Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Urteilsberichtigung nach § 107 FGO
Leitsatz (NV)
1. Eine Urteilsberichtigung nach § 107 Abs. 1 FGO setzt voraus, daß ein Erklärungsmangel vorliegt, der erkennbar zu dem Erklärungswillen des Gerichts in Widerspruch steht. Schon die Möglichkeit eines Denkfehlers schließt eine Berichtigung nach § 107 FGO aus.
2. Bei einer unrichtigen Tatsachenwürdigung oder fehlerhaften Gesetzesauslegung handelt es sich um einen Denkfehler und nicht um eine offenbare Unrichtigkeit.
Normenkette
FGO § 107 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat beim Finanzgericht (FG) beantragt, das wegen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1979 und zum 1. Januar 1980 ergangene Urteil gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu berichtigen. Anstelle des Satzes
,,Am 28. Dezember 1978 trat die Klägerin ihre Kaufpreisforderung in Höhe von . . . an die A-Bank ab, die ein der Klägerin eingeräumtes Darlehen entsprechend - ohne Abzüge - erhöhte."
solle der Satz treten:
,,Am 28. Dezember 1978 trat die Klägerin ihre Kaufpreisforderung in Höhe von . . . an die A-Bank ab, die ein der Klägerin eingeräumtes Darlehen entsprechend - ohne Abzüge - verminderte."
Das FG hat den Berichtigungsantrag als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Eine Berichtigung des Urteils nach § 107 FGO ist nur möglich, wenn Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten vorliegen. Das setzt voraus, daß ein Erklärungsmangel vorliegt, der erkennbar zu dem Erklärungswillen des Gerichts in Widerspruch steht (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Oktober 1976 V B 16/76, BFHE 120, 145, BStBl II 1977, 38). Schon die Möglichkeit, daß es sich bei der begehrten Berichtigung um die Berichtigung eines Denkfehlers handeln könnte, schließt eine Berichtigung nach § 107 FGO aus (BFH-Beschluß vom 27. Februar 1970 III B 3/69, BFHE 99, 94, BStBl II 1970, 546). Die Berichtigung nach § 107 FGO kann deshalb nur dazu führen, daß der erklärte Text des Urteils mit dem erkennbar gewollten Inhalt der Aussage in Deckung gebracht wird (vgl. BFH-Beschluß vom 11. November 1987 I B 33/87, BFH/NV 1989, 26).
Bei dem von der Klägerin gerügten Fehler besteht jedoch keine Diskrepanz zwischen wirklichem und gewolltem Urteilsinhalt. Das FG hat in dem angefochtenen Beschluß dargelegt, es habe nicht versehentlich, sondern bewußt ausgeführt, daß die A-Bank im Zusammenhang mit der Abtretung der Kaufpreisforderung das der Klägerin eingeräumte Darlehen erhöht hatte. Diese Darstellung steht im Einklang mit den Entscheidungsgründen. Danach diente die Abtretung der Kaufpreisforderung an die A-Bank lediglich der Sicherung des der Klägerin gewährten Darlehens und führte folglich nicht zu einer Tilgung (durch Verrechnung mit der Darlehensverbindlichkeit); nur dann hätte sich das Darlehen durch die Abtretung infolge der Aufrechnung entsprechend ,,vermindert". Selbst wenn, wie die Klägerin meint, die Auffassung des FG zu den Auswirkungen der Abtretung der Kaufpreisforderung unrichtig wäre - was aber dahingestellt bleiben kann -, würde es sich entweder um eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder um die fehlerhafte Auslegung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und damit um einen Denkfehler und nicht um eine offenbare Unrichtigkeit handeln (vgl. BFH-Urteil vom 31. Juli 1975 V R 121/73, BFHE 116, 462, BStBl II 1975, 868; m. w. N.). Derartige Fehler sind jedoch einer Berichtigung nach § 107 FGO entzogen.
Fundstellen
Haufe-Index 417934 |
BFH/NV 1992, 477 |