Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wiedereinsetzung bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bei dem unzuständigen FG
Leitsatz (NV)
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen ein nach dem 31.12.2000 verkündetes Urteil des FG muss beim BFH eingelegt werden. Die Nichteinhaltung der Beschwerdefrist, die trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung durch die Einlegung der Beschwerde bei dem FG verursacht worden ist, ist verschuldet.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 2, § 116 Abs. 2; 2. FGOÄndG
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen 1992 bis 1995 ab, u.a. weil sie den Streitgegenstand nicht bezeichnet hatte. Das FG hatte die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. In der Rechtsmittelbelehrung des in der Sitzung am 11. Januar 2001 verkündeten und ihrem Bevollmächtigten am 9. Februar 2001 zugestellten Urteils ist sie darüber belehrt worden, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb eines Monats bei dem Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen ist.
Die Klägerin, vertreten durch einen Steuerberater als Prozessbevollmächtigten, legte Nichtzulassungsbeschwerde mit einem am 9. März 2001 (Freitag) um 15.11 Uhr beim FG durch Telekopie eingegangenen Schriftsatz ein. Das FG leitete diesen Schriftsatz ―ebenfalls per Telekopie― am Dienstag, dem 13. März 2001 an den BFH. Auf den Hinweis der Geschäftsstelle des Senats, wonach die Beschwerde verspätet erhoben worden sei, beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und wies zur Begründung auf den ihrer Meinung nach fristgerechten Eingang der Beschwerde am 9. März 2001 beim FG hin. Sie rügt einen Verfahrensmangel, weil sie die Klage vor Ablauf der vom FG gesetzten Ausschlussfrist begründet habe.
Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie ist verspätet eingelegt worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht gegeben.
1. Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung, die vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist, nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften. Daraus folgt, dass die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung, die ―wie im Streitfall― nach dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist, nach den Vorschriften der FGO i.d.F. des 2.FGOÄndG beurteilt werden muss.
2. Nach § 116 Abs. 1 FGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem BFH einzulegen. Maßgebend für die Fristwahrung ist der Eingang der Beschwerdeschrift beim BFH.
Die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Klägerin versäumt, weil sie gegen das ihr am 9. Februar 2001 zugestellte Urteil erst am 13. März 2001 beim BFH Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat.
3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) ist nicht zu gewähren.
a) Die Klägerin war nicht ―wie vorausgesetzt wird― ohne Verschulden gehindert, die erwähnte gesetzliche Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH einzuhalten. Da die Klägerin ihren Wiedereinsetzungsantrag nicht weiter als mit dem unzutreffenden Hinweis auf den rechtzeitigen Eingang der Beschwerde beim FG begründet hat (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO), kann daraus nur entnommen werden, dass ihr Prozessbevollmächtigter nicht beachtet hat, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr ―wie vor dem 1. Januar 2001― beim FG, sondern beim BFH innerhalb eines Monats einzulegen ist.
Diese Fristversäumnis ist verschuldet, weil dem Prozessbevollmächtigten die Gesetzesänderung bekannt sein musste und weil in der dem Urteil des FG beigefügten Rechtsmittelbelehrung zutreffend auf die neue Rechtslage hingewiesen worden war (vgl. zum Verschulden bei Irrtümern über Verfahrensrecht, über das in der Rechtsmittelbelehrung zutreffend informiert: Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 56 FGO Tz. 10, 17).
Das Verschulden ihres Bevollmächtigten muss sich die Klägerin zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung).
b) Eine andere Entscheidung ergibt sich auch nicht deshalb, weil das FG die Beschwerde erst am Dienstag, dem 13. März 2001 an den BFH weitergeleitet hat. Da die Klägerin die Beschwerdeschrift dem FG erst am letzten Tag der Frist, am Freitag (nachmittags), durch Telekopie zugänglich gemacht hat, sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass ihr Schriftsatz nicht im ordnungsgemäßen Geschäftsgang des FG bearbeitet und ohne zusätzliche Verzögerung an den BFH gefaxt wurde.
Fundstellen