Entscheidungsstichwort (Thema)
Liebhaberei setzt in der Regel Anhaltspunkte für Hinnahme der Verluste aus persönlichen Gründen voraus
Leitsatz (NV)
- Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass aus einer objektiv negativen Totalgewinnprognose nur ausnahmsweise auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden kann. Dieser Schluss ist lediglich dann ohne Weiteres gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden.
- Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden, kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit auch typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 19.04.2002; Aktenzeichen 11 K 6281/99 F) |
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Klägern) als klärungsbedürftig bezeichnete Frage, wann eine verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen, und wie privat geprägte Tätigkeiten von beruflich/betrieblich geprägten Tätigkeiten abzugrenzen sind, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Dementsprechend kann sie der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung verleihen, die zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) führen müsste.
Wie die Kläger selbst zutreffend vortragen, hat das Finanzgericht (FG) seine Auffassung, dass der Betrieb des Tonstudios und Musikverlags als so genannte Liebhaberei zu qualifizieren sei, darauf gestützt, dass objektiv bei der konkreten Art der Betriebsführung ein Totalgewinn nicht zu erwarten sei und subjektiv die Kläger die Verluste aufgrund persönlicher Neigungen in Kauf genommen hätten. Die Entscheidung beruht danach nicht auf der Annahme, dass der Betrieb eines Tonstudios und Musikverlags typischerweise zur Befriedigung persönlicher Neigungen diene.
Eine Beantwortung dieser Frage war im Streitfall auch nicht erforderlich. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) in mittlerweile ständiger Rechtsprechung entschieden hat, kann aus einer objektiv negativen Totalgewinnprognose nur ausnahmsweise unmittelbar auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden. Dieser Schluss ist lediglich dann ohne weiteres gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden (BFH-Urteile vom 22. April 1998 XI R 10/97, BFHE 186, 206, BStBl II 1998, 663; vom 17. Juni 1998 XI R 64/97, BFHE 186, 347, BStBl II 1998, 727; vom 2. Juni 1999 X R 149/95, BFH/NV 2000, 23; vom 31. Mai 2001 IV R 81/99, BFHE 195, 382, BStBl II 2002, 276; vom 12. September 2002 IV R 60/01, BFHE 200, 284, BStBl II 2003, 85; vom 6. März 2003 XI R 46/01, BFHE 202, 124, BStBl II 2003, 602).
Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden, kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit auch typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen. Diese Frage ist vielmehr nur insoweit von Bedeutung, als ihre positive Beantwortung der Behörde und dem Gericht Ermittlungen über persönliche Gründe und Neigungen erspart und dem Steuerpflichtigen die Feststellungslast für das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht aufbürdet. Ein FG kann deshalb darauf verzichten, die Tätigkeit des Steuerpflichtigen darauf hin zu würdigen, ob sie zu den typischerweise aus privater Neigung ausgeübten verlustbringenden Tätigkeiten gehört, wenn es in der Person des Steuerpflichtigen konkrete Anhaltspunkte für persönliche Motive feststellt.
So ist das FG im Streitfall verfahren und hat aufgrund seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen den nicht gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßenden und damit revisionsrechtlich nicht angreifbaren Schluss gezogen, dass die Kläger aufgrund persönlicher Neigung nicht nur die jahrelange "harte körperliche Bauarbeit", sondern auch die mit der Tätigkeit verbundenen Verluste in Kauf genommen haben. Ob der Betrieb der Kläger zu jenen verlustbringenden Betätigungen gehört, die typischerweise zur Befriedigung persönlicher Neigungen dienen, ist im Streitfall ohne Bedeutung. Diese Frage kann mithin weder unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch unter dem Gesichtspunkt einer erforderlichen Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zur Zulassung der Revision führen.
2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen. Das FG ist nicht von den mit der Beschwerde bezeichneten Entscheidungen des BFH (Urteile in BFHE 195, 382, BStBl II 2002, 276, in BFHE 186, 347, BStBl II 1998, 727, und in BFH/NV 2000, 23) abgewichen. Es hat seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde gelegt, dass es bei Vorliegen einer objektiv negativen Gewinnprognose zusätzlich darauf ankommt, ob die Tätigkeit aus privaten Neigungen ausgeübt wird. Dies entspricht nach den vorstehenden Ausführungen der Rechtsprechung des BFH, die insbesondere in den von den Klägern genannten Entscheidungen ihren Ausdruck gefunden hat.
Fundstellen
Haufe-Index 1200583 |
BFH/NV 2004, 1396 |