Entscheidungsstichwort (Thema)
Beurteilung von Leistungen eines Bordellbetriebs in Wohnräumen
Leitsatz (NV)
Die Verschaffung von Geschlechtsverkehr in Wohnräumen gegen Entgelt ist keine in § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG bezeichnete steuerfreie Leistung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; UStG 1980 § 4 Nr. 12
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide für 1987 und 1988 durch das angefochtene Urteil ab. Zur Begründung führte es u. a. aus, der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) habe steuerpflichtige Leistungen dadurch bewirkt, daß er seinen Kunden Räume zur Verfügung gestellt habe, in denen diese die Dienste von Dirnen hätten beanspruchen können. Er habe nicht lediglich steuerfreie Leistungen durch Zimmervermietung an Dirnen erbracht. Die Bemessungsgrundlage für die Leistung des Klägers an seine Kunden sei das gesamte Entgelt, das diese für den Bordellbesuch zahlten. Der auf die Dirnen entfallende Anteil sei lediglich eine Ausgabenposition, die bei entsprechenden Rechnungen den Vorsteuerabzug, aber nicht die Bemessungsgrundlage beeinflusse. Das FG hatte für diese Beurteilung festgestellt, daß der Kläger durch Werbung auf seinen "Club" hingewiesen hatte, daß Kunden nur unter Benutzung einer Sprechanlage Zugang zu den Clubräumen erhielten, daß die dort anwesenden Dirnen ein jeweils freies Zimmer benutzten und daß sie den mit dem Kunden vereinbarten sofort bezahlten Preis in einem Behälter in den Clubräumen hinterlegten, daß der Preis auf einer Strichliste vermerkt und nach Betriebsschluß geteilt wurde.
Der Kläger begehrt Zulassung der Revision und begründet seine Beschwerde, indem er sich auf die in § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichneten Zulassungsgründe bezieht.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
a) Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung "im Hinblick darauf, daß die Verschaffung der Möglichkeit von Geschlechtsverkehr in letzter Zeit außer in Bordellen oder bordellartigen Betrieben verstärkt in einer privaten Wohnung -- ohne daß dies nach außen erkennbar ist -- erfolgt". Es sei nicht entschieden, ob bei dieser Art von Miet- oder Nutzungsverträgen der Vermieter nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 steuerfreie Umsätze tätige.
Eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt nicht in Betracht, weil sich die vom Kläger gestellte Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt. Die Verschaffung der Möglichkeit von Geschlechtsverkehr ist keine in § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG 1980 bezeichnete steuerfreie Leistung durch Grundstücksvermietung.
b) Abweichung von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH)
Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) von dem Urteil des BFH vom 10. August 1961 V 31/61 U (BFHE 73, 717, BStBl III 1961, 526) begehrt, entspricht die Beschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß der Beschwerdeführer abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus divergierenden Entscheidungen des BFH oder des Gemeinsamen Sentas der obersten Gerichtshöfe des Bundes so genau bezeichnen, daß eine Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Es reicht nicht aus, daß der Beschwerdeführer -- wie der Kläger -- lediglich auf die unterschiedliche Sachverhaltsgestaltung, die der bezeichneten Entscheidung des BFH und der angefochtenen Vorentscheidung zugrunde liegt, hinweist.
Hinzu kommt, daß eine Abweichung auch in der Sache nicht vorliegt. Nach der erwähnten Entscheidung des BFH ist für Leistungen, "die eindeutig auf die Förderung der Unzucht seitens der Zimmerinsassinnen abzielen", die Steuerbefreiung für die Vermietung von Räumen nicht anwendbar. Davon weicht die Vorentscheidung nicht ab.
c) Verfahrensmängel
Der Kläger beantragt Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil es das FG abgelehnt habe, zwei namentlich benannte Zeuginnen darüber zu vernehmen, daß die Dirnen die Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ausführten und dafür Entgelte selbst vereinnahmten.
Die Ablehnung der beantragten Zeugen vernehmung stellt jedoch keinen Verfahrensfehler (§ 96 Abs. 1 FGO) durch un zureichende Sachverhaltsaufklärung dar. Aufgrund der maßgebenden materiell- rechtlichen Rechtsauffassung des FG war die Aufklärung des Sachverhalts insoweit ohne Bedeutung. Für die Beurteilung der Leistungen des Klägers gegenüber seinen Kunden durch Verschaffen der Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr war es nicht entscheidungserheblich, ob die Dirnen selbständig oder nichtselbständig tätig waren.
Die Beweiswürdigung der tatsächlichen Feststellungen durch das FG für die rechtliche Beurteilung der Leistungsbeziehungen rechtfertigt keine Zulassung der Revision. Selbst wenn auch eine andere tatsächliche Würdigung möglich gewesen wäre, liegt darin kein Verfahrensfehler.
Auch die Verwertung von Aussagen von nicht über ihr Aussageverweigerungsrecht belehrten Zeuginnen aus einem vorangegangenen Ermittlungsverfahren führt im Streitfall nicht zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels. Die Beschwerdebegründung bezeichnet nicht (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO), für welche tatsächlichen Schlußfolgerungen das FG die bezeichneten Aussagen verwertet hat, welche tatsächlichen Grundlagen das FG ohne die beanstandeten Aussagen hätte würdigen müssen und welchen Einfluß dies auf die Vorentscheidung gehabt hätte.
Angeblich widersprüchliche Urteilsbegründungen sind -- wenn sie vorliegen -- materiell-rechtliche Fehler und rechtfertigen keine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers.
Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen