Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitlicher Erwerbsgegenstand “saniertes Grundstück” trotz Mitwirkung des Erwerbers bei der Planung
Leitsatz (NV)
Ein bei Abschluss des Kaufvertrags noch unsaniertes Grundstück kann im sanierten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs sein, auch wenn der Erwerber die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung inhaltlich maßgebend mitbeeinflusst oder gar veranlasst hat.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 10.10.2005; Aktenzeichen 7 K 1002/04) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. Dezember 1997 von einer GmbH einen unabgeteilten hälftigen Bruchteil an einem Grundstück in … Der Vertrag wurde am 9. März 1998 durch Genehmigung durch die Verkäuferin rechtswirksam. Am 20. März 1998 schlossen der Kläger und der Erwerber des anderen Hälfteanteils mit der Verkäuferin einen Sanierungsvertrag für das auf dem Grundstück befindliche Gebäude.
Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) Kenntnis von dem Abschluss des Sanierungsvertrags erhalten hatte, bezog es den auf den Kläger entfallenden Hälfteanteil des Sanierungsaufwands in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ein und erhöhte die Steuer entsprechend. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines Urteils aus, das FA habe den Grundstückskaufvertrag und den Werkvertrag zutreffend als Teile eines einheitlichen, auf den Erwerb eines mit einem sanierten Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks gerichteten Rechtsgeschäfts gewürdigt. Zwischen den beiden Verträgen habe ein enger sachlicher Zusammenhang bestanden. Dem Kläger sei das bebaute Grundstück aufgrund einer konkreten und bis annähernd zur Baureife gediehenen Vorplanung einschließlich der Sanierung des Mehrfamilienhauses zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis einheitlich angeboten worden. Dem Angebot der Verkäuferin habe ein von ihr vorgegebenes Vertrags- und Sanierungskonzept zugrunde gelegen, das am 23. Dezember 1997 im Wesentlichen fertig gestellt gewesen und am 25. Februar 1998 beim Bauordnungsamt eingereicht worden sei. Unerheblich sei, dass abweichend von der ursprünglichen Planung auf Wunsch des Klägers Änderungen betreffend der Auswahl der einzubauenden Fenster, Fußbodenbeläge und Sanitäranlagen sowie der Aufteilung der Räume beim Ausbau des Dachgeschosses erfolgt seien. Offen bleiben könne, ob der Aufzug auf Betreiben des Klägers eingebaut worden sei, da dies zu keiner wesentlichen Änderung der Planung geführt habe. Es brauche auch nicht geklärt zu werden, ob der Kläger vor Abschluss des Werkvertrags mit der Verkäuferin Kostenvoranschläge anderer Bauunternehmer eingeholt habe. Entscheidend sei die Annahme des einheitlichen, auf Verkauf des bebauten Grundstücks mit anschließender Sanierung gerichteten Angebots der Verkäuferin.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere. Er habe bis zum Erwerb des Grundstücks kein Angebot der Verkäuferin für eine Modernisierung des Gebäudes zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis erhalten, sondern fast sämtliche Gewerke, die Gegenstand des Sanierungskonzeptes gewesen seien, geändert. Erst danach habe ihm die Verkäuferin ein Preisangebot für die Modernisierung des Gebäudes unterbreitet. Da er im Wesentlichen vor Abschluss des Werkvertrags an der Planung der Modernisierungsarbeiten beteiligt gewesen sei, liege kein einheitliches Vertragswerk vor.
Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die der Vorentscheidung zugrunde liegenden Grundsätze stimmen mit der Rechtsprechung des BFH überein. Danach besteht zwischen mehreren Verträgen über den Fall einer rechtlichen Bestandsverknüpfung kraft Parteiwillens hinaus zum einen dann ein so enger sachlicher Zusammenhang, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtung ein bebautes Grundstück erhält, wenn dieser im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme gegenüber der Veräußerseite nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in bebautem Zustand erhalten würde (BFH-Urteile vom 8. Februar 1995 II R 19/92, BFH/NV 1995, 823, unter II. 3. a, und vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl II 2006, 269, unter II. 1. a aa). Ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird zum anderen dann indiziert, wenn der Veräußerer aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung dem Erwerber vor Wirksamwerden des Grundstückskaufvertrags ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot annimmt (BFH-Urteile vom 23. November 1994 II R 53/94, BFHE 176, 450, BStBl II 1995, 331, und vom 15. März 2000 II R 34/98, BFH/NV 2000, 1240, unter II. 1. c). In solchen Fällen wird ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Bauvertrag erst nach dem Kaufvertrag geschlossen wird und der Erwerber tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen wäre, ein anderes, mit dem Grundstücksveräußerer nicht verbundenes Unternehmen mit der Bebauung zu beauftragen oder sich für eine andere, wesentlich vom Angebot abweichende Bebauung zu entscheiden, und ggf. auch entsprechende Angebote eingeholt hatte. Maßgebend ist der tatsächlich verwirklichte Geschehensablauf (BFH-Urteile in BFHE 176, 450, BStBl II 1995, 331; vom 16. Juli 1997 II R 39/95, BFH/NV 1998, 213, und vom 30. April 2003 II R 29/01, BFH/NV 2003, 1446; BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2005 II B 29/05, BFH/NV 2006, 123).
Ein einheitliches Angebot im vorbezeichneten Sinne kann auch dann gegeben sein, wenn die bis (annähernd) zur Baureife gediehene Vorplanung inhaltlich maßgebend von der Erwerberseite mitbeeinflusst oder gar veranlasst worden ist (BFH-Urteil in BStBl II 2006, 269). Der BFH hat mit dieser Entscheidung ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung geändert. Der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist diese aktuelle Rechtsprechung zugrunde zu legen (BFH-Beschlüsse vom 25. März 2004 III B 105/03, BFH/NV 2004, 961, und vom 8. Juni 2004 VI B 158/03, BFH/NV 2004, 1406).
Die Grundsätze zum einheitlichen Erwerbsgegenstand gelten auch für den Erwerb bereits bebauter Grundstücke, bei denen es lediglich um die Modernisierung, Sanierung und/oder den Ausbau eines bereits vorhandenen Gebäudes geht (BFH-Urteile vom 10. August 1994 II R 33/91, BFH/NV 1995, 337; vom 7. September 1994 II R 106/91, BFH/NV 1995, 434; BFH-Beschluss vom 23. Februar 2005 II B 25/04, BFH/NV 2005, 1140).
2. Die Rüge des Klägers, die Verkäuferin habe ihm ein Preisangebot für die Modernisierung des Gebäudes erst unterbreitet, nachdem er das Konzept dafür im Wesentlichen selbst geplant gehabt habe, entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Der Kläger hat nicht einmal dargelegt, ob er das seinen Vorstellungen entsprechende Angebot der Verkäuferin vor oder nach dem --für die Entscheidung maßgebenden-- Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Kaufvertrags erhalten hat. Etwaige Fehler des FG bei der Anwendung der zutreffenden Rechtsgrundsätze auf die Besonderheiten des Streitfalles wie etwa nicht in jeder Hinsicht ausreichende tatsächliche Feststellungen führen als solche nicht zur Zulassung der Revision, soweit sie nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO entsprechend gerügt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 1558361 |
BFH/NV 2006, 1882 |