Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines Feststellungsbescheids nach dem Tod eines Beteiligten
Leitsatz (redaktionell)
Enthält ein nach dem Tod eines Beteiligten erlassener Feststellungsbescheid keinen Hinweis auf die Rechtsnachfolger, ist der Feststellungsbescheid zwar nicht insgesamt nichtig. Die Zurechnung der Einkünfte auf den Verstorbenen ist diesem gegenüber jedoch unwirksam. Dieser Mangel kann nicht durch die Beiladung der Erben des Verstorbenen geheilt werden. Eine notwendige Beiladung der Erben kommt erst nach Erlaß eines besonderen Feststellungsbescheids i.S. des § 182 Abs. 3 AO 1977 in Betracht, in dem diese als Rechtsnachfolger aufgeführt sind.
Normenkette
AO 1977 §§ 124-125, 179, 182; FGO § 60 Abs. 3
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) waren neben Frau A Miteigentümer des Grundstücks X-Straße. Frau A starb 1986. Ihre Erben waren die Beigeladenen zu 1 bis 5. In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr (1984) machte der Kläger u.a. Werbungskosten von … DM geltend. Es handelte sich um im Jahre 1982 angefallene, gemäß § 82 b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) auf mehrere Jahre verteilte Erhaltungsaufwendungen, die der Kläger –wie er vortrug– allein getragen hat. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt – FA–) folgte dieser Zurechnung der Werbungskosten nicht. Er berücksichtigte die strittigen Erhaltungsaufwendungen, entsprechend den Miteigentumsanteilen auch bei der verstorbenen Frau A. In dem Feststellungsbescheid vom 20. August 1986 sind nur der Kläger und Frau A als Feststellungsbeteiligte aufgeführt. Einen Hinweis auf die Rechtsnachfolge nach Frau A enthält der Bescheid nicht. Die auf die Klägerin entfallenden Einkünfte sind beim Kläger erfaßt. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Auch aus der Einspruchsentscheidung ist die Rechtsnachfolge nicht zu ersehen. Im anschließenden Klageverfahren hat das Finanzgericht (FG) die Beigeladenen zu 1 bis 5 gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren beigeladen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger, mit der sie vortragen, daß sie die strittigen Werbungskosten allein getragen hätten. Eine Beiladung sei nicht erforderlich, weil die Klage allein ihre steuerlichen Belange betreffe.
Die Kläger beantragen, den Beschluß des FG aufzuheben.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
1. Das FG hat rechtsfehlerhaft die Erben von Frau A gemäß § 60 Abs. 3 FGO am Verfahren beteiligt.
Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte, die an einem Rechtsstreit derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig zum Verfahren beizuladen. Eine derartige Beteiligung der Erben der Frau A am vorliegenden Rechtsstreits ist im Streitfall nicht gegeben, da der angefochtene Feststellungsbescheid vom 20. August 1986 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 1990 ihnen gegenüber keine Rechtswirkungen entfalten. Nach § 124 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Im Streitfall ist den Beigeladenen der Bescheid weder bekanntgegeben worden noch sind sie darin als Feststellungsbeteiligte aufgeführt. In dem Bescheid ist lediglich Frau A als Feststellungsbeteiligte neben dem Kläger aufgeführt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides war sie jedoch bereits verstorben. Einen Hinweis auf die Rechtsnachfolge nach Frau A enthält der Bescheid nicht. Ein solcher Hinweis wäre aber geboten gewesen. Die Einbeziehung eines Verstorbenen in einen Feststellungsbescheid macht diesen zwar nicht insgesamt nichtig, führt jedoch dazu, daß die Zurechnung der Einkünfte auf den Verstorbenen diesem gegenüber unwirksam ist (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 21. Mai 1992 IV R 47/90, BFHE 168, 217, BStBl II 1992, 865 mit Hinweis auf Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., § 122 AO 1977 Tz. 8). Dieser Mangel kann durch die Beiladung der Erben von Frau A nicht geheilt werden, da es der Funktion der Rechtsschutzgewährung durch die Finanzgerichtsbarkeit widerspräche, durch die Rechtskraft eines Urteils einen Verwaltungsakts einem Beteiligten gegenüber erstmals zur Geltung zu bringen und damit den Rechtsschutz zu verkürzen, der dem Beteiligten bei Bekanntgabe des Verwaltungsakts an ihn zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1987 II R 36/86, BFH/NV 1989, 208). Eine notwendige Beiladung der Erben kommt somit erst nach Erlaß eines besonderen Feststellungsbescheids i.S. des § 182 Abs. 3 AO 1977 in Betracht, in dem diese als Rechtsnachfolger von Frau A aufgeführt sind.
2. Auf § 60 Abs. 1 FGO kann der Beiladungsbeschluß schon deshalb nicht hilfsweise gestützt werden, weil sich das FG mit dieser Ermessensvorschrift nicht auseinandergesetzt hat. Das Beschwerdegericht kann nicht sein Ermessen an die Stelle eines vom FG nicht ausgeübten Ermessens setzen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Das FA hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und ist somit im Beschwerdeverfahren unterlegen (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Januar 1982 VII B 141/81, BFHE 134, 537, BStBl II 1982, 239; Beschluß vom 29. Juli 1987 VIII B 203/86, BFH/NV 1988, 101).
Fundstellen