Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründetheit der Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrages auf PKH
Leitsatz (NV)
1. Das Prüfungsverfahren wegen eines Antrages auf Prozeßkostenhilfe bezweckt nicht eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits, sondern soll vor allem die Beurteilung ermöglichen, ob hinreichende Erfolgsaussichten bestehen.
2. Für das Prüfungsverfahren ist eine Erörterung mit den Beteiligten nur für den Fall vorgesehen, daß eine Einigung zu erwarten ist, und überdies in das gerichtliche Ermessen gestellt.
3. Im Prüfungsverfahren werden Sachverständige nur ausnahmsweise vernommen, wenn auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Normenkette
FGO § 90 Abs. 1 S. 1, § 142; UStG 1980 § 14 Abs. 3; ZPO § 114 S. 1, § 118 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Bf. ist selbständiger Kaufmann. In den Jahren 1980 bis 1982 erteilte er der Firma X-GmbH quittierte Rechnungen über Edelmetallieferungen, in denen USt gesondert ausgewiesen ist. Die in Rechnung gestellten Edelmetallieferungen an die GmbH hatten weder stattgefunden noch waren sie geplant. Mit den sich aus den Rechnungen ergebenden Vorteilen für die GmbH (Vorsteuerabzug) wollte der Bf., der leidenschaftlicher Spieler ist, Spielschulden abdecken, die gegenüber dem Geschäftsführer der GmbH entstanden waren.
Wegen der mit der Rechnungserteilung im Zusammenhang stehenden Steuerhinterziehung ist der Bf. verurteilt worden.
Mit Bescheiden vom 11. Oktober 1972 hatte das beklagte FA die USt 1980 und 1981 und die USt-Vorauszahlung für das I. Kalendervierteljahr 1982 festgesetzt. Hiergegen erhob der Bf. nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage und beantragte zugleich, ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Hierzu machte er geltend, die Rechnungen seien nichtig. Er leide an pathologischer Spielleidenschaft und habe die Rechnungen während des Spiels bzw. unmittelbar nach dem Spiel erteilt. Dies sei auf Anweisung und unter Druck des Geschätsführers der GmbH bzw. in der Hoffnung auf ein neues Spiel mit diesem geschehen.
Das FG hat den Antrag auf Prozeßkostenhilfe abgelehnt und hat hierzu ausgeführt: Für die Klage bestehe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Inanspruchnahme des Bf. bestehe gemäß § 14 Abs. 3 UStG 1980 zu Recht. Da der Bf. die betreffenden Lieferungen nicht erbracht habe und auch nicht habe erbringen wollen, sei er nicht befugt gewesen, Rechnungen zu erteilen (§ 14 Abs. 1 UStG 1980). Durch das Ausstellen der Rechnungen bzw. durch sein Mitwirken daran, daß erteilte unvollständige Rechnungen vervollständigt würden, habe der Bf. den Tatbestand des § 14 Abs. 3 Satz 1 UStG 1980 verwirklicht. Der Bf. könne nicht mit Erfolg geltend machen, er sei seinerzeit nicht geschäftsfähig gewesen. Das von ihm hierzu vorgelegte kriminologische Gutachten enthalte keine Aussage des Inhalts, daß der Bf. sich in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Das Landgericht Hamburg als Berufungsgericht im Strafverfahren gegen den Bf. habe in seinem Urteil nach Anhörung der Sachverständigen Zweifel an der Geschäfts- und Handlungsfähigkeit des Bf. verneint. Das Landgericht habe lediglich eingeräumt, daß beim Bf. die Fähigkeit erheblich vermindert gewesen sei, nach seiner Einsicht in das Unerlaubte seiner Tat zu handeln. Diese Würdigung sei zutreffend. Bei der gegebenen Sachlage seien keine Gründe zu finden, die eine Inanspruchnahme des Bf. als unangemessen erscheinen lassen könnten (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 V R 146/73, BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283).
Hiergegen hat der Bf. Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, das FG hätte die Feststellungen des Landgerichts Hamburg nicht übernehmen dürfen. Es hätte vielmehr im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sich ein Bild von seiner Persönlichkeit machen müssen. Erst hieraufhin hätte es ergänzend die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren verwerten dürfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Das FG hat zu Recht dem Bf. die beantragte Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt, weil die vom Bf. erhobene Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO). Insbesondere liegt keine Rechtsverletzung darin, daß das FG von einer mündlichen Erörterung der Sache mit den Beteiligten (vgl. § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO) und von einer Beweisaufnahme abgesehen hat.
1. Das Prüfungsverfahren wegen eines Antrages auf Prozeßkostenhilfe bezweckt nicht eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits, sondern soll die Beurteilung ermöglichen, ob hinreichende Erfolgsaussichten bestehen. Demzufolge ist die Pflicht des Gerichts in Beziehung auf Art und Umfang der vorzunehmenden Erhebungen gegenüber den Verhältnissen beim finanzgerichtlichen Klageverfahren erheblich eingeschränkt. Während im Klageverfahren dem Urteil grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorauszugehen hat (vgl. § 90 Abs. 1 Satz 1 FGO), ist für das Prüfungsverfahren wegen der Prozeßkostenhilfe von Gesetzes wegen eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten nur für den Fall vorgesehen, daß eine Einigung zu erwarten ist (§ 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO), und überdies auch unter diesen Umständen dem Gericht nicht durch strikte Verpflichtung auferlegt, sondern in das gerichtliche Ermessen gestellt.
2. Das FG war nicht etwa wegen der vom Bf. geltend gemachten psychischen Störungen gehalten, eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten oder gar eine diesbezügliche Beweisaufnahme durchzuführen. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 UStG 1980 schuldet derjenige, der in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, den ausgewiesenen Betrag, ohne daß dazu im Gesetz eine nachträgliche entlastende Berichtigungsmöglichkeit vorgesehen wäre. Zusätzliche Voraussetzungen in subjektiver Hinsicht werden vom Gesetz ebenfalls nicht angeführt. Zu der entsprechenden Vorschrift des § 14 Abs. 3 UStG 1967 hat der erkennende Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom 21. Februar 1980 V R 146/73 (BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283) eine Haftung dann ausgeschlossen, wenn sich der Aussteller im Zeitpunkt, da er sich des Abrechnungspapieres begibt, im Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat (und den ihm insoweit obliegenden Beweis erbringt). Es braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden, ob dieselbe Einschränkung bei § 14 Abs. 3 Satz 1 UStG 1980 angebracht ist. Wenn dies bejaht würde, könnte weder eine diesbezügliche mündliche Erörterung mit den Beteiligten noch eine entsprechende Beweisaufnahme für erforderlich gehalten werden.
Eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten ohne Zuziehung eines Sachverständigen wäre schon im Hinblick darauf nicht angezeigt, daß dem Richter in der Regel die Fachkunde für eine Beurteilung aus fachmedizinischer Sicht fehlt (vgl. BFH-Urteil V R 146/73, a.a.O.). Von einer Beweisaufnahme in dieser Hinsicht hat das Finanzgericht deswegen absehen dürfen, weil nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO Sachverständige im Prüfungsverfahren, betreffend Prozeßkostenhilfe, nicht vernommen werden, es sei denn, daß auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme ausschließende Klärung auf andere Weise war im vorliegenden Fall möglich. Das FG konnte sich die durch das vorgelegte Gutachten im maßgebenden Punkte nicht erschütterten tatsächlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen des Strafgerichts zu eigen machen.
Fundstellen
Haufe-Index 413769 |
BFH/NV 1985, 97 |