Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbindung von Beschwerdeverfahren; Herausgabe von Mandantenunterlagen durch Prozessvertreter
Leitsatz (NV)
1. Der BFH kann mehrere Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbinden.
2. Der Beschwerdeführer rügt mit dem Einwand, die Erstellung und Herausgabe eines Datenträgers zu Mandantenunterlagen sei unzumutbar, weil ihm wegen noch offener Honorarforderungen gegen seinen Mandanten noch ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, keinen Verfahrensfehler, sondern macht die materielle Unrichtigkeit der Entscheidung geltend.
3. Eine Divergenz ist nur gegeben, wenn das FG bei einem gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG.
4. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nicht hinreichend dargetan, wenn nicht schlüssig und substantiiert vorgetragen wird, weshalb die Rechtsfragen im Streitfall klärbar und im Allgemeininteresse klärungsbedürftig sind.
Normenkette
AO § 147 Abs. 6 S. 3; FGO § 73 Abs. 1 S. 1, § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, §§ 121, 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13.04.2007; Aktenzeichen 6 K 2012/06) |
FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13.04.2007; Aktenzeichen 6 K 2013/06) |
Gründe
Die Verbindung der beiden Beschwerdeverfahren beruht auf § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Beschwerden haben keinen Erfolg.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht zu Unrecht als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts (Verletzung von § 76 Abs. 1 FGO) geltend. Nach der Rechtsansicht des Finanzgerichts (FG), von der bei der Prüfung eines Verfahrensmangels auszugehen ist, brauchte die vom Kläger angebotene Zeugin nicht vernommen zu werden. Denn das FG hat die unter Beweis gestellte Tatsache als wahr unterstellt (S. 8 der Urteile) und dabei die Auffassung vertreten, dass sie für die Entscheidung unerheblich sei (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Oktober 2004 IX B 132/03, BFH/NV 2005, 371, m.w.N.). Ausweislich der Entscheidungsgründe der angegriffenen Urteile kam es nicht darauf an, ob die vom Kläger für seine Mandanten erstellten Buchführungsunterlagen, Kontoblätter, Journale und Abschlussbuchungen noch in den Akten oder im Archiv des Klägers als Ausdrucke vorhanden waren. Denn der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hatte dem Kläger alternativ die Möglichkeit eingeräumt, die entsprechenden Daten gemäß § 147 Abs. 6 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) auf einem Datenträger zur Verfügung zu stellen (S. 5 und 8 der Urteile).
Soweit der Kläger hiergegen einwendet, die Erstellung und Herausgabe eines Datenträgers sei unzumutbar, weil sie mit personellem und technischem Aufwand verbunden sei und ihm außerdem wegen noch offener Honorarforderungen gegen seine Mandanten ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, rügt er keinen Verfahrensfehler. Er macht vielmehr die materielle Unrichtigkeit der Auffassung des FG geltend, dass die mit der Zurverfügungstellung eines Datenträgers verbundenen Kosten gemäß § 147 Abs. 6 Satz 3 AO ihn, den Kläger, träfen und die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und seinem steuerlichen Berater abgabenrechtlich irrelevant seien (S. 8 der Urteile). Die (angebliche) materiell-rechtliche Unrichtigkeit des Urteils begründet jedoch keinen Verfahrensfehler (z.B. BFH-Beschluss vom 22. Februar 2007 VI B 29/06, BFH/NV 2007, 969).
2. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen. Die gerügte Divergenz zum Urteil des BFH vom 8. August 2006 VII R 29/05 (BFHE 214, 97, BStBl II 2007, 80) liegt nicht vor.
In dem genannten BFH-Urteil ging es darum, ob eine Bank einen Anspruch gemäß § 107 AO auf Entschädigung für Kosten hat, die anlässlich des Heraussuchens und der Vorlage von der Finanzbehörde angeforderter Unterlagen angefallen sind. Im Streitfall sind dem FA die angeforderten Unterlagen hingegen nicht vorgelegt worden. Der Kläger begehrt vom FA nicht Kostenerstattung, sondern die Aufhebung der Bescheide mit der Aufforderung, die Unterlagen herauszugeben. Der Streitfall betrifft damit einen anderen Sachverhalt. Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kann jedoch nur vorliegen, wenn das FG bei einem gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG (z.B. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2005 IX B 98/05, BFH/NV 2006, 768, m.w.N.).
3. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen geltend macht (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), genügen seine Ausführungen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Der Kläger hat nicht schlüssig und substantiiert dargetan, weshalb die Rechtsfragen im Streitfall klärbar und im Allgemeininteresse klärungsbedürftig sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2007 VIII B 41/07, BFH/NV 2008, 189, m.w.N.). Auch fehlt es an Angaben dazu, inwiefern die richtigen Antworten auf die Rechtsfragen zweifelhaft und in welchem Umfang und aus welchen Gründen sie umstritten sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. November 2006 V B 88/05, BFH/NV 2007, 509, m.w.N.).
Fundstellen