Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung
Leitsatz (NV)
Wird aufgrund einer mißverständlichen Rechtsbehelfsbelehrung des FG eine nach Art. 1 Nr. 4 BFHEntlG unzulässige Beschwerde eingelegt, sind Gerichtskosten gleichwohl zu erheben, wenn das FG anschließend auf den Fehler hingewiesen und Gelegenheit zur Rücknahme der Beschwerde gegeben hat.
Normenkette
GKG § 8
Verfahrensgang
Tatbestand
Am 16. Februar 1988 erhob der Steuerberater B für S Klage wegen der Gewinnfeststellungen für die Jahre 1975 bis 1978 sowie gegen Gewerbesteuermeßbeträgen 1975 bis 1978. Eine Vollmacht legte er auch nach wiederholter Aufforderung und Festsetzung einer Frist durch das Finanzgericht (FG) nicht vor. Er teilte dem FG lediglich mit, daß S sich anderweitig vertreten lassen wolle.
Das FG verwarf die Klage zunächst durch einen Vorbescheid als unzulässig. B beantragte mündliche Verhandlung und nahm die Klage zurück. Gleichzeitig beantragte er, gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) keine Gerichtskosten zu erheben.
Darauf stellte das FG durch Beschluß das Verfahren ein und legte B als vollmachtlosem Vertreter des S die Kosten des Verfahrens auf. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 GKG seien nicht gegeben; eine unrichtige Sachbehandlung durch das FG sei nicht zu erkennen.
Dem Beschluß ist eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt; danach können die Beteiligten gegen den Beschluß Beschwerde gemäß § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einlegen.
Gegen den Beschluß legte B Beschwerden ein, die folgenden Wortlaut haben:
,,In den Rechtsstreiten des S
gegen das Finanzamt S . . .
wegen Gewinnfeststellungen . . . ."
,,Gegen diesen Beschluß lege ich hiermit Beschwerde
ein und beantrage:
festzustellen, daß die Vorbescheide vom 20. Juli 1988 aufgrund unrichtiger Sachbehandlung erteilt worden sind."
Der Berichterstatter des FG teilte B mit, er gehe davon aus, daß B mit den Beschwerden die Freistellung von den Gerichtskosten errreichen wolle. Damit wende er sich aber gegen eine Entscheidung in Streitigkeiten über Kosten, die nicht mehr mit der Beschwerde anfechtbar sei (Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Der Berichterstatter gab B eine Frist, die Erfolgsaussichten seiner Beschwerden zu überdenken. B reagierte auf dieses Schreiben nicht.
Das FG half den Beschwerden nicht ab.
Entscheidungsgründe
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß Beschwerdeführer B selbst ist und nicht S, für den er ohne Vollmacht vor dem FG aufgetreten ist. Das ergibt sich zunächst daraus, daß B auch in diesen Verfahren - trotz Rechtsbelehrung - keine Vollmacht des S vorgelegt hat. Aus seinem Antrag in der Beschwerdeschrift ist im übrigen zu schließen, daß B sich nicht gegen den Einstellungsbeschluß im engeren Sinne, sondern gegen die damit verbundene Kostenentscheidung wendet.
B ist insoweit auch zur Einlegung der Beschwerde befugt, denn der Einstellungsbeschluß richtet sich hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen B (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1972 I B 42/72, BFHE 108, 477, BStBl II 1973, 532; vom 11. November 1981 I B 37/81, BFHE 134, 401, BStBl II 1982, 167).
Der Beschwerdeführer B hat wörtlich einen Feststellungsantrag gestellt. Der Senat legt ihn dahin aus, daß sein Begehr gemäß § 8 GKG auf die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung durch das FG gerichtet ist.
Die Beschwerden sind unzulässig.
Gemäß Art. 1 Nr. 4 BFHEntlG ist gegen eine Entscheidung des FG in Streitigkeiten über Kosten die Beschwerde nicht gegeben. Soweit das FG dem Beschwerdeführer persönlich im Rahmen der Einstellungsbeschlüsse die Kosten auferlegt und die Voraussetzungen des § 8 GKG verneint hat, hat es eine Entscheidung in Streitigkeiten über Kosten getroffen (vgl. BFHE 134, 401, BStBl II 1982, 167).
Die Beschwerden sind nicht etwa deshalb zulässig, weil die Rechtsmittelbelehrung des FG mißverständlich war (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1985 VII R 93/85, BFH/NV 1986, 290).
Die Kosten der Beschwerdeverfahren waren dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (§ 135 Abs. 2 FGO). Die Voraussetzungen des § 8 GKG sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht gegeben. Das FG hat zwar möglicherweise durch seine mißverständliche Rechtsmittelbelehrung bewirkt, daß der Beschwerdeführer die Beschwerden eingelegt hat. Gleichwohl ist diese unrichtige Behandlung der Sache letztlich nicht ursächlich für die Entstehung der Gerichtskosten. Das FG hat nämlich den Beschwerdeführer nach Einlegung der Beschwerden auf den Fehler hingewiesen und ihm hinreichend Zeit gegeben, seine Beschwerden zurückzunehmen. Das hat er nicht getan. Hätte er die Beschwerden zurückgenommen, wären ihm Gerichtskosten nicht entstanden (vgl. Anl. 1 zu § 11 Abs. 1 GKG Nr. 1371).
Fundstellen
Haufe-Index 416676 |
BFH/NV 1990, 589 |