Entscheidungsstichwort (Thema)

Mindestanforderungen an die Begründung der Revision

 

Leitsatz (NV)

Zu einer formgerecht begründeten Revision gehört eine - wenn auch nur kurze - Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt als Steuerbevollmächtigter eine freiberufliche Praxis und erzielt daneben als Angestellter eines Steuerberaters Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Nachdem der Kläger für das Streitjahr1980 - wie für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume 1976 bis 1978 - der Aufforderung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) zur Abgabe von Steuererklärungen nicht Folge geleistet hatte, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen wie folgt:

Betriebseinnahmen 80 000 DM

Gewinn aus selbständiger Arbeit 40 000 DM

Umsatz 83 000 DM

davon Eigenverbrauch 3 000 DM

Bruttoarbeitslohn 6 500 DM.

Diese Schätzung richtete sich an den für den Veranlagungszeitraum 1979 erklärten Besteuerungsgrundlagen aus und führte zu den angefochtenen Steuerfestsetzungen.Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Anfechtungsklage, zu deren Begründung er eine Einkommensteuererklärung 1980 mit einer Anlage N und der Lohnsteuerkarte sowie eine Umsatzsteuererklärung vorlegte. Der Bruttoarbeitslohn des Streitjahres betrug danach 11 400 DM; es wurden jedoch auch nach Fristsetzung gemäß Art. 3 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit weder Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt noch eine entsprechende Gewinnermittlung vorgelegt.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte aus, die Schätzungsbefugnis sei nur hinsichtlich einzelner Besteuerungsgrundlagen, nämlich des Bruttoarbeitslohns und der Sonderausgaben entfallen; im übrigen sei die Schätzung auch weiterhin dem Grunde nach geboten. Der Höhe nach schätzte das FG die Besteuerungsgrundlagen wie das FA und lehnte eine Änderung der den Bruttoarbeitslohn betreffenden Schätzungsgrundlagen ab, weil dies zu einer Verböserung geführt hätte.

Mit der fristgerecht eingelegten Revision trug der Kläger innerhalb der antragsgemäß verlängerten Frist zur Begründung der Revision lediglich vor, die Steuererklärungen seien während des Klageverfahrens dem FA durch Boten überbracht worden; sie hätten vor dem FG jedoch keine Berücksichtigung gefunden. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist trug der Kläger weiterhin vor, es könne nicht zutreffen, daß die Steuererklärungen dem FA nicht zugegangen seien. Eine fristgerechte Übersendung von Abschriften dieser Erklärungen sei wegen Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen ausgeschlossen. Diese Abschriften würden jedoch nunmehr in den Hausbriefkasten des FA eingeworfen.

Der Kläger beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung und Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig, weil sie nicht in der vorgeschriebenen Weise begründet ist.

Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats oder innerhalb der auf Antrag verlängerten Frist zu begründen (§ 120 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Revisionsbegründung oder die Revision muß darüber hinaus einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Wie sich aus den Worten ,,die Revision ist . . . zu begründen" und ,,Revisionsbegründung" ergibt, muß der Revisionskläger darlegen, weshalb er dem angefochtenen Urteil nicht zustimmen kann. Dazu bedarf es wenigstens einer kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (z. B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 12. Januar 1977 I R 134/76, BFHE 121, 19 BStBl II 1977, 217 m.w.N.; vom 6. Oktober 1982 I R 71/82, BFHE 136, 521, BStBl II 1983, 48, und vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470 m.w.N.).

Im Streitfall ist die Frist zur Begründung der Revision am 10. April 1985 abgelaufen. Innerhalb dieser Frist ist - abgesehen von der Revisionsschrift, die nur das angefochtene Urteil bezeichnet - lediglich der Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten vom 2. April 1985 eingegangen. Dieser Schriftsatz genügt jedoch nicht den Anforderungen an eine formgerechte Revisionsbegründung, weil er weder die Rechtsnormen bezeichnet, auf deren Verletzung das angefochtene Urteil beruht (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO) noch eine - wenn auch nur kurze - Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung enthält. Insoweit hätte es zumindest einiger Ausführungen dazu bedurft, warum die Schätzung nach Auffassung des Klägers dem Grunde und der Höhe nach ungerechtfertigt war. Der Vortrag, die Steuererklärungen seien beim FA eingereicht, vom FG aber nicht berücksichtigt worden, stellt keine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung dar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414578

BFH/NV 1988, 369

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