Leitsatz (amtlich)
Für einen Vorbescheid ist eine Urteilsgebühr nicht zu erheben.
Normenkette
FGO § 140 Abs. 1; GKG §§ 25-26
Tatbestand
Die Klage des Beschwerdeführers gegen das FA wegen einheitlicher und gesonderter Gewinnfeststellung 1963 bis 1965 wies das FG durch Vorbescheid vom 3. Juli 1968 ab. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der Vorbescheid erlangte gemäß § 90 Abs. 3 Satz 3 FGO die Wirkung eines Urteils.
In der Kostenrechnung vom 16. Oktober 1968 setzte die Geschäftsstelle des FG u. a. auch eine Urteilsgebühr in Höhe von 173 DM an. Die deswegen eingelegte Erinnerung wies das FG mit Beschluß vom 19. November 1968 zurück. Gegen den Beschluß ließ das FG die Beschwerde zu.
Der Beschwerdeführer legte mit der Begründung Beschwerde ein, daß der Vorbescheid nicht als End- oder Zwischenurteil im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 3 GKG angesehen werden könne.
Er beantragte, den Beschluß des FG aufzuheben und den Kostenansatz um die Urteilsgebühr in Höhe von 173 DM zu ermäßigen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist begründet.
Es fehlt an einer Rechtsgrundlage, nach der für einen Vorbescheid, der als Urteil wirkt, eine Urteilsgebühr zu erheben ist. Die sinngemäße Anwendung des GKG (§ 140 Abs. 1 FGO) vermag die Erhebung einer Urteilsgebühr nur für solche Entscheidungen zu rechtfertigen, die den Entscheidungen gleichstehen, für die nach dem GKG (§§ 25, 26) eine Urteilsgebühr zu erheben ist. Für andere Entscheidungen ist eine Urteilsgebühr schon deshalb nicht zu erheben, weil der Gesetzgeber durch die Regelungen im GKG zu erkennen gegeben hat, daß die Urteilsgebühr nach seinem Willen nur für bestimmte Entscheidungen zu erheben ist (vgl. Markl, Gerichtskostengesetz, 1967, § 25 Anm. 47).
In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird zwar die Auffassung vertreten, daß die Urteilsgebühr für einen Vorbescheid nach § 90 Abs. 3 FGO in sinngemäßer Anwendung des § 25 Abs. 1 Nr. 3 GKG zu erheben sei (vgl. Beschluß des Hessischen FG, B II 42/67 vom 13. April 1967, EFG 1967, 468; im Ergebnis auch: Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 2. bis 4. Aufl., FGO § 140 A 14; Markl, a. a. O., § 25 Anm. 61; Schumann: Kostenpflicht und Kostenerstattung nach der FGO, Der BB 1966, 1057 [1058]). Die gegenteilige Auffassung vertreten das FG Düsseldorf (Beschluß VI 84/67 EK vom 3. Oktober 1967, EFG 1968, 30), das FG Münster (Beschluß V 1874/68 KO vom 8. Oktober 1969, EFG 1970, 19), Klempt-Meyer (Das Kostenrecht des Steuerprozesses, 1969 S. 42) und Lauterbach (Kostengesetze, 15. Aufl., § 25 GKG Anm. 5 A). Der Senat hält letztere Auffassung für zutreffend. Es ist zu beachten, daß die Urteilsgebühr nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 GKG nur für solche Urteile zu erheben ist, die auf Grund streitiger Verhandlung ergehen. Einem solchen Urteil kann der Vorbescheid, der als Urteil wirkt, nicht gleichgestellt werden. Der Vorbescheid ergeht stets ohne streitige Verhandlung (§ 90 Abs. 3 FGO).
Die Anwendung des § 25 Abs. 1 Nr. 3 GKG ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Vorbescheid in der Regel auf Grund "widerstreitender Anträge" (vgl. Beschluß des Hessischen FG vom 13. April 1967, a. a. O.) ergeht. Entscheidungen, die ohne mündliche Verhandlung ergehen, fallen schon deshalb nicht unter die Regelung in § 25 Abs. 1 Nr. 3 GKG, weil die Erhebung der Urteilsgebühr für solche Entscheidungen in § 25 Abs. 2 GKG besonders geregelt ist.
Für den Vorbescheid kann aber auch nach dieser Vorschrift eine Urteilsgebühr nicht erhoben werden. Der Vorbescheid kann nicht einem Urteil gleichgestellt werden, das nach § 128 Abs. 2 der ZPO ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Nach § 128 Abs. 2 ZPO kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen, wenn die Parteien einverstanden sind. Einer solchen Entscheidung im Zivilprozeß steht im finanzgerichtlichen Verfahren die Entscheidung nach § 90 Abs. 2 FGO und nicht der Vorbescheid gleich. Eine sinngemäße Anwendung der Regelung in § 25 Abs. 2 GKG kommt demgemäß nur bei Entscheidungen nach § 90 Abs. 2 FGO und nicht bei Vorbescheiden in Betracht.
Auch die Regelungen in § 26 GKG vermögen die Erhebung einer Urteilsgebühr für einen Vorbescheid nach § 90 Abs. 3 FGO nicht zu rechtfertigen. Der Vorbescheid kann den in § 26 GKG genannten Urteilen nicht gleichgestellt werden, weil er unter anderen Voraussetzungen ergeht und der Ausnahmecharakter der Regelungen in § 26 GKG einer Ausdehnung entgegensteht (vgl. Markl, a. a. O., § 26 Anm. 1; Lauterbach, a. a. O., § 26 GKG in Anm. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf der sinngemäßen Anwendung des § 30 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (vgl. Beschluß des Senats VII B 63/68 vom 18. November 1969, BFH 97, 340, BStBl II 1970, 124).
Fundstellen
Haufe-Index 69187 |
BStBl II 1971, 115 |
BFHE 1971, 434 |