlung schon seit Jahren anerkannt. Früher sei sie von einem sogenannten Frühjahrsmarktpreis ausgegangen, der alle Vorkosten einschließlich des Stärkeverlustes bis Ende März umfaßte, so daß ein Stärkeverlust besonders nur noch für April und Mai zu berücksichtigen gewesen sei. Für das Betriebsjahr 1962/1963 sei die Bundesmonopolverwaltung von einem Herbstmarktpreis, gültig bis einschließlich Dezember, von 0,53 DM ausgegangen, so daß nunmehr noch ein Stärkeverlust für die Monate Januar bis Mai zu berücksichtigen gewesen sei. Der Stärkeverlust im Dezember habe unberücksichtigt zu bleiben, da er im Herbstmarktpreis, der bis einschließlich Dezember gültig sei, mitabgegolten sei.

Erstmalig im Herbst 1962 habe die Bundesmonopolverwaltung im Gegensatz zu früheren Jahren den im Herbstmarktpreis noch nicht erfaßten Schwund an vergärbarer Substanz nicht durch eine Mengenzugabe beim Rohstoff, sondern durch Preiszuschlag anerkannt. Sie halte das für richtiger, weil die für die Erzeugung von 1 hl W erforderliche Menge an Kartoffel stärke mit 153,132 kg stets die gleiche, also schwundunabhängig sei, es sei nur eine größere Kartoffel menge anzusetzen.

Dieser erforderliche Mehreinsatz an Kartoffeln solle für die Monate Januar bis Mai abgegolten werden. Er mache, wertmäßig dargestellt, 0,03 DM/kg Stärke aus. Dem Einwand des Bf., daß diese Berechnungsmethode grundsätzlich falsch sei, weil sie zu einer vollkommenen Verzerrung "des Wettbewerbsbildes Stärkefabrik--Brennerei" führe, käme keine Bedeutung zu, da die Bemessung des Grundpreises mit diesem Wettbewerbsbild nichts zu tun habe.

III.

In der mündlichen Verhandlung hat die Bundesmonopolverwaltung auf Befragen folgendes erklärt:

1. Bei ihren Ausführungen zu den Anlieferungskosten sei ihr bei der Verwertung des Schreibens der Stärkefabrik S. vom 18. Dezember 1961 bei der Schätzung auf 0,04 DM/kg Stärke ein Irrtum unterlaufen. Gleichwohl halte sie diesen Betrag für zutreffend, da in ihm noch andere Nebenkosten berücksichtigt seien.

Den Betrag von 2,70 Pf/kg Stärke für Bahnfrachten, bezogen auf die tatsächlich so beförderten Kartoffeln, wie sie die Stärkefabrik in ihrem Schreiben für 1961 angegeben habe, halte sie für zutreffend.

2. Die in der Niederschrift über die Vorbesprechung mit den Vertretern der Kartoffelbrennereien am 25. Oktober 1962 enthaltene und im Schriftsatz vom 15. März 1963 wiederholte Erklärung über die Zulage von 0,03 DM/kg Stärke für Aufwendungen, die wegen des Marktpreisprinzips als fester Unkostenanteil im Preis des kg Stärke nicht berücksichtigt werden könnten, sei so gemeint gewesen, daß mit diesen 0,03 DM/kg Stärke ausschließlich Aufwendungen für Lagerungskosten abgegolten werden sollten.

Der Bf. berichtigte daraufhin seinen Antrag bezüglich Anerkennung der Lagerungskosten dahin, daß er nunmehr deren Einbeziehung in die Grundpreisberechnung nur in Höhe von 0,10 weniger 0,03 DM begehre.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die Beschwerden führen zur Aufhebung der angefochtenen Übernahmebescheinigungen.

I.

Die Beschwerden richten sich gegen Branntweinübernahmebescheinigungen aus den Jahren 1962/1963, 1963/1964 und 1964/1965, die der Senat, da mit den vier Beschwerden um die richtige Festsetzung des Branntweingrundpreises gestritten wird, zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

Bei der den Inhalt dieser Bescheinigungen bildenden Berechnung des Branntweinübernahmegeldes handelt es sich, wie der erkennende Senat in seinem Beschluß VII B 18/55 S vom 14. Januar 1959 (BStBl 1959 III S. 126, Slg. Bd. 68 S. 318), auf den zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, enschieden hat, um eine Entscheidung des Bundesmonopolamts für Branntwein, gegen die gemäß § 4 Nr. 2b des Gesetzes über den Bundesfinanzhof (BFHG) vom 29. Juni 1950 (BGBl 1950 S. 257) die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zulässig ist. Mit dieser Beschwerde kann die Nachprüfung der Berechnung des Übernahmegeldes, also auch die Nachprüfung des Branntweingrundpreises, begehrt werden, da er die Grundlage für die Berechnung des Übernahmegeldes bildet.

II.

Mit den Beschwerden wird geltend gemacht, daß die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein die durchschnittlichen Herstellungskosten für 1 hl W unrichtig berechnet und deshalb den Branntweingrundpreis um nahezu 10 % zu niedrig festgesetzt habe, so daß eine "angemessene Verwertung der Kartoffeln", wie sie § 65 BrMonG vorschreibt, nicht mehr gewährleistet sei.

1. Der Branntweingrundpreis ist von der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein gemäß § 65 BrMonG so festzusetzen, daß er die durchschnittlichen Herstellungskosten eines hl W in gutgeleiteten landwirtschaftlichen Kartoffelbrennereien mittleren Umfanges deckt, wobei davon auszugehen ist, daß bei angemessener Verwertung der Kartoffeln die Schlempe dem Brennereibesitzer kostenfrei zur Verfügung bleibt.

Die Auslegung dieser Bestimmung, insbesondere die Bedeutung der Worte "bei angemessener Verwertung der Kartoffeln" im Zusammenhang mit der Kostenfreiheit der Schlempe, hat von Anfang an zu Zweifeln Anlaß gegeben (vgl. hierzu Hoppe-Heinricht, Kommentar zum Gesetz über das Branntweinmonopol, § 65, Anm. 6, und Kaiser, "Das Schicksal der Kartoffelbrennereien unter dem Monopol" in "Die Branntweinwirtschaft", Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1957 S. 85 ff.).

Die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein bewertet in Fortsetzung der Praxis der Reichsmonopolverwaltung für Branntwein die Brennkartoffeln nach dem Marktpreis für Fabrikkartoffeln und geht dabei von dem Marktpreis für 1 kg Stärke in den Kartoffeln aus. Sie vergütet also im Grundpreis nicht die Gestehungskosten der Brennkartoffeln, sondern sieht, wie sie selbst vorträgt, eine angemessene Verwertung der Kartoffeln darin, daß dem Brenner im Grundpreis für seine Brennkartoffeln das Entgelt gewährt wird, das er nach der Marktlage erwarten kann. Das aber würde bedeuten, daß es dem § 65 BrMonG entspreche, wenn bei der Berechnung der Herstellungskosten des Branntweins die verbrauchten Kartoffeln mit dem Betrag je Mengeneinheit bewertet werden, der bei der Verwertung derselben Kartoffeln durch Verkauf zu gewöhnlichen Absatzbedingungen hätte erzielt werden können, oder anders ausgedrückt, daß dem Brenner auch bei Verarbeitung der Kartoffeln im Brennereibetrieb dieselbe angemessene Verwertung gesichert bleiben soll, wie bei ihrer sonstigen Verwertung.

Die Bundesmonopolverwaltung ist jedoch der Ansicht, daß mit Rücksicht darauf, daß der Brennereibetrieb nur ein Nebenbetrieb des landwirtschaftlichen Betriebs sei, aus der Verwertung der Kartoffeln zu Brennzwecken nur ein Gewinn anfallen dürfe und daß dieser Gewinn entsprechend der Vorschrift des § 65 BrMonG nur in der kostenfreien Überlassung der Schlempe bestehen dürfe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen; denn um dieses wirtschaftliche Ergebnis sicherzustellen, hätte es des Zusatzes "bei angemessener Verwertung der Kartoffeln" nicht bedurft. Der Senat ist vielmehr in Übereinstimmung mit Hepp (Gutachten vom 9. März 1956) der Auffassung, daß dieser Zusatz dahin zu verstehen ist, daß der Brennereibesitzer, der gleichzeitig Kartoffelanbauer ist, bei der Verarbeitung der Kartoffeln in der Brennerei nicht schlechtergestellt werden soll, als wenn er sie auf dem Markt verkauft hätte, d. h. daß als Einsatzwert der Kartoffeln in der Grundpreisfestsetzung ihm das wirtschaftliche Ergebnis eines solchen Verkaufs erhalten bleiben soll, so als ob er die von ihm erzeugten Kartoffeln an seine Brennerei verkauft hätte. Hepp führt hierzu in seinem Gutachten folgendes aus:

"In diesem Zusammenhang bedarf auch noch die Bedeutung des Wortes 'bei angemessener Verwertung der Kartoffeln' in der Bestimmung über die Kostenfreiheit der Schlempe in § 65 BMG der Klärung. Mit diesen Worten dürfte der Gesetzgeber gemeint haben, daß der Wert der Kartoffeln als Rohstoff bei den Selbstkosten im Aufbau des Grundpreises unbeschadet der kostenfreien Verfügung über die Schlempe zu berücksichtigen ist. Ein Gewinn, der sich aus dem Anbau der Kartoffeln, nicht aus ihrer Verwertung im Brennereibetrieb ergibt, darf im Grundpreis nicht etwa deshalb unberücksichtigt bleiben, weil der Gewinn aus der aus den Kartoffeln hergestellten Schlempe unberücksichtigt zu bleiben hat. Dem Brenner soll auch bei Verarbeitung der Kartoffeln im Brennereibetrieb dieselbe angemessene Verwertung gesichert bleiben wie bei ihrer sonstigen Verwertung." Gegen eine solche Auffassung, die gedanklich von einer betriebswirtschaftlichen Unterscheidung des kartoffelerzeugenden landwirtschaftlichen Betriebs und des Brennereibetriebs ausgeht, bestehen nach Ansicht des Senats insbesondere im Hinblick auf die Bestimmungen in § 25 BrMonG über die landwirtschaftlichen Brennereien keine Bedenken; denn diese Bestimmungen unterscheiden selbst den landwirtschaftlichen Betrieb und den Brennereibetrieb.

Folgt man dieser Auffassung hinsichtlich der Bedeutung des Zusatzes "bei angemessener Verwertung der Kartoffeln", so ergibt sich daraus zwangsläufig, daß ein im Falle des Verkaufs der Kartoffeln als Fabrikkartoffeln zum Marktpreis etwa erzielter Gewinn dem Kartoffelanbauer und Brennereibesitzer bei der Bewertung der Kartoffeln als Rohstoff in der Festsetzung des Grundpreises erhalten bleiben muß.

Auch daß bei dem fiktiven Verkaufspreis (in Wirklichkeit als Verrechnungspreis) zwischen landwirtschaftlichem Betrieb und Brennerei von dem Preis für Fabrikkartoffeln ausgegangen wird, ist im Hinblick darauf, daß es keinen Markt für Brennkartoffeln als solche gibt, daß es sich aber bei den Fabrikkartoffeln nach § 9 der Deutschen Kartoffelgeschäftsbedingungen (Berliner Vereinbarung 1956) um "unsortierte Kartoffeln wie sie das Feld gibt", also dasselbe Produkt, daß die Brennereien verarbeiten, handelt, nicht zu beanstanden.

Auch der Umstand, daß dieser Preis kein freigebildeter Marktpreis, sondern ein mit Rücksicht auf die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Kartoffel- und Stärkemarkt subventionierter Preis ist, steht, da er der einzige zur Verfügung stehende vergleichbare Preis ist, seiner Verwendung als Ausgangspunkt für die Bewertung der Brennkartoffeln nicht entgegen.

Damit dieser Preis der in § 65 BrMonG geforderten "angemessenen Verwertung der Kartoffeln" gerecht wird, bedarf es jedoch der Berichtigung insoweit, als er entweder Entgelt für Kosten enthält, die bei einer Verwertung der Kartoffeln in der Brennerei nicht anfallen, oder aber Kosten nicht abgilt, die bei einer Verwertung der Kartoffeln als Brennkartoffeln anfallen.

Um diese Berichtigungsfaktoren geht teils dem Grund, teils der Höhe nach der Streit.

2. Anlieferungskosten

Der Marktpreis für Fabrikkartoffeln ist unbestritten ein frei Werk-Preis. Er enthält also Entgeltsanteile für die Kosten der Anlieferung der Kartoffeln an die Stärkefabrik durch die Kartoffelanbauer. Soweit mit diesen andere als reine Bahnfracht- und reine Transportkosten der Anlieferung per Achse abgegolten werden, können sie außer Betracht bleiben, da sie sich mit den entsprechenden Kosten der Anlieferung der Kartoffeln an die Brennerei etwa ausgleichen. Der Fabrikkartoffelpreis muß daher, um eine angemessene Verwertung der Kartoffeln in der Brennerei zu gewährleisten, d. h. hier dem Brenner nicht ein Entgelt für nichterbrachte Leistungen zukommen zu lassen, um die durchschnittlichen Bahn- und Achstransportkosten gekürzt werden. Die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein hat dies getan, indem sie den Preis um 4 Pf/kg Stärke gekürzt hat. Sie hatte diesen Abzug damit begründet, daß nach dem Schreiben der Stärkefabrik S. vom 18. Dezember 1961 die Bahnfrachtbelastung in der Herbstkampagne 1961 2,70 Pf betragen hätte. Da die Anlieferungen über die Landstraße aber ebenfalls unmittelbare Transportkosten verursacht haben müßten, sei es fehlerhaft, wenn S. für Achsanfuhren keine Kosten angesetzt habe. Da die Waggonanlieferungen in S. im Jahre 1961 etwa 60 % aller Anlieferungen ausgemacht hätten, hätte die Bundesmonopolverwaltung die unmittelbaren Transportkosten bei Achsanfuhren (etwa 40 %) auf 1,30 Pf/kg Stärke geschätzt.

Sie hat jedoch in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß ihr hierbei ein Irrtum unterlaufen sei, sie aber den Betrag von 0,04 DM/kg Stärke nach wie vor für zutreffend halte, da in ihm noch andere als reine Bahnfracht- und reine Transportkosten der Anlieferung per Achse enthalten seien. Da, wie bereits oben ausgeführt, diese anderen Kosten außer Betracht bleiben können und die Bundesmonopolverwaltung die Richtigkeit der von der Stärkefabrik angegebenen 2,70 Pf/kg Stärke für Bahnfrachtkosten, bezogen auf die tatsächlich so beförderten Kartoffeln als richtig anerkannt hat, trägt der Senat keine Bedenken festzustellen, daß diese Zahl von 2,70 Pf als durchschnittliche Belastung der mit der Bahn beförderten Kartoffeln ebenso zutrifft wie der von der Stärkefabrik in ihrem Schreiben vom 18. Dezember 1961 daraus errechnete Betrag von 1,02 Pf/kg Stärke für die insgesamt angelieferte Kartoffelmenge. Da die Verfahrensbeteiligten nach dem Akteninhalt darin übereinstimmen, daß die anteiligen Achsanfuhrkosten pro kg Stärke im Durchschnitt eher geringer, jedenfalls aber nicht höher zu schätzen sind als die entsprechende durchschnittliche Belastung von einem kg Stärke durch die Bahnfrachten, so erscheint es dem Senat angemessen, die durchschnittliche Gesamtbelastung eines kg Stärke durch die insgesamt angefallenen Transportkosten auf rund 2 Pf zu schätzen, ein Betrag, den auch der Bf. anerkennt.

3. Lagerungskosten

Für die hier zu treffende Entscheidung ist wesentlich, daß Ausgangspunkt der Betrachtung die Auslegung der Worte "bei angemessener Verwertung der Kartoffeln" sein muß. Wie oben bereits dargetan, ist darunter zu verstehen, daß dem Brenner auch bei Verarbeitung der Kartoffeln im Brennereibetrieb dieselbe angemessene Verwertung gesichert bleiben soll wie bei ihrer sonstigen Verwertung. Das bedeutet für die im folgenden zu erörternde Frage, daß der Brenner bei einer Verwertung der Kartoffeln in der Bennerei nicht mit Kosten belastet bleiben darf, die ihm im Falle einer sonstigen Verwertung nicht entstehen würden.

Der den Ausgangspunkt der Grundpreisberechnung bildende Fabrikkartoffelpreis ist unbestritten ein Erntepreis, ein Preis, zu dem der Kartoffelanbauer vom Felde weg, also ohne Zwischenlagerung, liefert. Unbestritten ist auch, daß die Brennkartoffeln bis zu ihrem jeweiligen Einsatz zum Brennen gelagert werden müssen und daß diese Lagerung als solche -- also ohne Rücksicht auf die durch die Lagerung entstehenden Stärkeverluste -- Kosten verursacht. Diese Kosten muß der Brenner aufbringen, sie gehören also, wie auch die Bundesmonopolverwaltung einräumt, zu den Herstellungskosten nach § 65 BrMonG. Die Bundesmonopolverwaltung lehnt es aber ab, diese Lagerungskosten bei der Kalkulation des Branntweingrundpreises als besondere Kostenart in Ansatz zu bringen, und begründet es im wesentlichen damit, daß Rohstofflagerungskosten nach einhelliger Auffassung als Materialgemeinkosten zum Stoffbereich und nicht zum Fertigungsbereich gehörten und daher als Rohstoffkosten im Marktpreis der Brennkartoffeln erfaßt würden.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Selbst wenn man der Auffassung der Bundesmonopolverwaltung über den betriebswirtschaftlichen Charakter der Rohstofflagerungskosten folgt, so würde das bedeuten, daß die Nichtanerkennung der Lagerungskosten durch die Bundesmonopolverwaltung nur berechtigt wäre, wenn die Lagerungskosten für die Brennkartoffeln mit dem der Bewertung der Brennkartoffeln zugrunde gelegten fiktiven Veräußerungspreis (Marktpreis für Fabrikkartoffeln) überhaupt abgedeckt sein könnten. Das aber ist nicht der Fall; denn dieser Preis für Fabrikkartoffeln, der sowieso kein echter Marktpreis, sondern ein manipulierter Preis ist, ist unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Kartoffeln vom Felde weg ohne Zwischenlagerung an die Fabrik geliefert werden, gebildet und enthält somit kein Entgelt für Lagerungskosten. Es würde also, wie oben bereits erwähnt, der Fall gegeben sein, daß vom Lieferer der Brennkartoffeln eine Leistung erbracht wird, die durch den Vergleichspreis (Fabrikkartoffelpreis) nicht abgegolten wird und deren Gegenwert bei der Bewertung der Brennkartoffeln zugeschlagen werden muß, wenn dem Gebot der angemessenen Verwertung der Kartoffeln gemäß § 65 BrMonG Genüge geschehen soll.

Wenn die Bundesmonopolverwaltung die Auffassung vertritt, daß diese Betrachtungsweise nur richtig sei, wenn man Kartoffelanbau und Brennereibetrieb als wirtschaftliche Einheit betrachte, so kann dem nicht gefolgt werden. Denn die angemessene Verwertung der Kartoffeln durch Verarbeitung im Brennereibetrieb ist, wie bereits dargelegt, nur dann gegeben, wenn bei der Zulieferung der Brennkartoffeln der kartoffelanbauende Betrieb nicht schlechtergestellt wird, als wenn er die Kartoffeln verkauft hätte, und daß er daher bei der Abgabe der Kartoffeln an den Brennereibetrieb nicht mit Kosten belastet bleiben darf, die er im Falle der Veräußerung der Kartoffeln nicht gehabt hätte. Das setzt gerade die gedankliche Annahme zweier Wirtschaftsbetriebe voraus, von der auch das BrMonG, wie oben bereits dargelegt, ausgeht.

Zu keinem anderen Ergebnis gelangt man, wenn man die notwendige Lagerung der Brennkartoffeln bis zu ihrer Verwendung dem Brennereibetrieb zurechnet. Denn auch dann müssen die durch die Lagerung entstehenden Kosten auf dem Weg über den Grundpreis als tatsächlich entstandene Herstellungskosten dem Brennereibetrieb abgegolten werden, damit die Schlempe nicht mit diesen Kosten belastet wird, sondern kostenfrei verbleibt.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Fabrikkartoffelpreis, der nach Ansicht des Senats ein Herbstanlieferungspreis ist, der keine Zwischenlagerung der Kartoffeln abgilt, als Verrechnungspreis für die Brennkartoffeln, bei denen zweifelsfrei regelmäßig Lagerungskosten anfallen, nur dann verwendet werden kann, wenn er um den durchschnittlichen Betrag dieser Lagerungskosten aufgestockt worden ist. Diese sind durch die Betriebsprüfung des Bundesministers der Finanzen 1962 mit durchschnittlich 10 Pf/kg Stärke ermittelt worden. Da diese Kosten auf Grund der tatsächlichen Lagerung der Brennkartoffeln entstanden sind und der als Verrechnungspreis zugrunde gelegte Fabrikkartoffelpreis keine Lagerungskosten enthält und auch nicht enthalten kann, da normalerweise bei den Anlieferern keine Lagerungskosten entstehen, müssen diese Kosten zugeschlagen werden, und zwar in vollem Umfang. Die Bundesmonopolverwaltung kann sich nicht darauf berufen, daß eine derartige Hinzurechnung der Lagerungskosten deshalb nicht angängig sei, weil der Fabrikkartoffelpreis ein Marktpreis sei und nach dem Marktpreisprinzip mit diesem alle Kosten abgedeckt seien, ohne Rücksicht darauf, ob sie je nach Marktlage tatsächlich mit dem Preis hereingeholt werden könnten. Das wäre nur dann richtig, wenn auf dem Markt, auf dem sich der Preis bildet, die Zwischenlagerung der Kartoffeln beim Kartoffelanbauer die Regel wäre. Das aber ist bei den Fabrikkartoffeln nicht der Fall.

Da die Bundesmonopolverwaltung nach ihrem Vortrag für diese Lagerungskosten bei der Ermittlung des Grundpreises einen Betrag von 3 Pf/kg Stärke zugelegt hat, bleibt also noch ein Betrag von 7 Pf/kg Stärke zu berücksichtigen.

Zu 2. und 3. Die hier angegebenen, aus den Akten entnommenen Zahlen haben die Grundlage für die Festsetzung des Grundpreises für das Betriebsjahr 1962/1963 zu bilden.

Sollten sich die durchschnittlichen Anlieferungs- und Lagerungskosten in den folgenden Betriebsjahren wesentlich geändert haben, so wäre dies bei der Festsetzung des Grundpreises für diese Betriebsjahre zu berücksichtigen.

4. Verlust an vergärbarer Substanz

Da, wie bereits des öfteren ausgeführt, "angemessene Verwertung der Kartoffeln" bedeutet, daß der Kartoffelanbauer, der seine Kartoffeln in der Brennerei verarbeitet, bei der Bewertung dieser Kartoffeln als Rohstoff für die Branntweinerzeugung so, d. h. nicht schlechter, aber auch nicht bessergestellt werden soll, als wenn er die Kartoffeln an eine Stärkefabrik verkauft hätte, ist ein Verlust an vergärbarer Substanz, d. h. an Stärke, bei der Festsetzung des Grundpreises nur insoweit auszugleichen, als ein solcher Ausgleich auch bei einem Verkauf an eine Stärkefabrik besonders abgegolten wird, d. h. soweit die Stärkefabriken bei Spätanlieferungen einen Zuschlag zum Herbstmarktpreis bezahlen. Denn nur dann ist der eingetretene Stärkeverlust durch den Herbstmarktpreis nicht mitabgegolten.

Die Bundesmonopolverwaltung hat einen Zuschlag für eingetretenen Stärkeverlust für die Monate Januar bis Mai gewährt. Streit besteht nur darüber, ob auch für den Monat Dezember ein Zuschlag für Stärkeverluste zu gewähren ist. Das hängt davon ab, ob die Stärkefabriken für im Dezember angelieferte Kartoffeln einen Zuschlag für Stärkeverluste bezahlen oder nicht. Haben sie das getan, was in den einzelnen Jahren je nach Marktlage verschieden sein kann, so ist der Herbstmarktpreis auch für die Ermittlung des Grundpreises entsprechend zu erhöhen.

Ob die Bundesmonopolverwaltung diesem Verlust an vergärbarer Substanz auf dem Wege einer Mengenzugabe beim Rohstoff oder durch einen Preiszuschlag Rechnung trägt, ist keine Rechtsfrage und kann ihr überlassen bleiben, sofern nur der Verlust in der Höhe ausgeglichen wird, daß dem Gebot "angemessener Verwertung der Kartoffeln" Genüge geschieht.

Bei der Berechnung des zu gewährenden Ausgleichszuschlages durfte die Bundesmonopolverwaltung aber nicht von dem um 4 Pf, sondern nur um 2 Pf Anlieferungskosten/kg Stärke geminderten Marktpreis der Fabrikkartoffeln ausgehen (siehe oben Ziff. 2).

Nach allem waren die mit den Beschwerden angegriffenen Übernahmebescheinigungen aufzuheben, da sie auf einer Grundpreisfestsetzung beruhen, die den Erfordernissen des § 65 BrMonG nicht entspricht, und die Sachen an die Bundesmonopolverwaltung -- Bundesmonopolamt -- zurückzuverweisen, damit dieses unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen in den mit den Beschwerden angegriffenen Fällen den Grundpreis neu festsetzt und das Übernahmegeld neu berechnet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425881

BStBl III 1965, 346

BFHE 1965, 272

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