Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung der krankheitsbedingten Gründe für beantragte Terminsverlegung
Leitsatz (NV)
1. Zur Verletzung des Rechts auf Gehör.
2. Der Antrag auf Terminsverlegung ist nicht ausreichend begründet, wenn die Klägerin nur mitteilt, daß sie den Termin aus Krankheitsgründen nicht wahrnehmen könne. Die erforderlichen genaueren Angaben können nicht dadurch ersetzt werden, daß dem Gericht anheimgestellt wird, sich die Erkrankung der Klägerin durch den Hausarzt bestätigen zu lassen.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 2, § 155; ZPO § 227 Abs. 1, 3
Tatbestand
R trat der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) seine Rückgewährsansprüche und Eigentümergrundschulden aus der Grundschuld zugunsten der X-Bank in Höhe von ... DM ab. R schuldete dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) aus verschiedenen -- teils bestandskräftigen -- Bescheiden insgesamt ... DM. Mit zwei Duldungsbescheiden focht das FA gegenüber der Klägerin die vereinbarte Abtretung gestützt auf § 191 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) an. Die von der Klägerin gegen die Duldungsbescheide eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg.
Zu der im Klageverfahren auf den 23. Juni 1994 anberaumten mündlichen Verhandlung, zu der die Klägerin unter Hinweis auf § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) am 31. Mai 1994 (ihr zugestellt am 4. Juni 1994) geladen worden war, erschien die Klägerin nicht. Sie hatte dem Finanzgericht (FG) mit Schreiben vom 22. Juni 1994 (Eingang beim FG) mitgeteilt, daß sie den Termin aus Krankheitsgründen nicht wahrnehmen könne; ihr Hausarzt (Angabe von Name, Adresse und Telefonnummer) werde dies auf Rückfrage bestätigen.
Das FG wies die Klage ab. Es habe über die Sache entscheiden können, weil die Klägerin keine erheblichen Gründe i. S. von § 155 FGO i. V. m. § 227 der Zivilprozeßordnung (ZPO) für eine Aufhebung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung vorgetragen habe. Die Duldungsbescheide seien rechtmäßig.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die sie u. a. auf die Verletzung ihres Rechts auf Gehör stützt, ist unbegründet.
Das FG hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dadurch verletzt, daß das FG ohne persönliche Anhörung der weder anwaltlich noch durch einen Steuerberater vertretenen Klägerin entschieden hat, obwohl sie sich wegen ihrer Erkrankung (für die Nichtteilnahme an dem Termin zur mündlichen Verhandlung) entschuldigt hatte.
Einem Verfahrensbeteiligten wird rechtliches Gehör versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und aufgrund der Verhandlung entscheidet, obwohl er einen Antrag auf Terminsverlegung gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend und auf Verlangen glaubhaft gemacht hat (§ 155 FGO i. V. .m. § 227 Abs. 1 ZPO; vgl. dazu Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. November 1993 I B 63/69, BFH/NV 1994, 802). Ob erhebliche Gründe für eine Verlegung vorliegen, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalls ab (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Dezember 1990 III B 102/90, BFHE 163, 115, BStBl II 1991, 240). Der Beteiligte muß im Einzelfall darlegen, daß es sich um erhebliche Gründe handelt. Zwar hat der Beteiligte die erheblichen Gründe nach § 155 i. V. m. § 227 Abs. 3 ZPO grundsätzlich erst auf Verlangen glaubhaft zu machen. Das berührt aber nicht die Pflicht des Beteiligten, daß er die Gründe selbst so genau angeben muß, daß sich das Gericht aufgrund ihrer Schilderung ein Urteil über deren Erheblichkeit bilden kann. Deshalb rechtfertigen formelhafte, nicht im einzelnen substantiierte Begründungen eine Terminsverlegung nicht.
Das FG ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Mitteilung der Klägerin, sie könne den Termin aus Krankheitsgründen nicht wahrnehmen, den Anforderungen an eine aussagefähige Begründung ihres Antrags auf Terminsverlegung nicht genügt hat. Die Klägerin hätte vielmehr entweder ein Attest ihres Arztes vorlegen müssen, aus dem sich eindeutig ergab, daß sie wegen einer Erkrankung nicht in der Lage war, an dem Termin teilzunehmen, oder sie hätte ihre Erkrankung so genau schildern müssen, daß das Gericht selbst hätte beurteilen können, ob die Krankheit so schwer war, daß die Klägerin nicht zum Termin erscheinen konnte. Außerdem hätte der Beginn der Krankheit angegeben und ggf. dargelegt werden müssen, warum es nicht (mehr) möglich war, einen Prozeßbevollmächtigten mit der Wahrnehmung des Termins zu beauftragen (vgl. BFH-Beschluß vom 24. Mai 1988 IV B 125/87, BFH/NV 1989, 175). Würden diese Anforderungen an die Begründung des Antrags im Falle einer aus Krankheitsgründen begehrten Terminsverlegung nicht gestellt, würde die Entscheidung über die Terminsverlegung allein von der subjektiven Befindlichkeit des Beteiligten abhängen. Dies wäre mit dem Ziel einer möglichst zügigen Durchführung des Verfahrens nicht vereinbar.
Fehlen die danach erforderlichen Angaben bezüglich der Krankheit, so können diese Angaben nicht dadurch ersetzt werden, daß es dem Gericht anheimgestellt wird, sich die Erkrankung durch den Hausarzt bestätigen zu lassen. Es ist vielmehr Sache des Beteiligten, die für eine Terminsverlegung erheblichen Gründe im einzelnen vorzutragen und diese auf Verlangen auch glaubhaft zu machen. Das Gericht ist nicht verpflichtet, eigene Ermittlungen anzustellen.
Im übrigen brauchte das Gericht dem Antrag der Klägerin auf Terminsverlegung im Streitfall auch deswegen nicht zu folgen, weil die Klägerin die Gründe dafür nicht glaubhaft gemacht hat. Die Gründe sind zwar nach § 227 Abs. 3 ZPO grundsätzlich erst auf Verlangen glaubhaft zu machen. Das kann aber nur gelten, wenn zwischen der Antragstellung und dem Termin aus reichend Zeit besteht, um ein solches Verlangen zu stellen. Ist diese Zeit -- wie im Streitfall -- nicht mehr vorhanden, so muß der Antragsteller seine Gründe mit der Antragstellung glaubhaft machen, weil andernfalls keine Möglichkeit mehr bestünde, die Angaben des Antragstellers zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluß vom 9. Dezember 1992 IV B 154/92, BFH/NV 1993, 483).
Auch die angeblich rechtsungewandte Klägerin hätte diese Überlegungen anstellen können und müssen. Sie hätte insbesondere daran denken müssen, daß eine Terminsverlegung mit einem erheblichen Aufwand für das Gericht und die übrigen Beteiligten verbunden und deshalb nur bei erheblichen Gründen, die dem Gericht im einzelnen darzulegen und in diesem Fall auch glaubhaft zu machen sind, möglich ist.
Im übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 420950 |
BFH/NV 1996, 228 |