Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei dem Zusammentreffen der Nachversteuerung nach § 10 a EStG 1950 mit der des § 32 a EStG 1949/1950 sind bei wechselweiser Inanspruchnahme des § 10 Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1948/1949, § 10 a EStG 1950 und § 32 a EStG 1949/1950 die Grundsätze der Entscheidung IV 578/54 U vom 6. Oktober 1955, Slg. Bd. 61 S. 393, BStBl 1955 III S. 351 = StRK, EinkStG, § 10 Abs. 1 Ziff. 3 Rechtsspruch 30, sinngemäß anzuwenden.

EStG 1948/1949 § 10 Abs. 1 Ziff. 3; EStG 1950 § 10 a; EStG 1949/1950 § 32 a; EStDV 1950 § 31

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Ziff. 3, §§ 10a, 32a; EStDV § 31 Abs. 5, § 50 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob die Nachversteuerung nach § 10 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1950 der Nachversteuerung nach § 32 a EStG 1949 vorgeht.

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat für den Veranlagungszeitraum 1949 die Steuererleichterung nach § 32 a EStG 1949 und für den Steuerabschnitt 1950 die Steuervergünstigung des nicht entnommenen Gewinnes nach § 10 a EStG 1950 in Anspruch genommen. Im Jahre 1951 überstiegen die Entnahmen den Gewinn. Das Finanzamt setzte deshalb die Mehrentnahmen dem Einkommen dieses Jahres zum Zwecke der Nachversteuerung gemäß § 10 a EStG 1950 hinzu.

Mit der Sprungberufung verlangte der Bf. die Berechnung nach § 32 a Abs. 4 EStG 1949. Es sei dann die Mehrentnahme des Jahres 1951 um den Betrag zu kürzen, der 1949 weniger entnommen sei als 15.000 DM. Da die schädlichen Entnahmen des Jahres 1949 erheblich unter 15.000 DM gelegen hätten, entfalle eine Nachversteuerung.

Das Finanzgericht begründete seine ablehnende Entscheidung wie folgt: Aus dem Gesetz könne bei einer Konkurrenz der Vorschrift des § 32 a EStG 1949 und der des § 10 a EStG 1950 nicht entnommen werden, welche der Bestimmungen den Vorrang habe. In § 31 Abs. 5 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1950 sei nur die Reihenfolge der Nachversteuerung nach § 10 Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1948, 1949 und nach § 10 a EStG 1950 geregelt. Ebenso treffe § 50 Abs. 4 EStDV 1950 nur Anordnungen über die Nachversteuerung nach § 32 a EStG 1949 und 1950. Lediglich Abschn. 244 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1951 bringe zum Ausdruck, daß bei wechselnder Inanspruchnahme von § 10 Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1948 / 1949 bzw. § 10 a EStG 1950 und § 32 a EStG 1949 / 1950 die Nachversteuerung für einen späteren Veranlagungszeitraum vorgehe. Die Veranlagungsrichtlinien erläuterten dies an Beispielen, wobei das unter Ziff. 2 aufgeführte dem Fall des Bf. ähnlich sei. Die in den EStR 1951 vorgenommene Auslegung sei als zutreffend anzusehen. Das ergebe sich aus dem engen Zusammenhang der Vorschriften über die Nachversteuerung des nicht entnommenen Gewinnes und über die Nachversteuerung nach § 32 a EStG, zumal im § 30 c Abs. 4 EStDV 1950 vorgesehen sei, daß beim Zusammentreffen von § 10 a EStG 1950 und § 32 a EStG 1949/ 1950 ein nachzuversteuernder Betrag in einer Gesamtsumme festzustellen sei. Wenn diese Vorschrift auch keine praktische Auswirkung erlangt habe, so müsse jedenfalls aus der weitgehenden Koppelung der §§ 10 a und 32 a abgeleitet werden, daß der Vorrang der Nachversteuerung für einen späteren Veranlagungszeitraum gegenüber einem früheren, der dann gelte, wenn die gleiche Steuervergünstigung mehrmals hintereinander in Anspruch genommen worden sei, auch dann Platz greifen müsse, wenn von den beiden Vergünstigungen wechselweise Gebrauch gemacht worden sei. Der Bf. müsse es in Kauf nehmen, wenn er bei dieser Auslegung, die sich in der Regel für die Steuerpflichtigen günstig auswirke, ausnahmsweise schlechter fahre. Auf den Umstand, daß die Nachversteuerung nach § 32 a EStG 1949 auf Grund des Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes vom 24. Juni 1953 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1953 I S. 413) letztmals für den Veranlagungszeitraum 1951 durchzuführen sei, komme es nicht an.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Nach der Regelung des § 32 a EStG 1949 konnten die Steuerpflichtigen damit rechnen, daß innerhalb von fünf Jahren gemachte Mehrentnahmen nicht ohne weiteres zu einer Nachversteuerung führten, da in begrenztem Umfange eine Verrechnung der Mehrentnahmen mit den Minderentnahmen des Begünstigungsjahres vorgesehen war. Im Streitfall hat das Finanzgericht die Mehrentnahmen des Jahres 1951 auf 2.576 DM festgestellt. Nach dem Berechnungsbogen für die Veranlagung 1949 betragen die schädlichen Entnahmen im Sinne des § 32 a Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1949 im Begünstigungsjahre 0 DM. Das Finanzgericht hat deshalb zutreffend erkannt, daß bei einer Berechnung nach § 32 a Abs. 4 EStG 1949 eine Nachversteuerung im Jahre 1951 nicht in Betracht kommt.

Im Urteil IV 578/54 U vom 6. Oktober 1955, Slg. Bd. 61 S. 393, Bundessteuerblatt (BStBl) 1955 III S. 351 = Steuerrechtsprechung in Karteiform (StRK), EinkStG § 10 Abs. 1 Ziff. 3 Rechtsspruch 30, ist der Senat der Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen beigetreten, daß die im § 31 Abs. 5 EStDV 1950 vorgesehene Regelung in der Reihenfolge der Nachversteuerung bei Inanspruchnahme des nicht entnommenen Gewinnes nach § 10 Abs. 1 Ziff. 3 EStG 1948 / 1949 und § 10 a EStG 1950 eine Begünstigung der Steuerpflichtigen bezwecke. In § 50 Abs. 4 EStDV 1950 ist die Reihenfolge der Nachversteuerung bei Inanspruchnahme des § 32 a EStG 1949 und 1950 in entsprechender Weise wie bei der Nachversteuerung des nicht entnommenen Gewinnes in § 31 Abs. 5 EStDV 1950 geregelt. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, daß die Bestimmung des § 50 Abs. 4 EStDV 1950 ebenfalls eine Vergünstigung für die Steuerpflichtigen bedeuten und damit nicht zu ihrem Nachteil angewendet werden soll. Da das Gesetz die Frage der Reihenfolge der Nachversteuerung weder bei der Inanspruchnahme der Vergünstigung des nicht entnommenen Gewinnes noch bei der der Steuererleichterung im Sinne des § 32 a EStG bestimmt, in beiden Fällen aber nach dem oben Gesagten das für die Steuerpflichtigen günstigere Ergebnis zugrundezulegen ist, wird man dem Steuerpflichtigen sinngemäß auch dann ein Wahlrecht einräumen müssen, wenn er wechselweise nacheinander die Begünstigung des § 32 a EStG 1949 und die des § 10 a EStG 1950 in Anspruch genommen hat. Diese Beurteilung wird nicht nur dem Zweck des Gesetzes (Begünstigung der Betriebskapitalbildung) gerecht, ihr wird auch um so mehr zu folgen sein, als dem Bf. durch die rückwirkende zeitliche Begrenzung der Nachversteuerungspflicht nach § 32 a EStG 1949 auf zwei Jahre (durch das Gesetz vom 24. Juni 1953) die Möglichkeit genommen ist, Mehrentnahmen der Jahre nach dem 31. Dezember 1951 noch mit Minderentnahmen des Jahres 1949 zu verrechnen.

Hiernach waren die Vorentscheidung sowie der Steuerbescheid vom 25. März 1953 aufzuheben; die Einkommensteuer wird unter Fortfall des nachversteuerten Betrages wie folgt festgesetzt: Einkommen lt. Entscheidung des Finanzgerichts ---------------------------- 11.782 DM

Steuer nach Steuerklasse II --------- 67.595 DM. Die Abgabe Notopfer Berlin bleibt mit 3.165 DM unverändert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408435

BStBl III 1956, 125

BFHE 1956, 336

BFHE 62, 336

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