Leitsatz
1. Die Vorschrift des § 3 Abs. 11 UStG findet nicht nur auf Geschäftsbesorgungen Anwendung, bei denen der Geschäftsbesorger (Auftragnehmer) für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern auch auf Geschäftsbesorgungen, bei denen der Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen ausführt (sog. Leistungsverkauf).
2. Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht § 3 Abs. 11 UStG 1993 hinsichtlich des zu erreichenden Ziels den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der 6. EG-RL.
3. Der Auftraggeber, der einen Unternehmer (Auftragnehmer) beauftragt, im eigenen Namen (des Auftragnehmers) aber für Rechnung des Auftraggebers eine Ferienwohnung zu vermieten, ist deshalb so zu behandeln, als ob er die Ferienwohnung an den Auftragnehmer und dieser an die Feriengäste zur kurzfristigen Beherbergung von Feriengästen vermietet hätte.
Normenkette
§ 3 Abs. 3 UStG , § 3 Abs. 11 UStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GbR, erwarb eine Ferienwohnung. Sie gab einer Ferienhausvermietungs-GmbH gegen eine Provision in Höhe von 15?% der Mieteinnahmen (zzgl. Umsatzsteuer) den Auftrag zur Vermittlung und Vermietung der Wohnung an Feriengäste und räumte der GmbH das ausschließliche und alleinige Verfügungsrecht über die Ferienwohnung ein; diese schloss die Mietverträge mit den Feriengästen im eigenen Namen ab. Die ihr für den Erwerb in Rechnung gestellte Umsatzsteuer machte sie erfolglos als Vorsteuer geltend.
Das FG war der Ansicht, die übergabe sei kein steuerbarer Leistungsaustausch, sondern eine "nicht steuerbare" Leistungsbeistellung im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses i.S.v. § 675 BGB. Es wandte sich gegen die neue Rechtsprechung des BFH zur Leistungskommission.
Entscheidung
Der BFH entschied, die Klägerin sei gem. § 3 Abs. 11 UStG so zu behandeln, als ob sie die Ferienwohnung an den Vermarkter (die GmbH) und dieser an die Feriengäste zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden vermietet hätte. Damit sei sie Unternehmerin und zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Hinweis
Die Finanzverwaltung tut sich schwer mit der Rechtsprechung zur Leistungskommission; ein Finanzgericht leistete Schützenhilfe. § 3 Abs. 11 UStG dürfe nicht i.S. einer umfassenden Regelung zur Leistungskommission richlinienkonform ausgelegt werden. Der BFH hat – wohl zum letzten Mal – ausführlich unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 11 UStG in der heutigen Fassung seine Rechtsprechung begründet. Sie brauchen sich nur das Ergebnis zu merken und darauf achten, dass die Finanzverwaltung offenbar die Rechtsprechung noch nicht anwenden will.
1. Erbringt jemand im eigenen Namen aber für fremde Rechnung eine sonstige Leistung (z.B. Vermietung der Wohnung des Auftraggebers; sog. Leistungsverkauf), ist er so zu behandeln, als habe er diese Leistung zunächst selbst vom Auftraggeber bezogen und dann selbst weiterverkauft: er wird also z.B. so behandelt, als habe zunächst ihm der Auftraggeber die Wohnung vermietet. Bemessungsgrundlage für diese Leistung ist das von den Endmietern erlangte Mietentgelt abzüglich des Betrags, den der Auftragnehmer an seinen Geschäftsherrn herausgeben muss, im Ergebnis genau der Betrag, den der Auftragnehmer aufgrund der Geschäftsbesorgung von seinem Geschäftsherrn zu beanspruchen hat.
2. Bezieht jemand im eigenen Namen aber für Rechnung des Auftraggebers eine sonstige Leistung (sog. Leistungseinkauf), wird er so behandelt, als habe anschließend er selbst diese Leistung an den Auftraggeber erbracht (Beispiel wie zuvor): Der Beauftragte bestellt im eigenen Namen aber für Rechnung des Auftraggebers einen Maler; er wird so behandelt, als habe er die im eigenen Namen bezogenen Malerarbeiten anschließend selbst dem Auftraggeber gegenüber erbracht. Für die Bemessungsgrundlage gilt Vergleichbares.
3. Wichtig ist: Stets gelten für beide Leistungen – mit Ausnahme der persönlichen Besteuerungsmerkmale wie z.B. § 19 UStG – dieselben Kriterien. Es bestimmt sich z.B. Leistungsort, Steuerbefreiung, Steuersatz nach der vom Auftragnehmer im eigenen Namen gegenüber dem Dritten erbrachten oder vom Dritten bezogenen Leistung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.8.2002, V R 8/02